Hamburg. Kein Club in Deutschland muss so oft zur Primetime spielen wie St. Pauli und der HSV. Was der Grund dafür ist.

Montage sind doof. Diese Erkenntnis ist wahrscheinlich so alt wie die Erfindung des freien Wochenendes. Musikalisch in Stein gemeißelt wurde sie 1979, als The Boomtown Rats ihr Anti-Montags-Manifest „I don’t like Mondays“ auf dem Hit-Album „The Fine Art of Surfacing“ veröffentlichten.

Und obwohl sich der von Bob Geldof geschriebene Rocksong auch bei den traditionell montagskritischen Fußballfans großer Beliebtheit erfreut, wird er definitiv nicht am kommenden Montag am Millerntor gespielt werden, wenn der FC St. Pauli den HSV zum 105. Derby empfängt.

 Der Grund hierfür ist aber nicht, dass man den übertragenen Pay-TV-Sender Sky beschwichtigen will, sondern, dass sich St. Paulis Verantwortliche mit den Fans zu Beginn der Corona-Krise darauf verständigt hatten, bis auf die obligatorischen „Hells Bells“, den Torjingle „Song 2“ und das „Herz von St. Pauli“ auf weitere Unterhaltung zu verzichten.

Hohe Attraktivität des FC St. Pauli

Sei’s drum. Als Soundtrack dieses Derbys würde das Anti-Montags-Lied ohnehin nicht passen. Denn tatsächlich gibt es keine Clubs in Deutschland, die so häufig an Montagen ranmüssen wie St. Pauli und der HSV. Von den bis jetzt fest terminierten ersten 28 Spieltagen gab es an sieben Spieltagen kein Montagsspiel.

Bleiben also 21 Spieltage inklusive der zwei englischen Wochen mit den Donnerstagen als „Montagsspiel“. Und nachdem St. Pauli und der HSV jeweils sechsmal zu dieser Primetime im Dienst sind, steht unter dem Strich: Mehr als die Hälfte aller Montagsspiele findet mit Beteiligung „made in Hamburg“ statt.

„In dieser Saison, in der leider keine Fans dabei sein können, ist die Häufung dieser Spiele nicht so problematisch wie sonst“, sagt St. Paulis Sportchef Andreas Bornemann, der bei aller Montagsskepsis auch einen positiven Aspekt sieht: „Dass wir als FC St. Pauli so häufig montags spielen, zeigt auch, dass wir offenbar eine hohe Attraktivität besitzen. Ich gehe davon aus, dass Sky als exklusiver TV-Rechteinhaber einen Einfluss auf die Ansetzungen der Montagsspiele hat.“

Am 16. September 2019 gab es den absoluten Einschaltrekord

Vergleicht man die Einschaltquoten der letzten Derbys, dann wird schnell klar, warum Sky in dieser Saison die beiden Hamburger Clubs unbedingt an einem Montag zeigen wollte. Bei den bisherigen Zweitliga-Derbys gab es bislang ein Freitagsspiel (2:2) mit 304.000 TV-Zuschauern, ein Sonnabendspiel (210.000 Zuschauer), das St. Pauli 2:0 gewinnen konnte, und zwei Sonntagsspiele (0:0 und 4:0-Sieg für den HSV), das 390.000 und 518.000 Sky-Abonnentinnen gucken wollten.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

 Den absoluten Einschaltrekord hält aber das bislang einzige Montagsspiel der beiden Clubs, das am 16. September 2019 der Kiezclub 2:0 gewinnen konnte – und das 847.000 TV-Zuschauer verfolgten.

Der HSV ist laut einer Umfrage der viertinteressanteste Club

Für die Clubverantwortlichen ist es keine große Überraschung, dass der HSV und St. Pauli immer wieder montags ranmüssen. Bei einer Studie der Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse (kurz AWA), die die Deutsche Fußball-Liga (DFL) im Rahmen der jüngsten Verteilung der TV-Gelder und des im vergangenen Dezember reformierten Verteilerschlüssels präsentierte, sind die beiden Hamburger Clubs die einzigen Zweitligavertreter in den Top Ten der „interessantesten deutschen Fußball-Clubs“ .

Um das Interesse der Fußballfans zu ermitteln, hatte die AWA 23.000 Anhänger und Anhängerinnen nach ihren Interessen gefragt – und anschließend ein Ranking veröffentlicht. Nach den Bayern, Dortmund und Schalke kommt der HSV bereits ligaübergreifend auf dem vierten Platz. Der FC St. Pauli teilt sich den neunten Rang mit RB Leipzig.

Pro­blematische Anreise von Fans

Dabei kann sich der HSV nur bedingt über die herausragende Wertung freuen. Denn anders als man es glauben könnte, sind die Montagsspiele kein Zusatzargument für die Vermarktung beim Akquirieren neuer Partner. So sind die TV-Quoten zwar deutlich höher als an einem Wochenendtag, allerdings schauen die Sponsoren auch stark auf die sogenannten Kontakte, bei denen ihre Marke in den Spieltagszusammenfassungen der Sportschau, des Aktuellen Sportstudios, bei Sky oder sonst wo zu sehen sind. Und die fallen bei Montagsspielen natürlich komplett weg.

Unabhängig von den finanziellen Argumenten gilt bei den Clubs aber in Nicht-Corona-Zeiten vor allem die pro­blematische Anreise von Fans als gewichtiges Argument gegen die unbeliebten Montagsspiele. Deswegen haben sich die Clubs auch bei der vergangenen Verteilung der TV-Millionen gegen eine Fortsetzung ausgesprochen. „Als FC St. Pauli begrüßen wir, dass es in der kommenden Saison keine Montagsspiele mehr gibt und es stattdessen jeweils ein Spiel am späten Sonnabendabend geben wird“, sagt Bornemann.

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Tatsächlich heißt es in der Zweiten Liga ab der kommenden Spielzeit: „Saturday Night Fever“ statt „I don’t like Mondays“. Übertragen werden die Top-Spiele von Sky und im frei empfangbaren Fernsehen bei Sport1.

Sollte der HSV aber aufsteigen, bräuchte er in der Bundesliga auch nicht vor Montagsspielen Sorge zu haben. Die bislang vertraglich festgeschriebenen fünf Bundesliga-Montagsspiele wandern in der kommenden Spielzeit auf den Sonntag, an dem ab der kommenden Saison auch um 19.30 Uhr zum Wochenausklang gespielt wird.

Und auch mit Cindy und Berts Ohrwurm „Immer wieder sonntags“ würden sich die HSV-Fans sicherlich arrangieren. Voraussetzung für ein musikalisches HSV-Revival des Schlagers aus dem Jahr 1973 wäre aber zunächst ein Derbysieg. Am Montag.