Hamburg. Präsident Evermann und Trainer Jansen sprechen über den Klassenerhalt, die zurückliegende Saison und die Zukunft der Bundesligisten.

Den Weg in die Abendblatt-Redaktion am Großen Burstah absolvierten Torsten Jansen und Marc Evermann gemeinsam. Dass Trainer und Präsident des HSV Hamburg (HSVH) zusammen im Auto saßen, liegt angesichts der räumlichen Nähe, beide wohnen im Hamburger Norden, einerseits nahe. Andererseits ist es auch ein weiterer Beweis der Geschlossenheit beim Handball-Bundesligisten, der die Saison als Aufsteiger am vergangenen Wochenende auf Rang 14 beendete.

„Wir haben im sportlichen Bereich als junge Mannschaft eine überragende Leistung abgeliefert“, sagt Präsident Evermann, als er gemeinsam mit Jansen im Abendblatt-Podcast „Auszeit HSVH“ zu Gast ist. Auch der Trainer ist zufrieden mit dem Abschneiden, während Mitaufsteiger TuS N-Lübbecke wieder absteigen musste, konnte seine Mannschaft den Klassenerhalt bereits fünf Spieltage vor Schluss perfekt machen. Dass es danach allerdings vier Niederlagen aus fünf Partien gab, ärgert ihn.

HSVH: Wirtschaftlicher Saisonabschluss im Minus

„Es geht nicht nur darum, das Ziel zu erreichen. Wenn man das Ziel erreicht hat, muss man weitermachen wollen“, sagt Jansen und räumt ein: „Das ist uns nicht so leichtgefallen und ein Punkt, bei dem ich mich auch selbst kritisieren muss. Vielleicht habe ich da einige Dinge falsch angepackt.“ Auch manche Auftritte vor den eigenen Fans – in der Heimtabelle landete der HSVH nur auf Platz 15 (auswärts auf Rang zwölf) – störten den 45-Jährigen. „Ich hätte mir schon gewünscht, dass wir unsere Leistung auch häufiger zu Hause gezeigt hätten“, sagt Jansen. „Wir haben unsere Leistung nie konstant über einen längeren Zeitpunkt gebracht.“

Nachdem sich Evermann im Winter noch einen wirtschaftlichen Saisonabschluss mit einer schwarzen Null erhofft hatte, beendete der HSVH die Saison mit einem niedrigen sechsstelligen Minus. „Das war angesichts der Corona-Pandemie das bestmögliche Ziel, das wir hätten erreichen können – obwohl ich es mir für die erste Bundesligasaison natürlich anders gewünscht hätte“, sagt der Präsident. In der Zuschauertabelle der Bundesliga rangiert der Aufsteiger mit durchschnittlich 3718 und insgesamt 63.084 Besuchern auf einem guten fünften Platz

Evermann setzt auf verstärktes Marketing

Dennoch, stellt Evermann klar, müsse man in der Stadt weiter an Bekanntheit gewinnen. „Wir müssen versuchen, mithilfe der Medien und eigener Werbemaßnahmen unsere Reichweite zu erhöhen. Auch Sponsoren und Förderer tragen unser Thema weiter“, sagt Evermann, der sich auch verstärkte Marketingmaßnahmen der Stadt erhofft. Um den geplanten Etat von knapp 5,5 Millionen Euro nach der kommenden Saison weiter zu erhöhen, brauche der Club zusätzliche Einnahmen durch Zuschauer und Sponsoren. „Es muss unser Ziel sein, zwischen 200 und 300 Sponsoren zu haben. Wir wollen aber keine Einzelabhängigkeiten mehr“, sagt Evermann. Zurzeit hat der Verein rund 150 Unternehmen an seiner Seite.

Damit der HSVH für Fans und Sponsoren interessant bleibt, ist der sportliche Fortschritt unabdingbar. Jansen warnt jedoch davor, eine fast durchgehend posi­tive Entwicklung, wie sie der Verein seit dem Neustart 2016 in der Dritten Liga erlebt, zu erwarten. „Es ist schwer, diese Aufstiegseuphorie jetzt noch weiterzutragen. Wir machen jetzt noch kleinere Schritte, die dauern. Man kann nicht erwarten, dass man jedes Jahr in der Tabelle weiter nach oben kraxelt“, sagt der Weltmeister von 2007. „Man sollte immer auch mit Rückschritten rechnen.“

HSVH: Kleinerer Kader aufgrund der Finanzen

Wenn der Trainer seine Mannschaft am 21. Juli zum Vorbereitungsstart versammelt, werden abgesehen von Torwart Jens Vortmann (Achillessehnenriss) sechs bekannte Gesichter fehlen, der Kader musste finanziell bedingt verkleinert werden.

„So einen großen Kader können wir über einen längeren Zeitraum nicht durchhalten. Wir mussten Entscheidungen treffen, die insbesondere mir wenig Spaß gemacht haben, für die Zukunft des Vereins aber getroffen werden mussten“, sagt Jansen, der abgesehen von den dänischen Neuzugängen Jacob Lassen (26/Rückraum) und Andreas Magaard (23/Kreis) sowie dem Niederländer Dani Baijens (23/Rückraum) auch Eigengewächs Max Niemann (18/Rückraum) im Training aufnehmen wird. „Max hat sich über seine Leistung und bescheidene Art in den Vordergrund gespielt. Er hat gezeigt, dass er mithalten kann und ein Wahnsinnspotenzial hat.“

Grundsätzlich soll genau dieser Weg – die Förderung eigener Nachwuchsspieler gepaart mit den Verpflichtungen externer Profis – nicht verlassen werden. „Es ist immer eine Frage der Gewichtung. Wir brauchen immer Qualität, wollen unsere Nachwuchsspieler aber weiter fördern. Mit Leif Tissier und Dominik Axmann haben wir Spieler aus der eigenen Jugend im Profikader, deren Entwicklung noch längst nicht am Ende ist“, weiß der Trainer.

Auch Präsident Evermann ist überzeugt, dass der Verein weiter auf den Nachwuchs setzen muss. Der erste Schritt dafür ist mit dem Aufstieg der U 21 in die Oberliga Hamburg/Schleswig-Holstein bereits gemacht. „Ich glaube nicht, dass unsere Reichweite und Popularität vom Engagement irgendwelcher Superstars abhängt. Das ist auch nicht das Wesen unseres Vereins“, sagt Evermann. Dass die Schritte der sportlichen Entwicklung auf diesem Weg eher klein sein dürften, ist ihm bewusst. „Dass die Kurve flacher wird, ist völlig logisch. Ich glaube dennoch nicht, dass die Entwicklung stagnieren wird“, sagt er.

Nach rund einer Stunde verabschieden sich Trainer und Präsident, das Auto lenkt Jansen aus der Tiefgarage heraus – im Gegensatz zum HSVH: Dort sitzen beide auch künftig gemeinsam am Steuer.