Hamburg. Ex-Kapitän Pascal Hens ist für den Neuaufbau der HSV-Handballer nicht vorgesehen. Der Club setzt vielmehr auf junge Talente.

Als Pascal Hens am Montagmittag wieder in Hamburg-Fuhlsbüttel landete, er hatte am Vorabend in München beim Pay-TV-Sender Sky 90 Minuten lang über Fußball diskutiert, freute er sich auf einen entspannten Nachmittag mit seiner Familie. Die Nachricht aber, dass der langjährige Kapitän der HSV-Handballer beim Nachfolgeprojekt in der Dritten Liga Nord keine Rolle mehr spielen soll, verhagelte ihm dann doch die gute Laune. „Ich fühle mich gut, bin gesund, würde gern noch ein paar Jahre Handball spielen. Ich hätte sehr gern beim Neuaufbau mitgeholfen“, sagte Hens.

Daraus wird wohl nichts. Marc Evermann, der neue Präsident des HSV Hamburg e. V., hatte sich in der „Bild“-Zeitung gegen eine Rückkehr von Hens und Torhüter Johannes Bitter (jetzt TVB Stuttgart) positioniert, und Sportchef Martin Schwalb stellte gegenüber dem Abendblatt klar: „Wir verfolgen ein anderes Konzept. Wir wollen eine junge, dynamische Mannschaft aufbauen mit Spielern, die eine sportliche Perspektive haben, die sich bei uns weiterentwickeln wollen und Lust auf dieses Projekt haben.“ Ehemalige Spitzenprofis, die vor ihren letzten Karrierejahren stehen, passten da eigentlich nicht rein. Ein Pascal Hens und ein Jogi Bitter seien natürlich im Verein herzlich willkommen, „aber auf dem Feld brauchen wir sie nicht“.

Schwalb: „Das ist keine Entscheidung gegen zwei hochverdiente HSV-Spieler, das ist eine Entscheidung für einen anderen Weg. Wir müssen sehen, wo wir herkommen. Im Januar wurden uns noch Strom und Telefone abgestellt. Da sind hochtrabende Pläne fehl am Platze. Wir wollen glaubwürdig sein, nachhaltig arbeiten. Bei uns steht nicht der kurzfristige Erfolg im Fokus, wir wollen etwas aufbauen, wollen, dass es diesen HSV Hamburg auch noch in 15, 20 Jahren gibt.“ Dafür würden in den nächsten Wochen die Weichen gestellt. Dass der Verein irgendwann wieder in der Bundesliga werfen möchte, stünde dem nicht entgegen. „Das bleibt unser großes Ziel. Wir stehen für Leistungssport, wir wollen, den Kindern und Jugendlichen, die zu uns kommen, die Spaß am Handball haben, genau diese Orientierung bieten. Wir wollen ein Leuchtturm werden. Aber es gibt keinen Masterplan, keinen Zeitdruck. Wir müssen nicht hoppla hopp aufsteigen“, sagt Schwalb. Darüber sei man sich in Gesprächen mit Sponsoren und Partnern immer einig gewesen.

Nach dem Lizenzentzug des HSV und der Insolvenz der Spielbetriebsgesellschaft hatte Hens im Januar beim dänischen Erstligaclub HC Midtjylland einen neuen Arbeitgeber gefunden. Mit dem Team gewann er überraschend den dänischen Pokal, in der vergangenen Woche rettete sich die Mannschaft – auch dank vier Toren von Hens – im Duell mit dem HC Odder vor dem Abstieg. Damit war seine Mission in Dänemark erfolgreich beendet, in Hamburg, glaubte er, warte nun eine neue Herausforderung auf ihn. Mit Schwalb hatte er sich fürs kommende Wochenende beim Final Four, der deutschen Pokalendrunde, in der Barclaycard-Arena verabredet. Jetzt scheint es nichts mehr zu besprechen zu geben.

Die Personalie Hens, seit 2003 Profi beim HSV, war im neuen Präsidium kontrovers diskutiert worden. Der Weltmeister (2007), deutsche Meister (2011) und Champions-League-Sieger (2013) sei nach wie vor ein Magnet für Sponsoren, Zuschauer, für jugendliche Handballfans. Gegen ihn spreche die nötige Bezahlung, in welcher Höhe auch immer. Hens war im alten HSV einer der Topverdiener. Selbst wenn der Saisonetat, angestrebt werden eine Million Euro, sein dann weit geringeres Gehalt hergebe, die Diskrepanz zum Rest der Mannschaft sei dennoch groß und könnte zu Verspannungen führen.

Hens, der in dieser Saison wieder hervorragende Leistungen auf dem Parkett zeigte, irritieren dieser Art Aussagen: „Mit mir hat niemand gesprochen, ich habe keine finanziellen Forderungen gestellt, ich fühle mich dem HSV nach wie vor eng verbunden. Ich wollte nur helfen und will es auch weiterhin.“ Jetzt aber möchte er erst einmal mit seinem Berater Wolfgang Gütschow reden, wie und wo es mit Handballspielen weitergehen könnte.

In den sozialen Netzwerken gefiel vielen der Gedanke einer möglichen Rückkehr des beliebten Kapitäns, nur wenige lehnten die Idee ab. Auch HSV-Aufsichtsrat Torsten Lucht, der ehemalige Fanbetreuer und Organisator, gehörte zu den Befürwortern: „Die Mischung macht’s“, schrieb er bei Facebook. „Alte Säcke können jungen Wilden schon helfen. Aber das muss alles auf gesunden Beinen stehen.“

Die Planungen für die nächste Saison sehen offenbar anders aus. Sieben Spieler aus der U23, die als Meister der Oberliga Hamburg/Schleswig-Holstein den Aufstieg in Dritte Liga Nord schaffte, wurden bereits verabschiedet. Der Stamm der Mannschaft soll jetzt auch eine Klasse höher angreifen, ergänzt mit Talenten aus der erfolgreichen A-Jugend, die sich in der Bundesliga Nord behauptete. Zudem sollen drei bis vier neue Spieler mit Zweit- oder Drittligaerfahrung geholt werden, möglichst aus dem norddeutschen Raum. Trainer bleibt Jens Häusler, Co-Trainer wird Ex-Profi Torsten Jansen. Trainingsauftakt ist der 23. Juli. Die Saison startet am ersten September-Wochenende. Hens hatte den Termin schon notiert.