Hamburg. Der Spieler will beim HSV als erstes Eigengewächs den Durchbruch schaffen. Im Spiel beim Bergischen HC steht er wieder im Kader.
Der kleine Felix Mehrkens aus Lauenburg an der Elbe stand einst selbst im Fanblock der HSV-Handballer. Er bewunderte vor allem einen: Guillaume „Gino“ Gille. Der legendäre französische Spielmacher des HSV gab ihm ein Autogramm mit Widmung und wurde sein Vorbild. „Wie er das Spiel in den Händen hatte und es geleitet hat, ist für mich außergewöhnlich. Ich hätte sehr gern mit ihm zusammengespielt“, sagt Mehrkens, 21.
Zum Zusammenspiel mit Gille, 39, wird es nach dessen Karriereende 2014 nicht mehr kommen. Aber: Am Sonntag lief der Youngster zum ersten Mal auf der Position seines Idols für die HSV-Profis auf. Nachdem Michael Biegler ihn vom Linksaußen auf die Mitte umgeschult hat, nominierte der neue Trainer ihn gegen den TuS N-Lübbecke (34:29) überhaupt erstmals in dieser Saison für den Bundesligakader. In den letzten 30 Sekunden durfte er dann aufs Feld. Mehrkens holte mit einem kreativen Kreisanspiel auf Ilija Brozovic einen Siebenmeter heraus, den er als Schlusspunkt selbst verwandelte. „Ich war etwas aufgeregt, ich dachte: Oha, okay!, und die Fans wurden immer lauter.“
Das Video des Wurfs postete der Lauenburger SV auf Facebook. Als Achtjähriger fing der gebürtige Lüneburger beim LSV mit Handball an. 2008 hatte das Fankind Felix dann im Vereinsmagazin „Time Out“ einen Termin für ein Sichtungscamp mit dem langjährigen Jugendkoordinator Gunnar Sadewater und HSV-Nachwuchstrainer Rosario Cassara entdeckt – und wurde selbst entdeckt. Mit 14 zog er von zu Hause aus, wechselte aufs Internat der Eliteschule des Sports in Dulsberg.
Eigentlich spielte er seine komplette Jugend als Mittelmann. Aber in der Vorsaison in der U23 und per Zweitspielrecht bei Zweitligist Henstedt-Ulzburg überzeugte er als Linksaußen. Als solcher kam er Ende Mai in Lemgo (26:45) zu seinem Bundesligadebüt für den HSV. Und als solcher unterschrieb er auch seinen ersten (Einjahres-)Profivertrag. Mit dieser Chance für den Nachwuchsmann wurde die Nicht-Verlängerung des Vertrags von HSV-Urgestein Torsten Jansen (inzwischen THW Kiel) mitbegründet. Nach der Verpflichtung des Weltklasse-Linksaußen Casper Mortensen schien die Chance für Mehrkens gleich wieder dahin. „Ich fand das aber positiv, dass ich von zwei so Topleuten wie Casper und Kevin Schmidt lernen kann“, sagt Mehrkens.
Trainer Michael Biegler schulte ihn vom Linksaußen zum Mittelmann um
Und dann heckte Biegler einen anderen Plan für ihn aus und schulte ihn wieder um: „Meine Vision für Felix ist, dass er mit seiner Schnelligkeit, Dynamik und Spielübersicht auf der Mitte so hoch wie möglich kommen kann“, sagt der 54-Jährige. Im Hinterkopf hatte er aber wohl auch, dass beim HSV hinter Allan Damgaard und Alexander Feld in der Rückraummitte eher Bedarf ist.
Nach Felds Kreuzbandzerrung könnte Mehrkens schon in den nächsten vier Wochen – vielleicht schon am Sonnabend im Gastspiel beim Bergischen HC (19 Uhr) – eine kleine Entlastung für Damgaard sein. Mehrkens sagt total unforsch: „Wenn das Team mich braucht, bin ich da, aber ich hoffe, dass Alex so schnell wie möglich zurückkommt.“ Abzuwarten bleibt, ob das Leichtgewicht (1,83 Meter/83 Kilo) den Körper eines Spielmachers hat. „Aus mir wird kein Rückraum-Shooter wie Pascal Hens, aber ich versuche, meine Stärken ins Spiel zu bringen. Ich mag es, meine Nebenleute in Szene zu setzen und die Übersicht über alles zu haben.“
Mehrkens lebt mit seiner Freundin Chiara zusammen. Ganz bodenständig wartet er auf seinen Studienplatz für Lehramt (Sport und Geschichte). Als Hobby coacht er seit mehreren Jahren die C-Jugend. Das Team, wo er einst selbst beim HSV begann.