Gelsenkirchen/Hamburg. HSV-Profi Amadou Onana ist sich mit dem OSC Lille über einen Wechsel einig. Die Clubs pokern noch, Fans reagieren gemischt.

Während sich der HSV am Freitag mit dem sogenannten Anschwitzen auf den Saisonauftakt beim FC Schalke 04 vorbereitete, traf sich Amadou Onana (19) mit seiner Schwester und Beraterin Melissa zum Frühstück. Der belgische U-21-Nationalspieler hatte das Abschlusstraining am Vortag mit einem dick bandagierten Knie abgebrochen und trat die Reise nach Gelsenkirchen deshalb gar nicht erst an.

Denkbar ist sogar, dass Onana nie wieder im Spieltagskader des HSV stehen wird, denn der talentierte Mittelfeldspieler möchte den Club nach nur einem Jahr unbedingt wieder verlassen. Wie berichtet, ist sich Onana mit dem französischen Meister OSC Lille über einen Wechsel einig. Weit von einer Einigung entfernt sind dagegen die beiden Vereine.

Lille bietet bislang eine Ablöse in Höhe von sechs Millionen Euro, der HSV hält allerdings an seiner Forderung von mindestens acht Millionen Euro fest – exklusive erfolgsabhängiger Bonuszahlungen im niedrigen siebenstelligen Bereich.

HSV-Fans haben nur bedingt Verständnis für Onana

Nachdem das Abendblatt den Transferpoker am Donnerstagabend enthüllt hatte, schlug die Personalie hohe Wellen. In den sozialen Netzwerken überschlugen sich die Kommentare – sowohl die positiven als auch die negativen. Während zahlreiche Franzosen und Belgier den Transfer kaum erwarten können und sich schon zum jetzigen Verhandlungszeitpunkt überschwänglich freuen, hat ein Gros der HSV-Fans nur wenig Verständnis für Onanas sofortigen Wechselwunsch.

Das geteilte Echo, das den 19-Jährigen vor allem bei Instagram erreichte, war auch ein großes Thema beim Frühstück der beiden Geschwister. Die zum Teil sehr harten Reaktionen einiger Hamburger machen deutlich, wie wichtig eine zeitnahe Einigung über die Ablösesumme im Interesse aller Beteiligten ist, um weitere Unruhe zu vermeiden.

HSV will in Zukunft von Onanas Entwicklung finanziell profitieren

Beim HSV sieht man jedoch vor allem Lille am Zug, einen entscheidenden finanziellen Schritt auf den Zweitligisten zuzugehen. Die Verantwortlichen in Hamburg sind von Onanas Entwicklungspotenzial überzeugt und prophezeien ihm eine große Karriere. Diese Einschätzung soll sich nun auch in der Transferentschädigung widerspiegeln. Schon jetzt ist klar, dass der HSV seinen talentiertesten Profi nur in Zusammenhang mit einer branchenüblichen Weiterverkaufsklausel von rund zehn Prozent verkaufen wird – so wie es auch schon bei vorherigen Abgängen im Volkspark wie beispielsweise Heun-min Son oder Hakan Calhanoglu der Fall war.

Der inzwischen 27 Jahre alte türkische Nationalspieler hatte sich einst seinen Weggang aus der Hansestadt erstreikt. Weil ihm der HSV seinen Wechselwunsch zunächst verweigerte, meldete sich Calhanoglu kurz vor dem Trainingsstart im Sommer 2014 für vier Wochen krank. Ganz so lange dauerte es dann aber doch nicht, bis die Hamburger in den Transferverhandlungen mit Leverkusen einwilligten. Das finale Jawort hatte schließlich enorme Auswirkungen auf Calhanoglus Genesungsprozess, denn der Profi meldete sich plötzlich wieder kerngesund, als er in Leverkusen ankam.

HSV hat Zweifel an Onanas Knieverletzung

Beim HSV hat man nun Angst vor einem zweiten Fall Calhanoglu. Zur Erinnerung: Onana meldete sich nicht nur gegen Schalke ab, Ähnliches geschah bereits beim Abschlusstraining vor dem letzten Spieltag der vergangenen Saison gegen Braunschweig (4:0), als der Belgier in der Startelf stehen sollte. Wie schon im vergangenen Mai haben die Verantwortlichen nun erneut Zweifel, ob Onana wirklich verletzt ist. Trainer Tim Walter soll intern bereits deutlich zum Ausdruck gebracht zu haben, nicht mehr mit dem Mittelfeldstrategen zu planen. Dem neuen HSV-Coach, der kaum eine Gelegenheit auslässt, um von seinen Spielern Bereitschaft zu fordern, missfällt die Einstellung des Youngsters.

Es scheint, als wäre Onana in eine Sackgasse geraten, die nur einen Ausweg kennt: Lille.