Die HSV-Hanballer sind für das Gipfeltreffen am nächsten Sonnabend gegen den THW Kiel gerüstet. Die Hamburger siegten mit 28:25.

Lübbecke/Hamburg. Als nichts mehr ging, flüchteten sich die Fans des TuS N-Lübbecke in Sarkasmus. „Deutscher Meister wird nur der THW“, riefen sie. Es half nichts. Die Handballer des HSV hatten zu diesem Zeitpunkt in der Merkur-Arena längst ihre Pflichten erledigt. 28:25 (14:13) siegten sie am Ende in Lübbecke und eroberten sich die Tabellenführung in der Handball-Bundesliga zurück, die der THW Kiel nach dem 32:25-Erfolg am Freitagabend in Hannover-Burgdorf zwischenzeitlich übernommen hatte. Vor dem „Endspiel“ am kommenden Sonnabend in Hamburg gegen den THW weist der HSV 57:5 Punkte auf, Titelverteidiger Kiel 56:6. „Das war eine starke Vorstellung. Wir haben Charakter bewiesen. Jetzt freuen wir uns auf den THW“, sagte HSV-Trainer Martin Schwalb. Und Kapitän Guillaume Gille ergänzte: „Lübbecke hat uns alles abverlangt. Wir haben dagegengehalten und verdient gewonnen.“

„Nicht an Kiel denken“, hatte Schwalb vor dem Anwurf von seinen Spielern gefordert, aber irgendetwas anderes muss ihnen dann doch durch den Kopf gegangen sein, denn die Hamburger starteten mit Fehlpässen und Fehlwürfen, lagen nach acht Minuten 3:5 zurück. Aber wie immer, wenn es beim HSV nicht läuft, greift ein Patentrezept. Zupacken in der Deckung, aggressiv die Gegenspieler bearbeiten und ihnen Raum und Lust zum Werfen nehmen. Das klappte auch gegen den TuS N-Lübbecke, einer spielstarken Mannschaft, gegen die sich der HSV in der heimischen Color-Line-Arena in dieser Saison zweimal sehr schwer getan hatte. Die knappen Siege in der Bundesliga (25:24) und im Halbfinale des deutschen Pokals (37:32) waren keinesfalls souverän herausgeworfen.

In Lübbecke nahmen die Hamburger nach zehn Minuten das Geschehen in die Hand, der Däne Hans Lindberg traf nach 13:32 Minuten zum 7:6, der ersten Führung. Die baute der HSV schnell auf drei Tore aus. Die Hamburger schienen alles unter Kontrolle zu haben, sich selbst indes nicht immer. Wieder waren es Nachlässigkeiten und technische Fehler, die Lübbecke den Spielstand bis zur Halbzeit auf 13:14 verkürzen ließen.

Nach dem Seitenwechsel stellte sich die zwischenzeitlich verloren gegangene Konzentration wieder ein, vor allem in Unterzahl. Nach 43 Minuten führte der HSV 23:18. Pascal Hens, er kam nach der Pause wie abgesprochen für den ebenfalls starken Blazenko Lackovic, hatte in dieser Phase wesentlich dazu beigetragen. Er warf drei Mal und traf drei Mal. Das gab Sicherheit. Die wurde auch nicht von den acht Toren des ehemaligen HSV-Profis Arne Niemeyer („Gegen meine Ex-Klubs treffe ich am liebsten“) erschüttert. Die Deckung stand und hinter ihr Nationaltorhüter Johannes Bitter. Das war fast schon meisterlich.

Der 28. Saisonsieg blieb jedoch nicht das allein beherrschende Thema in Lübbecke. Ausgerechnet eine Woche vor dem Meisterschaftsfinale gegen Kiel muss sich der HSV mit einer Personalie belasten. Rückraumschütze Krzysztof Lijewski hat einen Dreijahresvertrag beim ambitionierten Ligakonkurrenten Rhein-Neckar Löwen unterschrieben. Er gilt vom 1. Juli 2011 an. Der 27 Jahre alte polnische Linkshänder soll in Mannheim rund 380.000 Euro netto pro Jahr verdienen. Das wäre mehr als das Doppelte als bisher in Hamburg. Bisher hatte der HSV immer gehofft, einen der besten Halbrechten der Welt irgendwie halten zu können. Lijewski hatte schließlich stets betont, dass es ihm in Hamburg ausgesprochen gut gefällt.

Wechselt Lijewski bereits in diesem Sommer, soll er einen Gehaltszuschlag von 50.000 Euro erhalten. Der HSV würde ihn jedoch nur gehen lassen, falls gleichwertiger Ersatz zur Verfügung stünde. Kandidaten sind der Schwede Oscar Carlén (23) von der SG Flensburg-Handewitt und der mazedonische WM-Torschützenkönig Kiril Lazarov (28) vom RK Zagreb. Beide stehen bei ihren Klubs ebenfalls bis 2011 unter Vertrag. Lazarov besitzt im Gegensatz zu Carlén allerdings eine Ausstiegsklausel. Er kann für 200.000 Euro Ablöse den finanziell angeschlagenen kroatischen Meister vorzeitig verlassen – und er will in die Bundesliga. „Das sind wie immer alles Spekulationen, wir sondieren aber ständig den Markt. Lazarov ist kein Thema“, sagte HSV-Sportchef Christian Fitzek dem Abendblatt.

Lijewski, dessen langwierige Schulterprobleme nicht auskuriert sind, wird in nächsten Spielen weiter alles für den HSV geben, wenn es sein Körper dann zulässt. Das hat er der Mannschaft versprochen. In Lübbecke warf er bei seinem Kurzeinsatz ein Tor. „Ich habe diesem Klub sehr viel in meiner Karriere zu verdanken“, sagte er, „man bekommt jedoch nicht jeden Tag Angebote dieser Qualität.“ Als Lijewski 2005 nach Hamburg kam, war er nur ein Talent. Heute ist er in Angriff und Abwehr ein fast kompletter Spieler.

Tore, Lübbecke: Niemeyer 8, Olafsson 5, Felixon 3, Tluczynski 3 (3 Siebenmeter), Loke 2, Remer 2, Hansen 1, Wiese 1; Hamburg: M. Lijewski 5, Lindberg 5 (2), Hens 3, Lackovic 3, B. Gille 3, G. Gille 3, Vori 2, Jansen 2, Duvnjak 1, K. Lijewski 1. Schiedsrichter: Prang/Reichl (Bergheim/Köln). Zuschauer: 3200. Zeitstrafen: 2; 6.