Hamburg. Turbulente Partie: Die Hamburger ziehen im Spitzenspiel gegen den Tabellenzweiten Magdeburg am Team von Ex-HSV-Coach Titz vorbei.

Davie Selke hatte es eilig. Als die meisten seiner Mitspieler noch Sturmpartner Ransford Königsdörffer herzten, der die frühe Führung des HSV gegen den 1. FC Magdeburg erzielt hatte, da rannte Selke mit einer fordernden Geste zur Ersatzbank. Der Angreifer wollte ein Trikot, das allerdings noch gesucht werden musste. Schließlich reichte ihm Zeugwart Miroslav Zadach das Shirt mit der Rückennummer 9. Es war das Trikot des schwer verletzten Robert Glatzel (Sehnenabriss im Hüftbeuger), der nur vier Tage nach seiner Operation als Zuschauer zu Gast im Volksparkstadion war.

Als Zeichen der Unterstützung des bis mindestens März ausfallenden Torjägers reckte Selke gemeinsam mit Jean-Luc Dompé Glatzels Trikot in die Luft. „Wir sind eine große Familie. Jetzt können wir zeigen, was das bedeutet“, hatte Sportvorstand Stefan Kuntz vor der Partie angekündigt. In der Vergangenheit diente die Geste schon häufiger als solidarischer Akt, hauptsächlich für den wegen Dopings gesperrten Mario Vuskovic. Nun gebührte auch Glatzel dieser Gänsehaut-Moment. Und es sollte nicht der einzige beim 3:1 (3:0)-Erfolg gegen Magdeburg an diesem Sonntag bleiben, an dem der HSV den bisherigen Zweiten in der Tabelle überholte.

Trainer Steffen Baumgart hatte für das Spitzenspiel zwei Änderungen vorgenommen: Königsdörffer ersetzte Glatzel und Daniel Heuer Fernandes kehrte für Matheo Raab zurück ins Tor. Eine Entscheidung, die allerdings erst einmal nur für das Magdeburg-Spiel galt. „Wir haben zwei sehr gute Torhüter. Ich unterstütze diese sehr gute Lösung des Trainers“, sagte Kuntz über die ungewöhnliche Maßnahme Baumgarts, den Status der Nummer eins vorerst abgeschafft zu haben.

HSV führt früh gegen Magdeburg

Auf dem Platz stand zunächst nicht Heuer Fernandes, sondern Glatzel-Vertreter Königsdörffer im Fokus, der auf Flanke von Miro Muheim einen schulbuchmäßigen Kopfball ins rechte Eck zum 1:0 platzierte (5.). Es war bereits der dritte Kopfballtreffer für den 23-Jährigen, der auch bei der nächsten hochkarätigen Torchance seine Aktien im Spiel hatte. Diesmal flanke Königsdörffer auf Marco Richter, der per Dropkick aus 13 Metern den Pfosten traf (32.).

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Ein Gruß an den verletzten Robert Glatzel: Jean-Luc Dompé (v.l.), Davie Selke und Daniel Elfadli feiern das 1:0 des HSV gegen Magdeburg. © WITTERS | TimGroothuis

Der HSV legte sich Magdeburg in dieser Phase zurecht. Die Gäste traten wenn überhaupt über Mittelfeld-Strippenzieher Silas Gnaka in Erscheinung. Ex-HSV-Profi Xavier Amaechi (zwei Saisontore, zwei Vorlagen) war bis auf einen Schlenzer (38.) von Muheim komplett abgemeldet. Der Schweizer bildete ein kongeniales Duo auf links Dompé. Die spektakulärste Szene des Spiels fand allerdings auf der rechten Seite statt.

Traumtor von Katterbach für den HSV

Noah Katterbach sah den freien Raum, als er an Baris Atik und Mohammed El Hankouri vorbei dribbelte. Im Strafraum angekommen, düpierte er Marcus Mathisen mit einem Übersteiger und jagte die Kugel über die linke Schulter von Torhüter Dominik Reimann ins Netz zum 2:0 (42.). Es war sein erstes Profitor in Deutschland, das Stadion explodierte beim Ruf seines Namens.

Die Zuschauer durften direkt weiterjubeln, denn kurz darauf erhöhte der nach einer Muheim-Ecke sträflich freigelassene Selke auf 3:0 (45.+1). Gegenspieler Tobias Müller war ihm nicht gefolgt und so schien die Partie bereits vor der Pause entschieden.

HSV-Kapitän Schonlau kassiert Rot

Zumindest bis zur 56. Minute, als Kapitän Sebastian Schonlau nach einem folgenschweren Stockfehler FCM-Stürmer Martijn Kaars als letzter Mann umriss. Schiedsrichter Sven Jablonski zeigte zunächst die Gelbe Karte, doch Schonlau ahnte bereits, dass diese nach der Prüfung des Videoassistenten keinen Bestand haben wird. Und so kam es auch: Der Abwehrchef musste vorzeitig vom Platz.

Baumgart brachte mit Perrin einen zusätzlichen Verteidiger für Dompé. Denn Magdeburg hatte in einer zunehmend hektischer werdenden Partie neue Hoffnung geschöpft. Der Glaube an einen Punktgewinn erhielt neue Nahrung, als Muheim den eingewechselten Livian Burcu im Strafraum fällte. Den fälligen Strafstoß verwandelte Kaars und schon führten zehn Hamburger nur noch 3:1 (63.).

In den darauffolgenden Minuten gelang es dem HSV, die Partie zu beruhigen. Magdeburg kam nur noch einmal gefährlich vors Tor, als Philipp Herchers Versuch aus kurzer Distanz an Heuer Fernandes‘ Brust abprallte (83.). Und so blieben die drei Punkte im Volkspark, worüber sich auch Zuschauer Glatzel freute.

HSV: Heuer Fernandes - Elfadli, Schonlau, Muheim - Meffert, Reis - Katterbach, Richter (69. Poreba), Dompé (60. Perrin) - Königsdörffer (69. Jatta), Selke.

FCM: Reimann - Müller, Mathisen, Heber - Hugonet, Gnaka, Krempicki, El Hankouri - Amaechi, Atik - Kaars.

Tore: 1:0 Königsdörffer (5.), 2:0 Katterbach (42.), 3:0 Selke (45.+1), 3:1 Kaars (63.).

Rote Karte: Schonlau (56.).

Ransford Königsdörffer köpft gegen Magdeburg das 1:0 für den HSV.
Ransford Königsdörffer köpft gegen Magdeburg das 1:0 für den HSV. © Witters | Valeria Witters