Hamburg. Der Verbleib des Torjägers sowie von Reis ist mehr als nur eine Signalwirkung. Welche Transfers nun zu erwarten sind.
Robert Glatzel erhielt die zurückliegenden Tage zahlreiche Nachrichten auf seinem Instagram-Account. Nach seinem Bekenntnis, seine Ausstiegsklausel verstreichen zu lassen und weiterhin für Hamburg auf Torejagd zu gehen, bedankten sich viele HSV-Fans in den Kommentaren unter alten Beiträgen – garniert mit schwarz-weiß-blauen Herzen.
Die Fans haben ein gutes Gespür dafür, wie wichtig der Verbleib des Torschützenkönigs der Zweiten Liga ist. Nachdem Glatzel in den zurückliegenden drei Spielzeiten mit 22, 19 und erneut 22 Treffern jeweils der erfolgreichste Torschütze beim HSV war, wäre sein Abgang wohl kaum zu kompensieren gewesen.
Ohne seinen Topstürmer hätte dem Club ein Übergangsjahr auf dem Weg in die Bundesliga gedroht. Nun aber hat der HSV Klarheit bei der wichtigsten Personalie des Sommers, die alle weiteren Entscheidungen in der Kaderplanung maßgeblich beeinflusst.
HSV: Glatzels Treue beeinflusst Kaderplanung
Da neben Glatzel auch Ludovit Reis keinen Gebrauch von seiner Ausstiegsklausel machte, sehen sich die Hamburger nach anderen Spielern auf dem Transfermarkt um, als es bei einem Wechsel des Duos der Fall gewesen wäre. Auch wenn weiterhin mit einem Abgang des slowakischen EM-Fahrers Laszlo Benes zu rechnen ist, dessen Ausstiegsklausel erst Ende Juni abläuft, ist es dem HSV gelungen, seine Achse zu halten. Diese wird auch in der neuen Saison aus Abwehrchef Sebastian Schonlau, den Mittelfeldspielern Jonas Meffert und Reis sowie Glatzel bestehen.
„Robert nimmt innerhalb der Mannschaft eine sehr wichtige Rolle ein, und zwar nicht nur sportlich, sondern auch wegen seiner Persönlichkeit“, unterstrich Profifußballdirektor Claus Costa (40) den Stellenwert Glatzels. „Es freut uns, dass er das Team mit seinen offensiven Qualitäten, seinen Toren, seiner mannschaftsdienlichen Spielweise und seinem großen Erfolgshunger weiter antreiben und anführen wird. Robert ist ein Fixpunkt unseres Spiels und unserer Gruppe.“
HSV rechnet mit späten Transfers
In Zusammenarbeit mit Sportvorstand Stefan Kuntz geht es für Kaderplaner Costa in den kommenden Wochen darum, den Kader punktuell zu verstärken. Bis zum Trainingsauftakt am 29. und 30. Juni, wenn sich die Mannschaft zu den obligatorischen Leistungstests trifft, ist noch nicht mit den ganz großen Transfers zu rechnen. Stattdessen rechnen die Verantwortlichen im Volkspark mit dem einen oder anderen Deal erst zum Ende des am 30. August schließenden Transferfensters.
Die Transferziele sind intern klar benannt worden. Verpflichtet werden soll ein zweikampfstarker Mittelfeldabräumer, ein Rechtsverteidiger, ein offensiver Flügelspieler, ein zweiter torgefährlicher Stürmer neben Glatzel sowie mindestens ein Innenverteidiger.
Auch Vuskovic-Urteil beeinflusst Kaderplanung
Die Personalplanung für das Abwehrzentrum steht im direkten Zusammenhang mit dem Dopingfall Mario Vuskovic. Sollte der wegen eines positiven Epo-Tests gesperrte Kroate vom Internationalen Sportgerichtshof (Cas) freigesprochen werden, würde der HSV wohl nur einen Innenverteidiger verpflichten. Das Problem ist, dass niemand prognostizieren kann, wann genau das Urteil erfolgt.
Der vorsitzende Richter Lars Hilliger aus Dänemark hatte bei den Verhandlungen vor einem Monat in Lausanne eine Entscheidung vor dem Saisonstart (2. August) angekündigt. Ein sehr breites Zeitfenster, das mangels Informationen auch in Vuskovics Lager nicht weiter eingegrenzt werden kann. Kuntz und Costa müssen nun genau abwägen, ob sie tatsächlich bereit sind, notfalls bis zum ersten Spieltag zu warten, ob sie auf dieser wichtigen Planstelle des Kaders noch einmal nachbessern wollen.
Was macht Heuer Fernandes?
Eine zusätzliche Kaderlücke könnte entstehen, sollte Torwart Daniel Heuer Fernandes auf einen Wechsel drängen. Der Deutsch-Portugiese hat seinen Stammplatz verloren. Zum Start der Vorbereitung füllt er zunächst einmal die Rolle des Herausforderers hinter Matheo Raab aus.
Sollte sich an dieser Rangordnung nichts ändern, könnte Heuer Fernandes den HSV um eine Freigabe bitten, sofern ihm ein passendes Angebot vorläge. Für den Moment viel Konjunktiv, den Kuntz und Costa allerdings in ihre Gedankenspiele miteinbeziehen müssen, um für den Fall der Fälle vorbereitet zu sein.
HSV sucht neuen Flügelspieler
Gleiches gilt für die offensiven Außenbahnen, auf denen der HSV quantitativ gut besetzt ist. Doch Trainer Steffen Baumgart wünscht sich eine Alternative zu Ransford Königsdörffer, Bakery Jatta, Jean-Luc Dompé und Levin Öztunali. So richtig performt hat keiner der vier, seit Baumgart den Job im Februar übernahm.
Der Fußballlehrer hat andere Anforderungen an die Flügel als Vorgänger Tim Walter. Unter Baumgart sollen die Außen nicht an der Seitenlinie auf Bälle lauern, sondern weiter nach innen rücken und bei gegnerischem Ballbesitz die Verteidiger mit intensiven Sprints hoch anlaufen. Was in der Theorie vermeintlich einfach klingt, mangelte bislang an der Umsetzung.
Auch Glatzels Stärken liegen nicht unbedingt im Pressing. Baumgarts Aufgabe wird es daher sein, eine Idee zu entwickeln, die zu seinem Spielerpersonal passt. Wenn ihm das gelingt, sind auch ihm schwarz-weiß-blaue Fanherzen garantiert.