Hamburg. Beim 4:2-Sieg bei Jahn Regenburg sorgten vor allem die Joker für den wichtigen Auswärtssieg beim Abstiegskandidaten.
Der Jubel kannte keine Grenzen. Trainer Tim Walter lief vor Freude auf den Platz, die Spieler fielen sich in die Arme. Die Hoffnungen auf eine Rückkehr in die Fußball-Bundesliga haben beim HSV am Sonnabendnachmittag neue Nahrung erhalten. Durch das spektakuläre 4:2 (1:1) bei Jahn Regensburg haben die Hamburger auch die letzte Chance auf den Aufstieg am Leben erhalten. In der Tabelle sind die Hamburger nun Vierter, drei Zähler hinter Darmstadt 98, die aktuell Rang drei belegt. Allerdings spielt der Kiezclub am Abend noch gegen Darmstadt 98. "„Ich glaube, wir waren nie weg. Wir sind überzeugt von uns. Die Ausgangslage war, dass wir gewinnen mussten. Deshalb haben wir noch mal alles rausgehauen, und wollten unbedingt den Sieg holen. Damit haben wir unseren Job gemacht. Wir brauchen Siege und so werden wir weiterspielen", erklärte Torhüter Daniel Heuer Fernandes.
Auch wenn Regensburg über weite Strecken die bessere Mannschaft war, haben die engagierten Hamburger vor dem Tor die nötige Effizienz an den Tag gelegt, um den wichtigen Auswärtssieg perfekt zu machen. Die Treffer für den HSV erzielten Miro Muheim (24.), Anssi Suhonen (66.), Josha Vagnoman (90.) sowie David Kinsombi (90.+5) per Foulelfmeter. "Es zeichnet uns die ganze Saison aus, dass wir nie aufgeben. Riesenkompliment an die Mannschaft, auch wenn wir uns heute selbst etwas wehgetan haben", erklärte Kapitän Sebastian Schonlau, der keinen Hehl daraus machte, dass das 1:3 im DFB-Pokal-Halbfinale gegen den SC Freiburg noch in den Kleidern war. "Die Köpfe gingen ein, zwei Tage runter, wenn man so nah und doch so fern vom Finale in Berlin ist. Wir freuen uns aber, dass wir die Woche so beenden konnten."
Die Partie des HSV bei Jahn Regensburg im Liveticker:
Für eine erste Überraschung sorgte der HSV-Trainer bereits vor der Partie. Spielmacher Sonny Kittel, für den die Partie in Regensburg die 100. im Trikot der Hamburger war, blieb zunächst auf der Bank. Für ihn rückte Null-Tore-Stürmer Mikkel Kaufmann in die Startformation. Auch Josha Vagnoman verlor seinen Startplatz. Dafür erhielt der Schweizer Miro Muheim eine neue Chance auf der Linksverteidigerposition.
HSV mit großen Problemen zu Beginn
Zu Beginn hatten die Hamburger große Probleme mit dem aggressiven Pressing der Gastgeber. Bereits nach 24 Sekunden zwang Nicklas Shipnoski HSV-Keeper zu einer ersten Glanzparade. Nur knapp eine Minute später war der Hamburger Schlussmann erneut gefordert, als er von Max Besuschkow aus der Distanz geprüft wurde. Es spielten nur die Gastgeber, der HSV kam in den ersten zehn Minuten kaum aus der eigenen Hälfte raus.
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Es grenzte an ein Wunder, dass der erschreckend schwache HSV nicht in Rückstand geriet. An Chancen mangelte es den Regensburgern wahrlich nicht. In der elften Minute scheiterte Benedikt Saller mit einem sehenswerten Volleyschuss erneut an Heuer Fernandes, der als einziger Hamburger in der Anfangsphase die richtige Einstellung zu dem Spiel zeigte. "Heute war es extrem schwer, weil meine Mannschaft an dem Pokal-Aus noch zu knabbern hatte, das hat man in den ersten 15 Minuten gemerkt. Da war Regensburg extrem aggressiv und auf der Lauer. Wir haben es nicht geschafft, die Dinge so zu lösen, wie wir es wollten. Durch Nickeligkeiten sind wir auch ein bisschen aus dem Tritt gekommen, aber je länger das Spiel ging, umso mehr haben wir es angenommen", sagte Trainer Walter.
Das erste offensive Lebenszeichen der Hamburger lieferte Moritz Heyer. Der Rechtsverteidiger kam durch Zufall im Strafraum an den Ball. Sein Schuss ging aber deutlich vorbei. Auch in der Folge waren die Gastgeber deutlich galliger, entschieden nahezu alle 50:50-Zweikämpfe für sich. Dem HSV gelang es kaum, den Ball über mehrere Stationen in den eigenen Reihen zu halten.
Die Bilder zum irren Auswärtssieg des HSV in Regensburg
Für eine Slapstick-Einlage sorgte Keeper Heuer Fernandes in der 22. Minute, als er bei dem kleinteiligen Aufbauspiel Kapitän Sebastian Schonlau anschoss, und so eine Großchance für Besuschkow ermöglichte, die aber vom Jahn kläglich vergeben wurde.
HSV-Profi Muheim stellt Spielverlauf auf den Kopf
Regensburg hätte mittlerweile mit zwei oder drei Toren führen müssen, doch das erste Tor machten die Hamburger. In der 23. Minuten marschierte Linksverteidiger Muheim durch das Mittelfeld und zog aus 22 Metern einfach mal ab. Der Schuss des Schweizers schlug sehenswert im Winkel ein. Die schöne, aber völlig unverdiente Führung. Für Muheim war es sein erstes Pflichtspieltor für die Hamburger. "Es war ein wunderschöner Treffer", schwärmte HSV-Coach Walter.
In der Folge bekam der HSV etwas mehr Zugriff auf die Partie. Ein Weitschuss von Robert Glatzel in der 29. Minute konnte Jahn-Keeper Alexander Meyer aber über die Latte lenken. Es entwickelte sich eine umkämpfte, aber wenig hochklassige Partie, in der das Walter-Team aber nicht mehr so stark unter Druck gesetzt wurde. Mehr als ein Kopfball von Anssi Suhonen in der 37. Minute kam aber nicht heraus. So ging der HSV mit einem schmeichelhaften 1:0 in die Pause.
Früher HSV-Schock in der zweiten Halbzeit
Die zweite Hälfte begann so wie die erste begonnen hatte. Nach einem viel zu kurzen Rückpass von Moritz Heyer auf Torhüter Fernandes spritzte Shipnoski dazwischen. Der scheiterte noch am HSV-Keeper, doch Boukhalfa konnte den Abpraller flach vollstrecken. Mal wieder wurde das viel zu risikoreiche Aufbauspiel der Hamburger bestraft. Auf jeden Fall gab es ab dem Moment richtig Feuer auf und neben dem Platz. HSV-Coach Walter legte sich mit seinem Trainerkollegen Mersad Selimbegocvic an, standen fast Nase an Nase. Doch nach einem kurzen Dialog folgte der faire Handschlag." Nach der Halbzeit ist es denkbar unglücklich, was Moritz wiederfahren ist, aber das passiert. Es ist überhaupt kein Thema. Wie die Jungs es bis zum Ende versucht haben, zu gewinnen, war aller Ehren wert. Hier in Hamburg entwickelt sich etwas, da baut sich etwas auf. Diesen Weg wollen wir mit der jungen Mannschaft auch gehen“, lobte Trainer Walter.
Ähnlich lebhaft blieb es auch auf dem grünen Rasen. In der 54. und 56. Minute vergab HSV-Toptorjäger Robert Glatzel gleich zwei gute Chancen zu erneuten Führung. Deutlich präziser schloss zehn Minuten der neue Hamburger Publikumsliebling Anssi Suhonen ab. Sein Schuss aus 18 Metern war für Jahn-Keeper Meyer nicht ganz unhaltbar. Die erneute Führung, die wieder nicht in der Luft lag. Doch wer fragt danach schon im Aufstiegskampf?
Ruhe brachte dieser Treffer aber den Hamburgern nicht. Regensburg, die am Sonnabend den Klassenerhalt perfekt machen wollten, rannte an, kämpfte leidenschaftlich gegen die Niederlage an. Das bot natürlich Räume, die aber der HSV nicht konsequent genug ausnutzte.
Irre Schlussphase lässt den HSV jubeln
In der 87. Minute wurde es dann noch einmal im HSV-Strafraum hektisch. Der einwechselte Jonas David brachte Jahn-Spieler Ayguen Yildirim ungeschickt zu Fall. Schiedsrichter Timo Gerach zeigte auf den Elfmeterpunkt. Andreas Albers verwandelte den anschließenden Strafstoß souverän zum 2:2. Doch der finale Schlusspunkt gehörte dem HSV. Erst traf im Gegenzug Joker Josha Vagnoman zum 3:2 für den HSV, anschließend erhielt das Walter-Team in der fünften Minute der Nachspielzeit einen von Sonny Kittel herausgeholten Elfmeter. Kinsombi versenkte den Ball sehenswert unter die Latte. Der Rest war Jubel pur.
Schema:
- Jahn Regensburg: Meyer - Saller, Breitkreuz, Kennedy, Wekesser - Gimber (70. Yildirim), Besuschkow - Beste, Bukhalfa, Shipnoski (70.Guwara) - Albers.
- HSV: Heuer Fernandes - Heyer, Vuskovic, Schonlau, Muheim - Meffert (80. David) - Reis (55. Kittel), Suhonen (67. Kinsombi) - Jatta (80. Vagnoman), Glatzel, Kaufmann (67. Alidou)..
- Tore: 0:1 Muheim (24.), 1:1 Boukhalfa (46.), 1:2 Suhonen (66.), 2:2 Albers (89. Foulelfmeter), 2:3 Vagnoman (90.), 2:4 Kinsombi (90.+6, Foulelfmeter).
- Gelbe Karten: Besuschkow (3), Gimber (11), Saller (8), Beste (6), Wekesser (6), Albers (2) - Meffert (6), Heyer (6)
- Schiedsrichter: Timo Gerach (Lindau).
- Videoschiedsrichter: Michael Bacher (Amerang-Kirchensur).
- Torschüsse: 19:17
- Ecken: 4:4
- Ballbesitz: 44:56 %
- Zweikämpfe: 99:128