Schneverdingen. Adam Karabec trainiert erstmals mit dem HSV und freut sich schon auf die Fans. Ex-Kapitän David Jarolim ordnet den Transfer ein.

Die erste Trainingseinheit von Adam Karabec beim HSV war gerade vorbei, da bekam der Neuzugang erstmals vor Augen geführt, was es bedeutet, HSV-Profi zu sein. Dutzende Kinder lauerten dem Tschechen am Eingang der Anlage im Trainingslager von Schneverdingen auf, um eines der begehrten Selfies und Autogramme zu erhalten. Geduldig nahm sich der 1,87 Meter groß gewachsene Blondschopf für jeden einzelnen Fanwunsch Zeit.

Seine höfliche Art kam auch schon wenige Minuten zuvor zur Geltung, als er jeden einzelnen Medienvertreter persönlich begrüßte und mit einem akzentfreien „Moin“ erste Sympathiepunkte sammelte. „Das ist das Wichtigste“, scherzte er auf Englisch über die Prioritäten seiner Lernfortschritte.

Wie der HSV mit Adam Karabec plant

Beim HSV soll Karabec künftig im Mittelfeldzentrum für Fortschritte im Offensivspiel sorgen. Auf dieser Position fühlt sich der tschechische U-21-Nationalspieler am wohlsten, er kann aber auch auf den rechten Flügel ausweichen, wie er sagt. Der Plan des Clubs ist es, Trainer Steffen Baumgart mit dem Leihspieler von Sparta Prag mehr taktische Flexibilität zu ermöglichen.

Karabec selbst will vor allem spielen. Nachdem er beim tschechischen Meister zuletzt häufiger nur Reservist war, wuchs bei ihm die Überzeugung, den Verein zu wechseln. Dem 21-Jährigen lagen mehrere Anfragen vor. Den Zuschlag erhielten letztlich die Hamburger, weil sich Profifußballdirektor Claus Costa am meisten ins Zeug legte. „Claus ist extra für mich nach Prag gekommen und hat mir das gesamte Projekt beim HSV aufgezeigt. Das gefiel mir sehr gut, also haben mein Berater und ich uns für Hamburg entschieden.“

Karabec sah sich Videos von HSV-Fans an

Vor seiner Entscheidung recherchierte Karabec im Internet, was ihn eigentlich in Hamburg und vor allem im prestigeträchtigen Volksparkstadion erwartet, von dem er bis dahin nur aus Geschichten gehört hatte. „Nachdem Claus in Prag war, habe ich mir Videos auf YouTube über die Stimmung in der Arena angesehen“, erzählt der Youngster, den der HSV dank einer Kaufoption in Höhe von drei Millionen Euro auch fest verpflichten kann. „Mir hatten viele Leute gesagt, dass die Fans dort richtig abgehen sollen. Was ich dann in den Videos sah, war wirklich verrückt und gefiel mir gut. Ich kann es kaum erwarten, das erste Mal im Volksparkstadion aufzulaufen.“

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Für den in Prag geborenen Karabec beginnt nun ein neues Kapitel in seinem Leben, nachdem er bislang nur für für seinen Heimatclub gespielt hatte und seine Familie sowie seine Freunde immer in seiner Nähe wusste. Bei Sparta durchlief er alle Jugendmannschaften, debütierte bereits mit 16 Jahren bei den Profis.

Lange Zeit schien es, als gehe es für ihn in seiner Laufbahn nur bergauf, doch weil der finale Durchbruch letztlich ausblieb, entschied er sich für einen Tapetenwechsel in einem neuen Land mit einer neuen Umgebung. „Als ich meine Koffer gepackt habe, wurde mir bewusst, dass es härter als erwartet für mich wird, alles zurückzulassen“, räumt Karabec offen ein. „Das ist aber Teil des Jobs, ich freue mich auf die neue Aufgabe.“

David Jarolim ordnet Karabec-Transfer ein

Es ist genau der Schritt, den er laut David Jarolim dringend benötigt hat. Der frühere HSV-Fanliebling hat den bisherigen Karriereweg seines Landsmanns genau verfolgt und beobachtet, dass der Kreativspieler eine Luftveränderung für seine Entwicklung benötigt. „Adam ist ein großes Talent in Tschechien. Für ihn persönlich ist der Wechsel positiv, weil er aus seiner Komfortzone geholt wird“, sagt der 45-Jährige, als das Abendblatt ihn telefonisch im Urlaub in Kroatien erreicht. „Er hat jetzt eine große Chance bei einem wunderbaren Verein wie dem HSV, muss diese Chance aber auch annehmen.“

Ex-HSV-Profi David Jarolim hat für das Abendblatt den tschechischen Neuzugang Adam Karabec analysiert.
Ex-HSV-Profi David Jarolim hat für das Abendblatt den tschechischen Neuzugang Adam Karabec analysiert. © imago/MIS | IMAGO/Cathrin Müller /M.i.S.

Jarolim ist nicht entgangen, dass sich Karabec bei Sparta zwar nicht durchsetzen konnte, aber immer wieder auf seine Einsätze kam, wenngleich hauptsächlich als Einwechselspieler. „Auch wenn Adam für sein junges Alter bereits 141 Pflichtspiele für Sparta gemacht hat, einer Mannschaft mit großen Ambitionen und einem hohen Konkurrenzkampf, hat man in Prag mehr von ihm erwartet, das muss ich ehrlich sagen“, sagt der frühere HSV-Kapitän. 

Jarolim: Karabec muss Defensivarbeit verbessern

Tatsächlich war Jarolim überrascht, als er vom Interesse des HSV an Karabec mitbekam. Der Ex-Profi bescheinigt dem dribbelfreudigen Kreativspieler zwar einen „starken linken Fuß, großes Potenzial, eine auffällige Dynamik und einen guten Torabschluss“, doch der Neuzugang müsse eben mehr aus seinem zweifellos vorhandenen Talent herausholen.

Gerade in der Defensivarbeit, auf die auch Trainer Steffen Baumgart großen Wert legt, sieht Jarolim Verbesserungsbedarf. „Adam kann sich beim HSV durchsetzen, auch wenn ihn in Hamburg ebenfalls viel Konkurrenz erwartet. Dafür muss er aber mehr Gas geben als in Prag und lernen, auch intensiv mit nach hinten zu arbeiten“, sagt der frühere Mittelfeldkämpfer. „Wenn ihm das gelingt“, ist Jarolim überzeugt, „dann wird er sehr wertvoll für den HSV.“

Mehr zum Thema

HSV-Zugang Karabec beschreibt sich selbst

Karabec selbst gibt sich bescheiden, als er seine Stärken beschreiben soll. Seine Qualitäten bei Freistößen, die Jarolim hervorhebt, erwähnt der Neuzugang beispielsweise gar nicht erst. Er sagt aber, dass seine Qualitäten „in der Offensive“ lägen. „Ich kann das Spiel gestalten, meine Mitspieler in Szene setzen und vielleicht auch ein bisschen schießen“, sagt Karabec.

„Nur ein bisschen?“, fragt einer der Reporter, natürlich nicht ganz ernst gemeint. „Das werden wir sehen“, scherzt Karabec, ehe er sich freundlich verabschiedet und ein Bad in der Fanmenge nimmt. Es wird nicht sein letztes gewesen sein.