Der Spitzenreiter aus Hamburg verteidigte durch den Sieg bei den Rhein-Neckar Löwen die Tabellenführung. Noch zwei Siege bis zum Titel.

Mannheim. Die 59. Minute lief in der Mannheimer SAP-Arena, als auf der Bank der HSV-Handballer eine Massenflucht einsetzte. Blazenko Lackovic, der formidable Rückraummann, hatte soeben einen Wurf auf das Tor der Rhein-Neckar Löwen abgegeben, der auf verschlungenen Wegen den Weg an der vielhändigen Abwehr und schließlich auch an Torhüter Slawomir Szmal vorbei zum 31:26 für den HSV fand. Trainer Martin Schwalb, der 58 Minuten lang erstaunlich gelassen das Geschehen verfolgt hatte, sprang nun wie befreit auf, der Trainer klatschte sich mit seinen Spielern ab, die sich ebenfalls erhoben hatten, halb aus Begeisterung, halb aus Ehrfurcht vor diesem großartigen Wurf.

Es hätte ihn nicht gebraucht, um den Löwen mit 31:27 (19:14) die erste Heimniederlage der Saison zuzufügen und dem eigenen Konto die vielleicht entscheidenden zwei Punkte auf dem Weg zur ersten deutschen Meisterschaft. Aber der HSV begnügte sich eben nicht damit, einen Schlusspunkt hinter dieses Spiel zu setzen. Ein Ausrufezeichen sollte es sein, denn ein solches war im Grunde das gesamte Spiel gewesen. Seit Wochen hätten die Mannschaft diesem Dienstagabend entgegengefiebert, verriet Torhüter Johannes Bitter, der mit 21 Paraden den Vergleich mit Szmal (fünf) und Henning Fritz (vier) klar für sich entschieden hatte: „Das war ein Meilenstein, und wir haben ihn umgehauen. Wir sind souverän an dieser Markierung vorbeigezogen.“

Zwei Siege fehlen dem Tabellenführer der Bundesliga noch aus den verbleibenden vier Spielen gegen Gummersbach, in Friesenheim, gegen Lemgo und in Balingen. Und auch wenn Linksaußen Torsten Jansen hinterher warnte, diese seien mental „viel schwerer“ zu bewältigen, so hat die Mannschaft doch letzte Zweifel ausgeräumt, die nach der Niederlage in Kiel aufgekommen sein mögen.

Im Grunde erzählte eine Szene aus der 23. Minute die ganze Geschichte dieser Partie. Domagoj Duvnjak war einer seiner seltenen Fehler unterlaufen, ein Anspiel war in den Fängen der Löwen gelandet. Deren Kreisläufer Robert Gunnarsson sah die Chance zum Gegenstoß gekommen, verlor allerdings auf dem Weg zum Hamburger Tor vor lauter Aufregung den Ball. Plötzlich hatte HSV-Linksaußen Torsten Jansen die Torchance, sein Wurf landete jedoch am Pfosten. Wieder hatten die Gastgeber den Ball, wieder gaben sie ihn leichtfertig her, und HSV-Rechtsaußen Hans Lindberg bestrafte das mit dem Tor zum 15:13, der ersten Zweitoreführung für den Spitzenreiter.

Es könnte der Moment gewesen sein, an dem dieses Spiel sich unweigerlich zugunsten der Hamburger neigte. Ihnen gelang nun fast alles, sogar Marcin Lijewski, obwohl er seit drei Wochen aufgrund einer Verletzung kaum trainiert hatte. Und kaum dass die Löwen nach einem Tor Rückenwind wähnten, rollte ihnen schon die nächste Hamburger Angriffswelle entgegen. „Meine Mannschaft hat ein sehr konzentriertes Spiel abgeliefert und durch viel Druck aufs Tor das Spiel für uns entschieden“, sagte Schwalb, „das war sehr beeindruckend.“

Die Partie sollte für den Trainer noch ein erfreuliches Nachspiel haben. Mit der gesamten Mannschaft feierte er in Viernheim in seinen 48. Geburtstag hinein. Es gab genügend Anlass dazu. Und auch medizinisch stand einer kleinen Party nichts entgegen, denn das kommende Wochenende ist spielfrei, während die Löwen bei der Pokalendrunde in Hamburg gefordert sind. „Man hat gemerkt, dass sie mit Blick auf diese Aufgabe nicht mit voller Kraft gespielt haben“, sagte HSV-Präsident Andreas Rudolph. Für die Löwen wäre der Pokal der erste Titelgewinn. „Der HSV kann uns zum Glück nicht daran hindern“, sagte Löwen-Manager Thorsten Storm, „darüber bin ich sehr erleichtert.“

Tore Rhein-Neckar Löwen: Tkaczyk 6, Gensheimer 5/5, Cupic 4, Stefansson 4, Gunnarsson 2, Sesum 2, Sigurdsson 2, Bielecki 1, Groetzki 1

Tore HSV Hamburg: Duvnjak 6, Lackovic 6, Lindberg 6/1, Jansen 4, Marcin Lijewski 4, Vori 4, Schröder 1

Zuschauer: 11 482

Strafminuten: 4 / 4