Hamburg. Der neue HSV-Handballtrainer Michael Biegler spricht im Interview über den Fehlstart und das Leben in einer Medienstadt.

Michael Biegler, 54, verantwortet den großen Umbruch beim HSV Handball. Keine einfache Aufgabe für den polnischen Nationaltrainer. Das Team mit zehn Neuzugängen scheiterte im Pokal an Zweitligist Nordhorn-Lingen und verlor zum Bundesligastart am Sonntag bei Aufsteiger SC DHfK Leipzig (27:31). Biegler setzt nun auf einen Sieg im ersten Heimspiel gegen Lemgo am Freitag (19.45 Uhr).

Herr Biegler, man muss von einem Fehlstart Ihres neu formierten HSV sprechen.

Michael Biegler: Ja klar! Damit sind wir überhaupt nicht glücklich, ich rede das Ganze nicht schön, meine Äußerungen waren ja wohl sehr deutlich. Wir benötigen dringend zügig ein Erfolgserlebnis, um in die Saison reinzukommen.

Wie erklären Sie sich den Stotterstart?

Biegler: Das ist schwierig. Wir haben eine neue Mannschaft, viele Dinge sind neu, anscheinend greifen die noch nicht so ineinander, wie wir uns das vorgestellt haben. Ich lasse an einer Sache überhaupt nicht rütteln: Es ist keine Frage des Wollens! Die Trainingsleistungen sind mehr als zufriedenstellend. Aber wir haben im Moment eine Diskrepanz zwischen dem, was wir als Trainingsleistung abrufen, und dem, was wir im Spiel auf die Platte bringen.

Ist die ohnehin schwere Aufgabe noch schwerer, als Sie sich die vorgestellt haben? Zumal in diesem HSV-Umfeld.

Biegler: Ich weiß nicht, wo hier das Umfeld schwer ist. Das nehme ich nicht wahr. Der größte Kritiker von mir bin ich selber. Die Situation könnte angenehmer sein. Es ist aber nicht so, dass ich jetzt nicht weiß, was zu tun ist. Letztlich weiß ich genau, dass ich im Sinne des HSV Handball und der Neuumformung erfolgreich sein muss. Ich habe die Verantwortung für die Nordhorn-Niederlage übernommen, genauso wie in Leipzig, ich stelle mich vor meine Jungs. Die Mannschaft braucht Zeit. Ich bitte darum, dass sie die bekommt. Mit mir kann man ungeduldiger sein, damit habe ich kein Problem.

Wohl kein Handball-Bundesligist wird von so vielen Zeitungen unter die Lupe genommen wie der HSV. Erschreckt Sie die Medienstadt Hamburg?

Biegler: Och, Sie können mich gern mal begleiten, wenn ich große Pressekonferenzen in Polen habe. Das ist nur ein prozentualer Anteil hier in Hamburg.

Sie nennen kein Saisonziel, wieso nicht?

Biegler: Es ergibt wenig Sinn. Man tut dieser Mannschaft keinen Gefallen, wenn man jetzt wieder irgendetwas proklamiert. Die Mannschaft hat sich intern zusammengesetzt, sie will besser abschneiden als im letzten Jahr (Platz neun), und sie möchte sich aktiv beteiligen an der Neuformierung. Es ist ein ganz neues Profil: Die Jungs werden mehr über die Gemeinschaft kommen müssen. Die Zeiten, in denen der HSV große Individualisten nebeneinandergestellt hat, sind vorbei – als man gucken konnte, ob Herr Hens acht Tore macht oder Domagoj Duvnjak oder wer da sonst noch so rumturnte.

Beim Heide-Cup haperte es noch an der Chancenverwertung, in Leipzig gab es mehrere Problemzonen. Wo sehen Sie momentan die Baustellen Ihres Teams?

Biegler: Wir haben wechselnde Baustellen. Die Problemstellung ist die, dass wir einen Tag hier ’ne Baustelle haben, und drei Tage später haben wir sie woanders. In der Vorbereitung war die Deckung bisher das, was wir am stabilsten hinbekommen haben. 31 Gegentore in Leipzig zeugen aber nicht davon, dass das dort unser Prunkstück war.

Der TBV Lemgo steckt wie der HSV im Umbruch. Kommen die Ostwestfalen als Gegner zur rechten Zeit?

Biegler: Wir treffen auf ein Team, das ein gleiches Profil mitbringt, das ist richtig. Die haben auch viele Neuzugänge, die müssen sich auch finden. Aber ich bin momentan so was von fokussiert auf meine eigene Mannschaft. Wir haben das Glück, ein Heimspiel zu haben. Und wir müssen gewinnen. Da beißt die Maus keinen Faden ab.