Hamburg. Das 1:2 in Nürnberg war das dritte sieglose Zweitliga-Spiel in Folge. Was die Konkurrenten den Hamburgern derzeit voraus haben.

Am frühen Morgen war es endlich geschafft für die HSV-Profis. Unmittelbar nach der 1:2-Niederlage beim 1. FC Nürnberg ging es mit dem Charterflieger nach Hannover. Von dort aus fuhr der Tabellenfünfte der Zweiten Liga mit dem Bus Richtung Heimat. Viele Wege führen trotz Nachtflugverbot in der Hansestadt nach Hamburg.

Nach dem dritten sieglosen Zweitliga-Spiel in Folge droht der fußballerische Weg des HSV dagegen auch in diesem Jahr nicht in die Bundesliga zu führen. "Und täglich grüßt das Murmeltier..."

Für die Hamburger kommt die Ergebniskrise zu einer Unzeit. Die Konkurrenten Darmstadt 98 und FC St. Pauli haben ihre sportlichen Täler mittlerweile durchschritten. Das Führungs-Duo konnte sich - im Gegensatz zum HSV - diese Minikrisen leisten, weil sie sich zuvor über konstant gute Ergebnisse einen gewisses Punktepolster angefuttert hatten.

HSV mit den wenigsten Siegen in der Spitzengruppe

Der HSV leidet dagegen an den Folgen der vielen Unentschieden. Das Team von Trainer Tim Walter spielte bereits elf (!) Mal Remis. Aus der Spitzengruppe haben die Hamburger mit zehn Siegen die mit Abstand wenigsten eingefahren.

Am Sonntag hat der ewige Nordrivale Werder Bremen, der über deutlich mehr Qualität verfügt, erwartungsgemäß das Heimspiel gegen Dynamo Dresden mit 2:1 gewonnen. Somit beträgt der Abstand auf den Relegationsplatz drei bereits sechs Punkte. "Es ist unfassbar eng. Ich bin überzeugt, dass es bis zum Schluss eng bleiben wird. Uns sollte man nicht abschreiben", zeigte sich HSV-Sportdirektor Michael Mutzel (42) angriffslustig.

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Dafür müssen aber Auftritte wie in Nürnberg die Ausnahme bleiben. Nach einer maximal ordentlichen ersten Halbzeit, in der Ludovit Reis für den HSV traf, folgte ein schwacher zweiter Durchgang, in dem Nürnberg sich das Momentum erkämpfte, und den Hamburgern nur noch zwei harmlose Abschlüsse durch Reis, Wintzheimer und Sebastian Schonlau zugestand.

HSV-Sportdirektor lobt Auftritt der Mannschaft

Insgesamt war es zu wenig für eine Mannschaft, die den Anspruch hat, in die Bundesliga aufzusteigen. "Ich fand es nicht. Haben Sie das Spiel gesehen, das ich gesehen habe?", fragte Mutzel in der Medienrunde.

Der HSV-Sportdirektor lobte die Mannschaft, machte aber keinen Hehl daraus, dass in der zweiten Hälfte zunehmend die Kräfte schwanden. Die 120 Minuten vom Mittwoch im DFB-Pokal gegen den Karlsruher SC (5:4 nach Elfmeterschießen) hatten eben doch nachgewirkt, auch wenn Spieler und Trainer das von sich weisen. "Da hat man schon gemerkt, dass wir in den entscheidenden Momenten etwas platt waren. Man hat sich auf das Unentschieden eingestellt und dann war der Schuss von Tim Handwerker drin. Jetzt sind wir bedient", erklärte Mutzel.

Das Ergebnis passte nicht, die Leistung in den Augen von Mutzel aber schon. "Ich habe kein schlechtes Spiel gesehen oder dass es zu wenig von uns war. Die Mannschaft hat alles gegeben und unglücklich verloren."

Frage nach später Auswechlsung nervte HSV-Trainer

Wenn die Mannschaft wirklich so müde war, drängt sich auch am Tag nach der Niederlage umso mehr die Frage auf, warum Trainer Walter erst in der 82. Minute seine erste Auswechslung vornahm.

Eine Frage, die der 46-Jährige am Vorabend vor den TV-Kameras mit Süffisanz konterte. "Am Ende ist man immer schlauer. Ihr seid die Schlauen und ich bin heute der Dumme", sagte Walter im Sky-Interview mit den Moderatoren Stefan Hempel und Torsten Mattuschka.

Als das Duo diesen Vorwurf deutlich von sich wies, reagierte Walter schnippisch. "Doch, doch. Genauso ist es aber. Damit habe ich aber kein Problem."

Zuvor hatte der HSV-Trainer erklärt, dass er nicht das Gefühl hatte, von außen eingreifen zu können. Zudem fand er den Auftritt seiner Spieler "okay" und deshalb wollte er auf dem Platz nichts auseinanderreißen.

So weit, so plausibel. Aber auch irgendwie ein klares Zeichen an die Reservisten, dass er ihnen am Sonnabend nicht zugetraut hatte, in einer engen Partie den Unterschied zu machen.

HSV-Joker enttäuschten in Nürnberg

Und irgendwie sollte Walter mit seiner Intuition recht behalten. Weder Joker Manuel Wintzheimer, dessen Abwehrverhalten beim Tor zum 1:2 viel zu passiv war, noch Mikkel Kaufmann, der nur durch eine plumpe Schwalbe im Strafraum aufgefallen war, konnten einen Impuls geben. Das galt auch für David Kinsombi und Anssi Suhonen, wobei der junge Finne auch kaum Zeit hatte, sich zu zeigen.

Die 90 Minuten von Nürnberg machten einmal mehr deutlich, dass es gerade im Offensivbereich an qualitativ hochwertigen Alternativen fehlt. Faride Alidou? Seit seinem feststehenden Wechsel nach Frankfurt ein Schatten seiner selbst. Leihstürmer Kaufmann konnte auch nach einem Dreivierteljahr in Hamburg seine Zweitligatauglichkeit  nicht nachweisen und bei Wintzheimer hat man irgendwie das Gefühl, dass er merkt, dass seine Zeit im Sommer beim HSV enden wird.

Wenn die Unterschiedsspieler Robert Glatzel und Sonny Kittel mal nicht funktionieren, wird es beim HSV dünn in Sachen Torgefahr. Keine besonders guten Aussichten im heißen Saisonendspurt.  "Die Ergebnisse sind in der Phase beschissen, aber die Spielleistungen waren es nicht. Auch wenn es ein anderer Wettbewerb ist, hat man im Pokal gesehen, dass die Mannschaft lebt und nie aufhört. Jonas Meffert hat gesagt, dass wir jetzt eine Serie starten müssen. Ich bin überzeugt, dass die Jungs das schaffen können. Der Glaube ist da", fasste Sportchef Mutzel zusammen.

Die Reise in die Bundesliga – das machten alle Verantwortlichen deutlich – geht trotz der Ergebniskrise in der Zweiten Liga weiter.