Hamburg. Der Sieg in Balingen trotz schlechter Leistung zeigt die neuen Stärken des Aufsteigers. Jansen will dennoch „sehr, sehr viel lernen“.

Als Busfahrer Mirko Großer am Freitagmorgen um kurz vor 7 Uhr an der Barclays Arena im Volkspark vorfuhr, hatten es die Spieler des HSV Hamburg (HSVH) endlich geschafft. Mehr als 740 Kilometer, zehn Stunden quer durch Deutschland und ein 28:23-Auswärtssieg bei der HBW Balingen-Weilstetten lagen da hinter Hamburgs Bundesligahandballern.

Trainer Torsten Jansen gewährte seiner Mannschaft ein freies Wochenende, an dem der Aufsteiger nicht von Platz vier verdrängt werden kann. Ganz entspannt dürfen sich die Spieler also auch das Bundesliga-Topspiel zwischen dem THW Kiel und dem SC Magdeburg am Sonntag (14 Uhr/Sky) ansehen. Ihre eigene Arbeit haben sie schon erledigt.

HSVH: Weller und Jansen ärgert 2. Hälfte

Es war kein gutes Spiel, das der Aufsteiger beim Abstiegskandidaten abgeliefert hatte. „Wir hatten zwei schlechte Phasen. Kurz nach der Halbzeit rettet Jogi Bitter uns den Arsch. In der Schlussphase werfen wir dann fast einen Sechstorevorsprung weg“, resümierte Kapitän Niklas Weller, am Ende mit zehn Toren bester HSVH-Werfer.

Auch Coach Jansen war über die Phase in der zweiten Halbzeit verärgert. „Wir haben es die ganze Zeit im Griff. Ab der 45. Minute fühlen wir uns dann zu sicher, versuchen irgendwelche Traumsachen und werden dafür prompt bestraft. Daraus müssen wir sehr, sehr viel lernen. Gerade auswärts bei so einer kampfstarken Mannschaft. Zum Glück haben wir es noch mal umgebogen“, sagte Jansen.

HSVH bedankt sich bei Bitter und Mortensen

Verantwortlich waren dafür die beiden Stars der Mannschaft. Zum einen Torwart Johannes Bitter, der mit 15 Paraden und einer Quote von mehr als 39 Prozent gehaltener Bälle in der entscheidenden Phase zur Stelle war.

Und zum anderen Casper Mortensen, der in den Schlussminuten Verantwortung übernahm, in einem Moment des Wahnsinns aus dem zentralen Rückraum einen Hüftwurf humorlos ins Netz feuerte – als Linksaußen, wohlgemerkt.

„Am Ende war es Casper, der kranke Dinge gemacht hat, die auch schiefgehen können. Gott sei Dank hat es funktioniert“, sagte der erleichterte Philipp Bauer. Auch Kreisläufer Manuel Späth wollte gar nicht darüber nachdenken, „was passiert wäre, wenn der Wurf nicht reingeht“.

HSVH und das Pfund der Individualisten

Bitter und Mortensen belegen, dass der HSVH kein normaler Aufsteiger ist. Denn zusätzlich zur mannschaftlichen Geschlossenheit sind auch immer wieder einzelne Spieler dazu in der Lage, Spiele zu entscheiden.

„Viele von uns sind starke Eins-gegen-eins-Spieler, sodass wir aus jeder Situation etwas kreieren können. Ich merke auch im Training, dass es nervt, gegen uns zu spielen“, sagte Weller, mit 48 Saisontoren auf Platz zwei der Bundesliga-Torschützenliste: „Wir haben wieder zurück ins Spiel gefunden. Das ist auch eine Qualität.“

Eine Qualität, die dem HSVH einen Platz im sicheren Mittelfeld bescheren dürfte. Dass Platz vier auch wegen der ausstehenden Spiele der Konkurrenten nicht zu halten sein wird, ist kein Geheimnis. „Das Geheimnis ist, einfach immer weiterzuarbeiten“, sagte Weller, ehe er treffend feststellte: „Es ist nicht so einfach gegen uns momentan.“