Hamburg. Hamburger Zweitligahandballer gewinnen nach schwacher erster Halbzeit knapp gegen Rimpar. Aber Sportchef Schwalb schimpft.

Ein Handballspiel dauert 60 Minuten, doch entscheidend sind oft die letzten 60 Sekunden. 26:26 steht es seit Beginn der 59. Minute nach dem siebten verwandelten Siebenmeter des Hamburger Kapitäns Lukas Ossenkopp gegen die Rimpar Wölfe aus Unterfranken, als HSVH-Torhüter Aron Edvardsson 36 Sekunden vor Schluss seinen zweiten Siebenmeter pariert, kurz danach einen Wurf des Rechtsaußen Max Bauer an die Latte lenkt und sich HSVH-Spielmacher Leif Tissier im letzten Angriff auf der Gegenseite am Kreis durchtankt, aus sechs Metern das 27:26 erzielt, die erste und einzige Führung der Hamburger in diesem Spiel, in dem das Team schon 5:11 (21. Minute) und zur Halbzeit mit 10:14 im Rückstand lag.

Zwei Sekunden vor der Schlusssirene kommt Tissiers Treffer gerade rechtzeitig, um 2829 ohnehin begeisterte Zuschauer in der Sporthalle Hamburg auch noch in Ekstase zu versetzen. Die Mannschaft tanzt und hüpft nach ihrem vierten Saisonsieg, dem dritten Erfolg im fünften Heimspiel, auf dem Spielfeld im Kreis, von den Tribünen gibt es minutenlang stehende Ovationen. „Ich bin überwältigt. So ein Sieg ist einfach geil“, jubelt Rückraumschütze Dominik Axmann. Und Tissier sagt: „Ich wusste, dass ich ihn reinmache.“

Schwalb beklagt „Strandhandball“

Martin Schwalb, der Sportchef des HSV Hamburg, macht derweil im oberen Umlauf der Sporthalle böse Miene zum guten Ende. „Was wir in der ersten Halbzeit geboten haben, war Standhandball. Da fehlte es an Bewegung, an jeglicher Dynamik. In dieser Verfassung hätten wir in der Zweiten Bundesliga nichts zu suchen. Darüber wird noch zu reden sein“, schimpft er. Die zweiten 30 Minuten versöhnen aber auch ihn: „Da haben wir gezeigt, was wir alles erreichen können, wenn wir Tempo ins Spiel bringen, entschlossen in die Zweikämpfe gehen und im Angriff zielstrebig den Torabschluss suchen.“ Sein Fazit nach fast einem Viertel der ersten Zweitligasaison für den HSV Hamburg lautet daher: „Wir müssen immer an unsere Leistungsgrenze gehen, um mithalten zu können. Bisher ist uns das gut gelungen.“

Dass ein, zwei Verstärkungen die Wahrscheinlichkeit, das Ziel Klassenerhalt zu erreichen, erhöhen könnten, schließt Schwalb nicht aus: „Wir sehen uns auf dem Markt um, sind aber finanziell nicht auf Rosen gebettet. Wir haben nur einen Schuss, der muss sitzen.“

Mit Linkshänder Jan Forstbauer (Oberschenkelzerrung) fiel gegen Rimpar nach 15 Minuten wieder ein wichtiger Rückraumspieler aus. Der Rückraumlinke Finn Wullenweber überzeugte dagegen in seinem ersten Heimspiel nach längerer Verletzungspause mit vier wuchtigen Treffern. Seine Durch­schlagskraft braucht das Team.

Edvardsson hält 30 Minuten fast nichts

Der Kritik Schwalbs stimmt die Mannschaft später einstimmig zu. „Es sah nicht gut aus für uns nach der ersten Halbzeit. Wir waren zu lethargisch, haben zu viele Chancen vergeben“, sagt Spielmacher Philipp Bauer. „In der Pause hat Trainer Toto Jansen von uns mehr Mut, Leidenschaft und Herz gefordert. Das ist uns gelungen.“

Auch weil Torhüter Edvardsson die ersten Bälle pariert. Es dauert bis zur 33. Minute, als der Isländer einen Wurf aus dem Feld abwehrt, in der ersten Hälfte hält er bis auf einen Siebenmeter nach 70 Sekunden nichts. „Wir haben uns in der Abwehr schlecht bewegt, der Gegner ist immer wieder zu Würfen aus kurzer Distanz gekommen. Das haben wir in der zweiten Hälfte wesentlich besser gemacht“, sagt er.

Dass Trainer Jansen Edvardsson bis auf eine kurze Phase Mitte der zweiten Halbzeit im Tor lässt, Junioren-Nationalspieler Marcel Kokoszka (19) vertritt ihn erfolglos, Justin Rundt (Knie) ist angeschlagen, versteht Schwalb: „Wenn wir in der Klasse bleiben wollen, geht das nur mit Edvardsson. Er kann den Unterschied machen. Darum haben wir ihn geholt.“ Und am Ende rechtfertigt der 29-Jährige das Vertrauen mit insgesamt sieben Paraden. Er wird einmal mehr zum Matchwinner. Dafür reichen ihm diesmal starke 60 Sekunden.

Tore HSV Hamburg: Ossenkopp 10 (7 Siebenmeter), Bauer 5, Wullenweber 4, Tissier 3, Axmann 2, Weller 1, Rix 1, Forstbauer 1.