Hamburg. Dem HSV liegt ein Angebot vor, doch der Club verlangt eine höhere Ablöse. Eskaliert die Situation nach einem Trainingsabbruch?
Wer im Internet nach den Vorzügen des französischen Städtchens Lille forscht, der wird schnell fündig. Die europäische Kulturhauptstadt von 2004 würde durch „die einzigartige Mischung aus flämischen Traditionen und französischer Lebensart“ bestechen, sei eine quirlige Studentenstadt und habe eine schöne Altstadt mit den „pastellfarbenen Häuserfassaden“ als Paradebeispiele für die flämische Architektur des 17. Jahrhunderts zu bieten.
All das weiß auch Amadou Onana. Doch für den HSV-Profi hat Lille vor allem zwei Reize, die man nicht bei der ersten Wikipedia-Recherche findet. Der französische Meister OSC Lille gilt derzeit als die beste Mannschaft des Landes. Und zum anderen ist Lille nur 100 Kilometer von Onanas Heimatstadt Brüssel entfernt.
HSV-Profi Onana will zum OSC Lille
Um eine lange Geschichte kurz zu machen: Amadou Onana will nach Lille. Das hat der 19 Jahre alte Belgier dem Abendblatt im Gespräch bestätigt. Und auch der HSV hat dem Abendblatt bestätigt, dass dem Club eine offizielle Anfrage des Überraschungsmeisters der Ligue 1 vorliegt.
So weit, so gut, so schlecht. Denn nun wird aus der kurzen doch wieder eine sehr lange Geschichte. So ist Lille bislang lediglich bereit, sechs Millionen Euro für den Kapitän der belgischen U-21-Nationalmannschaft zu bieten. Der HSV will aber mindestens acht Millionen Euro für den Rohdiamanten, der vor einem Jahr ablösefrei von 1899 Hoffenheim in den Volkspark gekommen war.
HSV hält an Onana-Ablöse fest
Und an dieser Stelle könnte die Geschichte ungemütlich werden. Denn der HSV sieht nicht ein, von seinen Forderungen abzurücken. So habe Lille gerade erst knapp 40 Millionen Euro auf dem Transfermarkt eingenommen, spiele zudem in der Champions League und solle doch bitteschön einen entsprechenden Marktpreis für Onana bieten. Immerhin habe der hochtalentierte Mittelfeldmann, der den für 20 Millionen Euro nach Leicester gewechselten Boubakary Soumaré ersetzen soll, noch drei Jahre Vertrag. Und keine Ausstiegsklausel.
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Warum HSV-Profi zum OSC Lille will
Onana, der am Donnerstag das Abschlusstraining mit bandagiertem Knie abbrach, und seine Schwester Melissa, die den Youngster vertritt, sehen die Sachlage anders. Er sei vor einem Jahr ablösefrei nach Hamburg gekommen und habe unter Daniel Thioune kaum von Anfang an gespielt. Da seien mehr als sechs Millionen Euro ein mehr als faires Angebot. Doch aus der Onana-Sicht noch wichtiger: Neben der Chance, bei einem Champions-League-Club zu spielen, würde Lille dem Toptalent auch die einmalige Möglichkeit bieten, nah an seiner Heimat Brüssel zu sein. Das sei dem im Senegal geborenen Belgier auch deshalb so wichtig, weil seine Mutter schwer erkrankt sei.
Den HSV-Chefs hatte Onana genau das auch mitgeteilt. Er wolle nach vier Jahren wieder näher bei seiner Mutter sein, hatte der 19-Jährige bekräftigt. Mutmaßlich lukrativere Anfragen, die ebenfalls vorliegen sollen, seien für ihn nicht interessant. Die Krankheit seiner Mutter sei seine Hauptmotivation.
Ein Happy End ist nicht absehbar. Trainer Walter hat intern bereits sein Missfallen über das zuletzt angeblich eher lustlose Verhalten Onanas kundgetan. Der Youngster hatte sich bereits vor dem letzten Saisonspieltag kurzfristig abgemeldet, nun folgte nach dem Abschlusstraining die Wiederholung. Sein Ziel heißt nicht Schalke. Sondern Lille.