Hamburg. Holstein Kiels Jonas Meffert soll der Sechser im System Walter werden. Mit Hamburg verbindet der 26-Jährige besondere Erinnerungen.
Der entscheidende Moment am Abend des 1. Juni 2015 wird Jonas Meffert noch lange verfolgen. Dem Mittelfeldspieler des Karlsruher SC fehlen nur zwei Minuten bis zur Bundesliga, als in der 90. Minute ein Schuss des damaligen HSV-Verteidigers Slobodan Rajkovic in seine Richtung fliegt. Meffert dreht sich zur Seite, versucht die Hände noch wegzuziehen, bekommt den Ball dann aber an den Oberarm. Schiedsrichter Manuel Gräfe pfeift und Marcelo Díaz trifft. Ein Freistoß aus 18 Metern. Tomorrow, my friend. Das Ende der Geschichte ist bekannt. Der HSV rettete sich im Relegationsrückspiel im Karlsruher Wildpark in die Verlängerung, gewann mit 2:1 und blieb in der Bundesliga.
„Der Freistoß hat mich noch lange beschäftigt. Ich habe mich irgendwie schuldig gefühlt, auch wenn die Entscheidung falsch war“, sagte Meffert dreieinhalb Jahre später in einem Interview mit dem Abendblatt vor dem Spiel Kiel gegen den HSV. Weitere zweieinhalb Jahre später wird der 26-Jährige in wenigen Tagen sein nächstes Interview geben – für den HSV.
HSV: Meffert kurz vor Wechsel von Kiel nach Hamburg
Meffert steht kurz vor einem Wechsel von Kiel nach Hamburg. Vor einer Woche berichtete das Abendblatt vom Interesse des HSV am Sechser der Störche. Am Freitag vermeldete zunächst die „Bild“ den bevorstehenden Transfer. Meffert steht in Kiel noch bis 2022 unter Vertrag. Er soll rund 500.000 Euro Ablöse kosten. Noch steht der Medizincheck aus, doch schon am kommenden Freitag (18. Juni) soll Meffert dabei sein, wenn der HSV mit seinem neuen Chefcoach Tim Walter das erste Mal auf dem Platz trainiert.
Walter bekommt damit einen Wunschspieler, mit dem er in der Saison 2018/19 selbst bei Holstein Kiel erfolgreich zusammengearbeitet hatte. Meffert kam damals ablösefrei vom SC Freiburg. Gleich in seinem ersten Spiel für die Schleswig-Holsteiner sorgte er dafür, dass Walter mit Holstein Kiel einen Traumstart erwischte und die Zweite Liga für den HSV mit einem Albtraum begann.
Meffert soll Schlüsselspieler beim HSV werden
Es war das erste Spiel nach dem Abstieg, als die Hamburger im ausverkauften Volksparkstadion im Eröffnungsspiel der Zweiten Liga auf Kiel trafen. Die Störche hatten sich nach dem verpassten Bundesligaaufstieg in der Relegation gegen Wolfsburg neu formiert. Und gingen dank Mefferts Traumtor kurz nach der Halbzeit mit 1:0 in Führung. Der künftige Hamburger wackelte seinen künftigen Mitspieler David Bates aus und traf aus 16 Metern in den Winkel. Am Ende stand es 3:0 für Kiel.
Nun soll Meffert einer der Schlüsselspieler unter Walter beim HSV werden. Das anspruchsvolle Spielsystem des Fußballlehrers kennt der frühere Karlsruher aus der gemeinsamen Kiel-Zeit. Aber auch beim KSC liefen sich die beiden zwischen 2014 und 2015 über den Weg, als Walter noch die A-Jugend der Karlsruher trainierte und Meffert als junges Talent aus Leverkusen zu den KSC-Profis kam und unter Trainer Markus Kauczinski in der Zweitligamannschaft direkt um den Aufstieg mitspielte.
„Wir haben etwas in ihm gesehen“
„Wir haben etwas in ihm gesehen“, sagte Kauczinski am Freitag im Gespräch mit dem Abendblatt. „Jonas ist ein Sechser, der immer den Ball haben will und Lösungen hat. Er ist sehr versiert im Spielaufbau, hat eine gute Positionierung und ist sehr präsent“, so Kauczinski über die Stärken seines Ex-Spielers. Meffert, der in der Jugend verschiedene DFB-Auswahlmannschaften durchlief, sei eher ein spielender Sechser und weniger der körperliche, schnelle Spielertyp.
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Damit passt Meffert in die Philosophie von Tim Walter. Kauczinski, der mit Walter seit ihrer Zeit im KSC-Nachwuchs befreundet ist, wurde im Abendblatt-Podcast vor zwei Wochen von Meffert mit einer Sprachnachricht überrascht. Meffert erinnerte ihn daran, wie er als junger Spieler zusammen mit Philipp Max nach einem Pokalspiel in Neubrandenburg den Zug zurück nach Karlsruhe verpasste. Böse sein konnte Kauczinski seinem jungen Spieler aber nicht.
Ex-Trainer Kauczinski lobt Mefferts Charakter
„Jonas hat einen tollen Charakter. Er ist ein aufrichtiger, ganz feiner Junge“, sagte Kauczinski, der Meffert erst kürzlich eine tröstende Nachricht schickte nach der verlorenen Relegation mit Kiel gegen Köln. Und natürlich erinnern sich die beiden oft an die Relegation 2015 gegen den HSV. „Ich habe auf meinem Handy noch Fotos von damals, wie wir weinend auf dem Boden liegen und ich meinen Kumpel Philipp Max im Arm halte. Ich schaue mir die Bilder immer mal wieder an, um mich zu motivieren“, sagte Meffert 2018 im Abendblatt.
Vor zwei Wochen wiederholte sich das Schicksal, wenn auch auf etwas weniger dramatische Art und Weise. Für Meffert war es trotzdem doppelt bitter: Er verlor ausgerechnet gegen seine Heimatstadt Köln, in der er 1994 geboren wurde. Nun sollen Hamburg und der HSV seine neue Heimat werden. Für Meffert schließt sich damit ein Kreis.