Fürstenfeld. Der Dresdner soll so schnell wie möglich ins HSV-Trainingslager nach Österreich reisen und Toptorjäger Glatzel assistieren.
Robert Glatzel und Stephan Ambrosius saßen am Sonntag Seite an Seite. Die erste intensive Trainingseinheit des HSV im Trainingslager in Österreich war gerade vorbei, da sprachen die beiden noch über ein sehenswertes Seitfallzieher-Tor des Abwehrspielers. „Geiles Tor“, sagte Stürmer Glatzel. Selbst Tim Walter war beeindruckt. „Wahnsinn, mit welcher Wucht der Ball reingegangen ist“, sagte der Trainer zu seinem Verteidiger. Und ein HSV-Mitarbeiter scherzte am Rand: „Wir schulen Stephan zum Stürmer um.“
Tatsächlich hätte Ambrosius angesichts der Personallage in der Offensive aktuell vermutlich bessere Chancen, im Sturm zu spielen als in der Innenverteidigung, für die Walter derzeit neben ihm, Mario Vuskovic, Jonas David, Moritz Heyer, Maximilian Rohr, Valon Zumberi und im Laufe der Woche auch wieder Kapitän Sebastian Schonlau (Fußentzündung) zur Verfügung stehen hat. Im Angriff dagegen hat Glatzel aktuell nur Konkurrenz durch Rückkehrer Robin Meißner. Zudem könnte Neuzugang Filip Bilbija, nominell ein Linksaußen, im Sturm spielen.
HSV: Königsdörffer ist neuer Sturmpartner für Glatzel
Die Lage wird sich nun aber ändern. Wunschstürmer Ransford Königsdörffer reist am Montag nicht mit Dynamo Dresden ins Trainingslager nach Bad Häring in Tirol – sondern so schnell wie möglich in das 450 Kilometer entfernte Fürstenfeld in die Steiermark.
Am Wochenende konnte Sportvorstand Jonas Boldt mit seinem Vorgänger Ralf Becker, dem Geschäftsführer von Dynamo, nach wochenlangem Poker eine Einigung erzielen. Laut „Bild“ verbesserte der HSV sein Angebot auf 1,2 Millionen Euro. Ursprünglich wollte Boldt die Ablöse auf eine sechsstellige Summe drücken, doch Becker blieb standhaft. Weil er wusste, dass der HSV den neuen Angreifer braucht. Schließlich startet in drei Wochen die Saison mit dem Spiel bei Eintracht Braunschweig.
Glatzel wird dann also nicht an der Seite von Ambrosius stürmen, sondern von Königsdörffer. Im aktuellen System wird der vierte Neuzugang des HSV-Sommers die Position des verletzten Bakery Jatta einnehmen, der nach seinem Muskelbündelriss noch mehrere Wochen fehlt. Im Gegensatz zu Jatta ist Königsdörffer aber nicht der klassische Flügelstürmer, sondern ein Angreifer, der auch im System mit zwei Spitzen spielen kann. Möglich also, dass der HSV künftig verstärkt mit zwei gelernten Stürmern spielt.
HSV: Glatzel bleibt Fixpunkt im Sturm
Glatzel ist es egal, wer ihm künftig die Vorlagen liefert. „Ich fühle mich auf jeden Fall wohl als zentraler Boxstürmer, vor allem, wenn man so gute Vorlagengeber hat wie Sonny oder Baka“, sagte Glatzel am Sonntag über seine besten Assistenten der vergangenen Saison. Sonny Kittel hatte ihm in der Liga und dem DFB-Pokal sechs seiner 27 Tore aufgelegt, Bakery Jatta vier. Insgesamt waren es zwölf verschiedene Spieler, die dem Torschützenkönig der Pokalsaison einen Treffer servierten.
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„König Robert“ bleibt auch trotz der anstehenden Verpflichtung von Königsdörffer der Fixpunkt des Hamburger Angriffsspiels. Und das ist auch der Hauptgrund, warum der 28-Jährige in der Sommerpause seinen Vertrag beim HSV bis 2025 verlängerte und das lukrativere Angebot ausschlug, zum Bundesliga-Aufsteiger FC Schalke 04 zu wechseln. „Ich habe es mir angehört und überlegt zu wechseln“, sagte Glatzel zwischen den zwei Einheiten am Sonntag bemerkenswert offen. Auf Schalke hätte Glatzel zwar mehr Geld verdienen können, sich aber auch gegen die Aufstiegshelden Simon Terodde und Marius Bülter durchsetzen müssen.
Glatzel-Verbleib macht HSV zum Aufstiegsfavoriten
Im Sommerurlaub im türkischen Belek reifte dann die Entscheidung, beim HSV zu bleiben. „Ich habe es mir mit meiner Familie zusammen überlegt. Am Ende hat sehr viel für den HSV gesprochen. Das gute Vertrauen zum Trainer, Stammspieler zu sein bei einem Topverein, die Chance auf einen Aufstieg zu haben und Bundesliga spielen zu können“, sagte Glatzel auf der Terrasse des Teamhotels Sonnreich in Bad Loipersdorf.
Der Torjäger, der mit seiner Frau und den zwei Töchtern in Eimsbüttel ein neues Zuhause gefunden hat, bekam zwar eine Gehaltserhöhung beim HSV, verzichtete aber im Vergleich zur Schalker Offerte auf Geld. „Ich bin schon ein Risiko eingegangen, auch wenn man als Fußballer viel Geld verdient. Am Ende war es eine Entscheidung des Herzens. Es fühlte sich falsch an zu wechseln.“
Von den Top sechs Torjägern der vergangenen Zweitligasaison wird in der kommenden Spielzeit nur noch Glatzel in der Liga dabei sein. Auch dadurch manifestiert der HSV seine Rolle als Aufstiegsfavorit. Das Ziel Bundesliga hatte der Club bereits offen formuliert. Glatzel gefällt das. „Ich finde es gut, weil man Ziele haben muss und auch mutig sein sollte, sie auszusprechen und sie zu verfolgen. Daran kann man sich auch messen lassen.“
HSV: Königsdörffer womöglich beim ersten Test dabei
Um dieses Ziel zu erreichen, soll Königsdörffer nicht der letzte Neuzugang für die Offensive sein. Nach den Abgängen von Faride Alidou, Manuel Wintzheimer und Mikkel Kaufmann wäre noch mindestens eine Planstelle im Angriff zu besetzen. Emir Sahiti (Hajduk Split) und Jean-Luc Dompé (SV Zulte Waregem) zählen weiterhin zu den Kandidaten für den Flügel.
Durch den geplatzten Transfer von Kittel in die USA ist der dringende Bedarf an neuen Angreifern aber auch gesunken. Vor allem Glatzel freute sich über den Verbleib seines besten Vorlagengebers. „Als ich gehört habe, dass Sonny geht, war ich traurig. Es ist ein super Zeichen, dass er bleibt. Es wird uns einen großen Vorteil bringen, dass viele Stammspieler bleiben und wir schon eingespielt sind.“
Am Mittwoch (17.30 Uhr) im ersten Testspiel gegen Hajduk Split kann der HSV mit seiner eingespielten Mannschaft erstmals zeigen, ob die verlorene Relegation gegen Hertha BSC noch in den Knochen steckt. Womöglich ist auch Königsdörffer dann schon dabei. Seite an Seite mit Glatzel. Die Nummer neun des HSV ist in jedem Fall schon wieder bereit für den neuen Aufstiegsanlauf. „Es lohnt sich noch einmal dafür zu kämpfen, mit dem HSV in der Bundesliga spielen zu können.“ Glatzels Wort zum Sonntag: „Das wäre ein Traum für mich.“