Hamburg. Nach drei Jahren treffen sich Werder Bremen und der HSV wieder – erstmals in der 2. Liga. Es dürfte auch neben dem Platz hoch hergehen.
Drei Jahre lang waren die Fans von Werder Bremen und dem HSV auf Entzug: Am nächsten Sonnabend ist endlich wieder Nordderby. Endlich? In der 2. Bundesliga hat sich wohl keines der beiden Lager das Traditionsduell gewünscht. Sport1 hingegen kann es nur recht sein: Dem Spartensender, der wie Sky das Spiel aus dem Wohninvest-Weserstadion überträgt (Sonnabend, 20.30 Uhr/Liveticker bei Abendblatt.de), kann auf eine erstklassige Einschaltquote hoffen.
Im Netz schlägt das einstige Großereignis schon erste kleine Wellen. Dass dabei nicht immer fair gespielt wird, gehört bei diesem brisanten Spiel wohl dazu. Sticheleien zwischen den Anhängern beider Clubs dürfte es in etwa so lange geben wie das Nordderby selbst, das erstmals 1927 in der Vorrunde um die norddeutsche Meisterschaft ausgetragen wurde.
Täter und Opfer? Was die Beleidigungen betrifft, sind die Rollen gleichmäßig verteilt. Verbal wird von der Elbe wie von der Weser Richtung Erzrivale geschossen. Da kann die Botschaft gar nicht plump genug sein.
Nordderby: So plakativ teilen HSV- und Werder-Fans aus
Wobei es auch durchaus kreativen oder zumindest künstlerisch anspruchsvollen Spott gab. 2007 begrüßten Werder-Fans den damals abstiegsbedrohten HSV zum "letzten Derby".
Die Hoffnung auf den Abstieg des Erzrivalen sollte sich erst elf Jahre später erfüllen. Das durfte natürlich in Bremen nicht ungewürdigt bleiben. Werder-Fans traten mit einer umgestalteten HSV-Bundesliga-Uhr nach.
Zu Beginn jener Saison, der bislang letzten erstklassigen des HSV, hatten Hamburger Fans den Bremern mit einer Choreografie zu verstehen gegeben, was sie von ihnen halten: nichts.
Aber wie das so ist mit dem Hochmut: Nun finden sich die gefallenen Schwergewichte beide eine Fußball-Etage tiefer wieder.
Den Emotionen und der herzlichen Abneigung der Fans zueinander dürfte es keinen Abbruch tun. Eines allerdings ist anders als früher. Den Anspruch, den Hamburger Ultras einst mit einer Choreografie erhoben, kann spätestens seit dem Werder-Abstieg im vergangenen Frühjahr keiner der beiden Vereine mehr erfüllen.
HSV und Werder von Wolfsburg abgehängt
Die Nummer eins im Norden ist sportlich jetzt der VfL Wolfsburg, der die Bundesliga-Tabelle nach vier Spieltagen sogar anführt. Alle anderen Vereine sind bestenfalls zweitklassig.
Die glorreichen Zeiten der Erzrivalen liegen lange zurück – die der Hamburger sogar noch länger als die der Bremer. Werder-Fans machten sich darüber 2012 auf einem Transparent lustig.
Bei der Gelegenheit erinnerten sie auch an den Bremer Triumph im Europapokal der Pokalsieger, der sich damals zum 20. Mal jährte.
HSV-Fans trösten sich mit Bremer Final-Pleite
Inzwischen ist auch der letzte Bremer Titel ganz schön in die Jahre gekommen: 2009 gelang der Sieg im DFB-Pokal. Im gleichen Jahr verlor Werder das Uefa-Pokal-Finale gegen Donezk.
- Papierkugel-Käufer vor dem Derby: "HSVer haben immer Angst"
Den HSV-Fans war das zumindest ein kleiner Trost, nachdem ihr Club zuvor binnen weniger Tage im Halbfinale beider Wettbewerbe auf dramatische Weise am Erzrivalen gescheitert war.
Eine Papierkugel hatte dabei eine möglicherweise entscheidende Rolle gespielt. Grund genug für die Bremer Fans, sie zum Kultobjekt zu erheben.
HSV-Fans gieren nach dem Derbysieg
Allein jene epischen vier Duelle binnen 19 Tagen laden das Nordderby emotional bis heute auf. Dazu kommt die sportliche Bedeutung: Beide Clubs sind holprig in die Saison gestartet, die Siege am vergangenen Wochenende konnten diesen Eindruck noch nicht zerstreuen. Wer verliert, wird sich hinterher erklären müssen – und wohl auch Wut zu spüren bekommen.
Die HSV-Ultras hatten schon vor der Saison erklärt, welche Bedeutung für sie Siege im Stadtduell gegen St. Pauli und eben im Nordderby haben: Sie sind im Zweifel sogar wichtiger als der Aufstieg.
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Oder wie es HSV-Fans 2015 nach dem bis dato letzten Hamburger Erfolg in Bremen (3:1) auf einem Transparent ausdrückten: "Derbysieg ist wie Europa. Danke!!!"