Hamburg. Die Offensive wurde in der zurückliegenden Saison zur Schwachstelle, auch wenn Walter rechtzeitig darauf hinwies. Und diesmal?

Tim Walter war sauer. Der Trainer des HSV schaute sich die aus seiner Sicht magere Trainingsleistung seiner Spieler eine Weile an, dann aber sah er sich gezwungen, Dampf abzulassen. Rund zwei Minuten gestikulierte er wild auf die Profis ein. Als die Einheit nach rund eineinhalb Stunden vorbei war, lief Walter schnurstracks in die Kabine. Nur ein Fan schaffte es, ihm hinterherzueilen und ein begehrtes Selfie zu ergattern. Die anderen Schaulustigen gingen leer aus.

Vier Tage vor dem Saisonauftakt will Walter mit seinem Verhalten die Spannung hochhalten. Dem Coach ist anzumerken, dass sich die Vorbereitung allmählich dem Ende zuneigt und der HSV bereits an diesem Sonntag bei Eintracht Braunschweig (13.30 Uhr/Sky und im Abendblatt-Liveticker) seiner Favoritenrolle gerecht werden muss. Dazu äußerte sich Walter auch auf der Pressekonferenz am Freitag.

Reicht die Qualität im HSV-Angriff?

Doch reicht hierfür die Qualität? In der Defensive war der HSV bereits in der zurückliegenden Spielzeit aufstiegswürdig, als der Club mit 35 Gegentoren die mit Abstand beste Abwehr der Liga stellte (dahinter folgte Bremen mit 43). Die Offensive entwickelte sich in manchen Partien dagegen zur Problemzone. Ein Beleg für diese These: der HSV nutzte nur 41 Prozent seiner Großchancen, ein Jahr zuvor waren es noch 59 Prozent.

Weil Trainer Tim Walter für sein präferiertes 4-3-3-System in der Angriffsreihe die Alternativen fehlten, stellte sich die Mannschaft im Prinzip von alleine auf. Zudem wechselte der Coach häufig erst spät, weil er den Reservisten Manuel Wintzheimer, Giorgi Chakvetadze, Mikkel Kaufmann und Faride Alidou, die den Club allesamt verlassen haben, nur eingeschränkt vertraute.

HSV: Walter will Glatzel-Backup

Hat der HSV für die neue Saison aus dieser Problematik gelernt? Den vier Abgängen im Angriff stehen die Neuzugänge Filip Bilbija und Ransford Königsdörffer sowie die Leihrückkehrer Aaron Opoku, Robin Meißner, Xavier Amaechi und Ogechika Heil gegenüber. Auf den ersten Blick hat Walter also zwei Alternativen mehr im Repertoire als in der vergangenen Rückrunde. Eine echte Alternative zu Torjäger Robert Glatzel bietet der Kader allerdings nach wie vor nicht.

Dabei hatte sich Walter nach Abendblatt-Informationen bereits in der zurückliegenden Spielzeit einen adäquaten Ersatz für Glatzel gewünscht. Weil der HSV einen solchen Spielertypen nicht verpflichtete, musste der Trainer schließlich im Sturm mit Kaufmann und Wintzheimer arbeiten – und sich vor allem glücklich schätzen, dass sich Glatzel nie verletzte.

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HSV will neuen Stürmer für Walter

Ob Walters Wunsch nach einem weiteren Strafraumstürmer mit einem Jahr Verspätung erfüllt wird? „Man kann immer noch jemanden gebrauchen. Fordern bringt eh nichts, dafür bin ich auch nicht der Typ. Es ist ja auch kein Geld da“, sagte der Coach – wohl wissend, dass der HSV noch einen Stoßstürmer ausleihen will.

Bis zum Ende der Transferperiode am 31. August könnte also noch etwas Bewegung in den Kader der Hamburger kommen. Dann dürfte auch die Offensive aufstiegswürdig aufgestellt sein – und Walter im Training nicht mehr ganz so sauer sein.