Rückraum-Star Pascal Hens meldet sich bei den HSV-Handballern mit überragenden Leistungen zurück. Er will nur dem Team helfen.

Hamburg. Die letzten Minuten des Trainings am Freitag durfte Pascal Hens als Zuschauer genießen. Blazenko Lackovic, sein Mitstreiter im linken Rückraum der HSV-Handballer, mühte sich noch immer, Johannes Bitter im Tor dreimal hintereinander zu überwinden. Bevor das nicht geschafft ist, so hat es Trainer Per Carlén festgelegt, darf niemand duschen gehen. Lackovic also tat sich schwer, was die ohnehin gelöste Stimmung seiner Kollegen weiter beförderte.

Ob Lackovic jetzt der Mannschaft einen ausgeben müsse, wurde Hens hinterher gefragt. Der Kapitän zeigte sich nachsichtig: "Ich war ja oft genug selbst der Letzte da draußen." Diesmal war er unter den Ersten, die fertig waren, und wenngleich es nur Training war, so war es bestimmt kein Zufall. Am Mittwoch hatte Hens beim 36:28-Sieg beim TBV Lemgo getroffen, wie er wollte: zehnmal bei elf Anläufen. Vergangenen Sonnabend, als der HSV in Plock mit 30:26 gewann, war er in acht von neun Versuchen erfolgreich gewesen.

"Aus dem Rückraum trifft man nicht immer so gut", sagt Hens. Das ist natürlich eine grobe Untertreibung. Genau genommen sind solche Erfolgsquoten auf diesem Niveau nahezu ausgeschlossen. Jedenfalls muss man tief in die Erinnerung hinabsteigen, um einem Pascal Hens in dieser Verfassung zu begegnen. Statistisch betrachtet war die Saison 2007/08 seine beste, auch wenn der HSV sie nur auf dem dritten Tabellenplatz der Bundesliga beendete. Durchschnittlich 5,1 Tore gelangen Hens damals pro Pflichtspiel. Seither ist seine Quote rückläufig, in der abgelaufenen Spielzeit betrug sie noch 3,3 Tore. Der HSV hat sie als deutscher Meister abgeschlossen.

Pascal Hens, 31, ist nicht mehr der Alleinherrscher auf der halblinken Königsposition. Lackovic, Domagoj Duvnjak und der zurzeit verletzte Michael Kraus können ihn entlasten. Wirklich ersetzen kann ihn niemand. Auch wenn Hens' Spielanteile in der Nationalmannschaft und beim HSV rückläufig sind: Nach mehr als acht Jahren in Hamburg ist der 2,03-Meter-Mann mit dem blonden Streifen auf dem Haupt, der einmal ein Irokese war, noch immer das Gesicht dieses Vereins. Aber immer öfter schienen die Gegenspieler seine Laufwege zu erahnen und die Torhüter seine Würfe. Und immer seltener suchte Hens selbst den Abschluss, sondern stattdessen lieber den freien Mitspieler.

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Am Mittwoch sah Handball wieder nach dem einfachen Spiel aus, das ihn bekannt gemacht hat: anlaufen, hochsteigen, reinhauen. "Lemgo hat defensiv gedeckt", sagt Hens, "das kam mir entgegen." Mit Volldampf in der ersten oder zweiten Angriffswelle aufs Tor zu gehen, so definiert er selbst seine Aufgabe. Auch der polnische Meister Plock, gegen den an diesem Sonntag die Champions-League-Rückrunde beginnt (15.30 Uhr, Sporthalle Hamburg/Eurosport live), hatte ihm ungewöhnlich viel Freiraum gelassen. Das Neue ist wohl, dass Hens diese Räume zu erkennen und zu nutzen weiß.

Carlén schreibt das der Trainingsarbeit gut: "Wir haben versucht, Pommes' Beinarbeit zu optimieren." Das Ziel sei gewesen, Hens auf Abstand zur Abwehr zu halten, um den Körperkontakt beim Wurf zu verhindern: "Dass er so oft weggestoßen wird, kostet unnötig Kraft und birgt obendrein ein hohes Verletzungsrisiko."

Derzeit verspürt Hens nur ein Zwicken hier und da. Die Rücken- und Fußprobleme vom Beginn der Saison sind überwunden. Wenn er einen Wunsch hätte, sagt Hens, würde er die vielen verletzten Mitspieler "selbst operieren, damit sie morgen wieder spielen können. Ich weiß ja leider, wie übel es ist, nicht dabei sein zu können". Kreisläufer Bertrand Gille und Spielmacher Kraus fallen mit ihren Muskelfaserrissen weiterhin aus, Oscar Carlén (Kreuzbandriss) sogar noch Monate. Ob Torsten Jansen am Sonntag spielen kann, entscheidet sich kurzfristig. Der Linksaußen ist im Training umgeknickt. Auch den zweiten Kreisläufer Igor Vori stellte Carlén am Freitag vom Training frei, weil Vori erste Anzeichen eines Infekts verspürte.

"Wir haben wieder ähnliche Probleme wie zu Beginn der Saison", sagt der Trainer. Der Unterschied ist, dass das Spiel seiner Mannschaft nicht darunter leidet. Die letzten 15 Pflichtspiele konnte sie gewinnen. Und jeder Sieg fiel ein bisschen überzeugender als der vorangegangene aus. "Wir haben unser Selbstvertrauen wiedergefunden", sagt Hens. Der Kapitän hat endlich wieder das Steuer übernommen.