Nürnberg/Hamburg. Vize-Kapitän des HSV fällt bis zum Saisonende aus. Nun muss ein neuer Linksverteidiger gefunden werden – und es gibt eine Tendenz.

Tim Leibold und seine HSV-Kollegen mussten wohl gerade im Landeanflug auf Hamburg gewesen sein, als sein früherer Arbeitgeber am Mittwochmittag etwas geraderücken wollte. „Gute Besserung, Tim #Leibold“, twitterte die Presseabteilung des 1. FC Nürnberg am Tag nach der 3:5-Pokalniederlage gegen den HSV und verwies auf einen Text auf der eigenen Homepage mit der Überschrift: „Der Club verurteilt Pfiffe gegen Tim Leibold“.

Diese hatte es am Abend zuvor tatsächlich viel zu viele und viel zu laute gegeben, als der frühere Nürnberger nach einem unglücklichen Zweikampf Mitte der ersten Halbzeit offenbar schwer verletzt vom Platz getragen werden musste.

HSV: Leibold ins UKE gebracht

„Wir bedauern es wirklich sehr, dass es dennoch zu solch einem Verhalten gekommen ist, und entschuldigen uns beim Hamburger SV und insbesondere bei Tim Leibold, dem wir eine schnelle Genesung wünschen“, schrieben also am Tag danach die Nürnberger, deren Fanbetreuung sich nach der Pokalniederlage zudem mit erneuten rassistischen Beschimpfungen gegen Bakery Jatta ausein­andersetzen musste. Immerhin, die Leibold-Entschuldigung wirkte überzeugend, hatte nur einen Schönheitsfehler: Die erhoffte schnelle Genesung blieb nicht mehr als ein frommer Wunsch.

Direkt nach der Landung am Geschäftsfliegerterminal vom Flughafen Fuhlsbüttel wurde Leibold am Mittwoch zu einer umfassenden MRT-Untersuchung ins Universitätskrankenhaus Eppendorf (UKE) gebracht. Und noch bevor das Ergebnis feststand, wurde das Schlimmste erwartet. „Das sah nicht gut aus“, fasste Torhüter Daniel Heuer Fer­nandes die Szene zusammen, bei der sich Leibold das rechte Knie verdrehte.

Leibold dürfte für Rest der Saison ausfallen

„Ich habe nur gesehen, dass Tim seinen Körper reinstellen wollte. Ich glaube, er hat ein Bein vorgeschoben, und der andere läuft halt durch“, beschrieb Jonas David die eigentlich unbeschreibliche Szene des Vorabends. Am frühen Nachmittag folgte die traurige Gewissheit, die der HSV ebenfalls per Twitter verbreitete: „Bittere Nachricht: Kreuzbandriss bei Tim Leibold“, gab der Club bekannt.

Der Dauerbrenner, der mit Ausnahme von Jatta seit dem Abstieg des HSV die meisten Zweitligaminuten für die Hamburger gesammelt hatte, dürfte nach dem Riss des vorderen Kreuzbandes im rechten Knie für den Rest der Saison ausfallen. „Wir werden alles dafür tun, um Tim in der Reha-Phase bestmöglich zu unterstützen“, sagte der geschockte Sportdirektor Michael Mutzel. Bereits am Vorabend hatte Trainer Tim Walter mit dem Schlimmsten gerechnet. „Mir tut Timmy unendlich leid. Er ist einfach ein guter Junge“, sagte der Coach nach dem Pokalsieg und musste schlucken. „Das schüttelt man nicht so einfach ab.“

„Miro muss und wird sich immer weiterentwickeln"

Doch so hart es auch klingen mag: Genau das müssen Walter und der HSV nun tun. Bereits am kommenden Sonnabend wird Holstein Kiel im Volkspark im ersten Spiel n. L. (nach Leibold) erwartet – und Trainer Walter scheint sich auf einen Leibold-Ersatz auch bereits festgelegt zu haben. „Miro muss und wird sich immer weiterentwickeln. Spiele helfen, um voranzukommen“, sagte Walter über den erst im Sommer verpflichteten Leibold-Back-up Miro Muheim, der auch am Dienstagabend für den 27-Jährigen eingewechselt wurde. „Man muss schon erwähnen, dass Miro ein super Spiel gemacht hat“, lobte dann auch umgehend Torhüter Daniel Heuer Fernandes. „Man hat gesehen, dass er sehr gute Qualitäten mit sich bringt.“

Bleibt nur die Frage, ob der 23 Jahre alte Leihspieler vom FC St. Gallen diese auch schon konstant über mehrere Monate abrufen kann. Da aber auch Außen-Allrounder Josha Vagnoman weiter verletzt ist, gehen Walter auf der Position des Linksverteidigers langsam die Alternativen aus. Letztverbliebene Option: Super-Allrounder Moritz Heyer könnte auch links auflaufen – und rechts Platz für Jan Gyamerah machen.

Auch Tom Krauß musste ins Krankenhaus

Wie schnell es im Fußball bisweilen zugeht, musste Leibold-Ersatz Muheim am Dienstagabend leidvoll erfahren. Nur zehn Sekunden nach dem Beginn der zweiten Halbzeit rasselte der Schweizer so heftig mit Gegenspieler Tom Krauß zusammen, dass beide umgehend behandelt werden mussten. Doch während Muheim sogar weiterspielen konnte, musste Krauß genau wie zuvor Leibold vom Platz getragen und anschließend sogar ins Krankenhaus gebracht werden.

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Entwarnung gab es erst am Morgen danach: „Danke für die ganzen Genesungswünsche. Mir geht es gut“, schrieb der 20-Jährige am Mittwochmorgen in den sozialen Medien – und erhielt genau wie zuvor auch schon Leibold eine ganze Reihe von nett gemeinten Statements. Natürlich auch vom HSV. Doch das, was vor allem Leibold nun in den kommenden Monaten bevorsteht, lässt sich nicht in 280 Twitter-Zeichen pressen. Versucht man es dennoch, reichen für den wichtigsten Gedanken möglicherweise 13 Buchstaben und ein Ausrufezeichen: #GuteBesserung!