Hamburg. Die HSV-Handballer erleben beim 28:25-Sieg gegen Minden ein Spiegelbild ihrer wechselhaften Saison. Nun geht es nach Berlin zum EHF-Cup.

Jens Vortmann stand im Kabinengang der O2 World, in Socken, die Schuhe hatte er in der Kabine abgestreift, und versuchte, aus seinem Sport schlau zu werden. 15 Würfe der HSV-Handballer hatte der Torwart von GWD Minden abgewehrt, er hatte damit sogar den nicht nur in Zentimetern großen Johannes Bitter (14) auf der Gegenseite übertrumpft. Er hatte den gut 5000 Besuchern in der O2 World mit einer famosen Leistung gezeigt, dass er in der kommenden Saison eine echte Verstärkung für die Hamburger sein kann. „Aber wenn man verliert, ist das brotlose Kunst.“

Mit 28:25 (14:9) hatte Vortmanns künftige Mannschaft seine gegenwärtige besiegt, vielleicht sollte man besser sagen: niedergerungen in einem Spiel, dessen 60 Minuten zu einem Spiegelbild der gesamten, so wechselhaften Saison geraten waren. Konstanz bleibt für den HSV offenbar ein Fremdwort. Aber mit Kampf lässt es sich aufwiegen.

„Wir haben eine Halbzeit lang sehr konzentriert gespielt. Aber wir haben später auch gesehen, dass wir ohne diese Konzentration es gegen jede Mannschaft schwer haben“, sagte Trainer Jens Häusler. „Wir waren wieder am Rand des Tals der Tränen. Der Unterschied war, dass wir an das geglaubt haben, was wir uns vorgenommen hatten.“ Nach einer 15:9-Führung (31. Minute) schien sein Konzept binnen acht Minuten bis zum 17:17 zusammenzufallen. Am Ende waren es die Erfahrung von Bitter und Kapitän Pascal Hens, die den Unterschied ausmachte.

Volle Konzentration auf Pokal

Und so musste Mindens Trainer Frank Carstens später die „phasenweise mangelnde Einstellung“ seiner abstiegsbedrohten Mannschaft beklagen. Sie hätte wie schon beim mit 36:30 gewonnen Hinspiel erneut zum Ärgernis für den HSV werden können.

Dass der HSV jetzt wieder Europapokalplatz fünf in den Blick nehmen darf, wäre überinterpretiert. Vier Spieltage vor Schluss ist dieses Ziel wohl abzuschreiben. Der wahre Wert dieses 15. Saisonsieges wird sich vielleicht erst in gut drei Wochen bemessen lassen. Bei der Endrunde um den EHF-Cup in Berlin hat der HSV die Gelegenheit, mit nur zwei Spielen ein Pluszeichen vor die gesamte Saison zu schreiben, die ansonsten nicht zu den berühmtesten der Vereinsgeschichte gehört. „Diesem Ziel gilt jetzt unsere ganze Konzentration“, sagte Geschäftsführer Christian Fitzek. Am Donnerstagvormittag sollen die Vorbereitungsmaßnahmen im Detail besprochen werden.

Hätte der HSV alle Spiele gegen kleinere Mannschaften mit der gleichen Konzentration in Angriff genommen wie das gegen Minden – Spieler und Fans könnten sich wohl auf eine weitere Saison im Europacup freuen. Es war nicht hochklassig, aber die schiere Leidenschaft wurde von den Zuschauern mit Ovationen gewürdigt. Nun ist erst einmal Geduld gefragt: bis zum Final Four und zum nächsten Heimspiel am 24. Mai gegen Nordrivale Flensburg-Handewitt.

Tore, HSV Hamburg: Mahé 7 (4 Siebenmeter), Hens 6, Schröder 4, Schmidt 4 (3), Simicu 2, Flohr 1, Toft Hansen 1, Dominikovic 1, Pfahl 1, Jansen 1 (1); Minden: Svitlica 5, Schmidt 5 (2), Schäpsmeier 4, Freitag 2, Steinert 2, Oneto 2, Doder 2, Bilbija 2, Kozlina 1. Schiedsrichter: Behrens/Fasthoff (Düsseldorf). Zuschauer: 5165. Zeitstrafen: 1; 4. (leo)