Das “Finale Furioso“ gegen den Verfolger THW Kiel steht kurz bevor. Für Bundestrainer Heiner Brand stehen die Chancen 50:50.

Frankfurt/Main. Erster gegen Zweiter, Pokalsieger gegen Rekordmeister: Wenn Spitzenreiter HSV Hamburg am Samstag Verfolger THW Kiel (16.30 Uhr/live auf abendblatt.de) zum Meisterschafts-Showdown in der Bundesliga empfängt, geht es im Duell der Giganten auch um den möglichen Machtwechsel im deutschen Handball.

Bundestrainer Heiner Brand will sich vor dem "Finale Furioso" nicht festlegen: "Ich sehe die Chancen bei 50:50. Es wird auf viele Kleinigkeiten ankommen", sagte der Gummersbacher. Noch vor Wochen hatte Brand eigentlich den HSV favorisiert. Doch nach dem bitteren Ausscheiden des Teams von Trainer Martin Schwalb im Viertelfinale der Champions League bei Ciudad Real hat sich seine Meinung geändert. «Das war ein harter Rückschlag fürs Selbstvertrauen», sagte Brand dem Internetanbieter Spox.

Als Kronprinz greift Pokalsieger HSV (57:5 Punkte) nach der ersten Meisterschaft und will seinen Ein-Punkte-Vorsprung auf den Nordrivalen am drittletzten Spieltag verteidigen. Titelverteidiger Kiel (56:6) möchte seine Vormachtstellung untermauern und mit einem Sieg die Weichen für den 16. Bundesliga-Titel stellen.

Es steht also viel auf dem Spiel: Kein Wunder, dass HSV-Kreisläufer Igor Vori die Stimmung vor dem Nordderby in der seit Wochen ausverkauften Hamburger Arena (13.177 Zuschauer) anheizt. "Wir gewinnen mit einem Tor Unterschied. Dann sind wir Meister", sagte Vori in der Sport Bild und meinte mit Blick auf das 29:29-Unentschieden im Hinspiel: "Da haben wir den möglichen Sieg unglücklich aus der Hand gegeben. Das wird uns am Samstag nicht passieren." Mit Kartfahren stimmten sich die HSV-Profis auf den entscheidenden Saison-Endspurt ein.

DIE GEBRÜDER GILLE: DAS HERZ DES HSV

Auch die Kieler strotzen ungeachtet der Verletztenmisere vor Selbstvertrauen. Der Champions-League-Halbfinalist hat den effektivsten Angriff (1043 Tore), die stabilste Abwehr (789) und im Vergleich mit dem HSV die um 58 Treffer bessere Tordifferenz. Selbst der Heimvorteil der Hamburger schreckt THW-Coach Alfred Gislason nicht: "Dieser Druck kann auch belasten. Es ist kein großer Vorteil für den HSV", sagte der Isländer - außerdem: "Topmannschaften wie wir können mit lauten Arenen gut umgehen."

Allerdings plagen die "Zebras" vor dem Prestigeduell große Personalsorgen im Rückraum. Der Einsatz des Zweimeter-Hünen Momir Ilic ist wegen einer Überdehnung des Kreuzbandes im rechten Knie fraglich. Definitiv fehlen wird der schwedische Nationalspieler Kim Andersson (Knie-OP). Zumindest bei Filip Jicha gab es Entwarnung: Der Tscheche kann nach überstandener Wadenzerrung auflaufen.

Für Brand könnte aber vor allen Dingen Kiels französischer Weltklassekeeper Thierry Omeyer den Unterschied ausmachen. "Der HSV war über weite Teile der Saison spielerisch dominant. Der THW hat auf der anderen Seite unheimlich Power und einen Omeyer, der in Topform den Grundstein zum Sieg legen kann", sagte der DHB-Coach.

Die Hamburger haben dafür den besten Bundesliga-Torschützen der Saison 2009/2010 in ihren Reihen: Außenspieler Hans Lindberg erzielte in 31 Spielen 240 Tore (davon 124 Siebenmeter). Bester Kieler ist in dieser Statistik als Vierter der 28-jährige Jicha mit 173 Toren (39).

Die Gastgeber stimmten sich auf das Gipfeltreffen mit einem teaminternen Duell auf der Rennbahn ein: Beim Kartfahren versuchten die HSV-Profis den Kopf freizubekommen. "Die Jungs konnten so noch einmal abschalten", sagte Schwalb.

Der HSV muss nach dem Spitzenspiel noch gegen Hannover-Burgdorf (28. Mai) und dann in Balingen-Weilstetten (5. Juni) antreten. Kiel empfängt die Balinger (2. Juni) und reist am letzten Spieltag nach Großwallstadt (5. Juni).