Sölden. HSV-Handballtrainer will seinen 35 Jahre alten Kapitän Pascal Hens in dessen wohl letzter Saison noch einmal fordern.

Der neue HSV-Handballtrainer Michael Biegler nennt seinen Kapitän im Trainingslager in Sölden bewusst „Pascal“. Nicht „Pommes“ wie alle anderen. Biegler erklärt das so: „Das hat etwas mit Respekt zu tun, dass ich nicht ‚Pommes‘ Hens zu ihm sage. Mir ist das schon zweimal rausgerutscht, und ich ärgere mich darüber.“

Der 54 Jahre alte Coach verneigt sich vor dem handballerischen Lebenswerk des Welt- und Europameisters, olympischen Silbermedaillengewinners, 199-maligen Nationalspielers, Champions-League-Siegers, deutschen Meisters et cetera. Biegler weiß, dass der 35-Jährige vor seiner 13. Saison das Gesicht des HSV Hamburg ist, und er zählt ihn sogar zu „den drei Köpfen“ des deutschen Handballs, neben Heiner Brand und Stefan Kretzschmar.

Aber, jetzt kommt das Aber: Diesen Platz in der Historie habe Hens ja schon sicher, mit den Lorbeeren hätte er schon abtreten können. Biegler: „Pascal hat es verdient, sich auch sportlich noch mal anders zu zeigen, bevor er beschließt: Ich höre auf.“ Der Trainer will den Rückraum-Altstar also noch mal sportlich kitzeln. Er will, dass Hens seine eigenen Ansprüche noch mal ganz hoch schraubt.

Und Hens, dessen Vertrag vor der Saison nach zähen Verhandlungen noch einmal um ein Jahr verlängert wurde, will die „große, neue Herausforderung“ unter Biegler annehmen. Das sieht man ihm auch an, während er sich bei Deckungsübungen in der Freizeit-Arena in Sölden reinhaut, im Beachvolleyball jugendlich umherhechtet und die Berge im Ötztal hochhastet. „Allerdings werde ich inzwischen in die Kleingruppe der Langsamsten einsortiert“, witzelt er.

Bieglers Piksen spornt ihn an. „Es freut mich, dass der Trainer versucht, alles aus mir herauszuholen. Das will ich auch. Es ist meine vielleicht letzte Saison.“ Er sagt „vielleicht“ letzte Saison. Festlegen will sich Pascal Hens nicht. „Ich will nicht sagen, das ist meine letzte Saison, und dann sagen, jetzt kommt der Rücktritt vom Rücktritt.“

Womöglich sieht es der Handballgott so vor, dass eine der schillerndsten Handballfiguren mit einem Knalleffekt die Barclaycard-Arena (ehemals O2 World) verlassen soll. Gegen Ende der Ära Martin Schwalb zu Luxuskader-Zeiten war Hens schon nur noch eine Teilzeitkraft. Aber das sollte es wohl noch nicht gewesen sein für den wurfgewaltigen 2,03-Meter-Schlaks.

Dass er es noch draufhat, zeigte der Mittdreißiger schon in der vergangenen Spielzeit, der ersten HSV-Umbruchsaison. Leider hatte der Schmerzensmann des deutschen Handballs immer wieder mit Blessuren zu kämpfen. In dieser Vorbereitung aber fühlt er sich bislang topfit. „Im Moment bin ich voller Schmerzen, jeder Muskel tut weh“, klagt er nur über den üblichen Muskelkater im Trainingslager. „Aber die Knochen sind alle heil, auch meine Sprunggelenke fühlen sich gut an.“

Auf seiner Position im linken Rückraum hat er zwei neue Partner/Konkurrenten. Für Alexandru Simicu (Saint-Raphaël) und Petar Djordjic (Flensburg-Handewitt) kamen die Neuzugänge Drasko Nenadic (Flensburg) und Tom Wetzel (Empor Rostock). Vom Begriff „Konkurrent“ will Hens aberr nichts wissen, dafür ist er zu viel Teamplayer und Kapitän.

Er hält auch ein persönliches Einsatzminutenziel für albern: „Wenn Drasko einen Supertag hat und alles trifft und als zweiter Mann Tom kommt und der auch gut trifft, meine Güte, dann spiele ich halt nicht. Dann kann ich damit leben, solange nicht ein Spieler komplett rausfällt.“ Für das 23 Jahre alte Toptalent Wetzel, bislang nur in Liga zwei aktiv, ist er sogar Pate. Biegler hat Patenschaften für alle elf Neuzugänge eingeführt. „Ich erzähle Tom zum Beispiel, wie es verkehrsmäßig so in Hamburg abläuft, damit er nirgends zu spät kommt“, erzählt Hens. Für Wetzel ist die Patenschaft eine Ehre. „Ich habe ja ‚Pommes‘ früher noch im Fernsehen gesehen.“ Er sagt „Pommes“. Michael Biegler nicht, der hat noch etwas mit „Pascal“ vor.