Hamburg. Die Inselparkhalle war erstmals seit zwei Jahren wieder ausverkauft. Ein Spieler überragte beim 87:83-Sieg bei den Wilhelmsburgern.

Die erste Überraschung gab es vor dem Sprungball: Der FC Bayern München war nahezu in Bestbesetzung zu den Hamburg Towers angereist, anstatt einer aufgeplusterten Jugendmannschaft – wie in dieser Saison bereits geschehen – den Vorzug vor den arrivierten Leistungsträgern zu gönnen, die am Dienstag in der viel wichtigeren EuroLeague-Viertelfinale-Serie den Titelfavoriten FC Barcelona an den Rand des Ausscheidens bringen sollen.

Die zweite Überraschung folgte direkt nach dem Sprungball: Die Gäste präsentierten sich trotzdem wie eine Jugendmannschaft und lagen gegen die Wilhelmsburger Bundesliga-Basketballer früh mit 4:16 zurück. Die dritte Überraschung stand nach der finalen Sirene fest: Die Towers hielten gegen einen dann doch wie ein Profiteam auftretenden Favoriten durch und gewannen mit  87:83 (24:13, 17:25, 25:29, 21:16).

Basketball-Bundesliga: Erstmals seit 2020 wieder eine volle Arena bei den Towers

Für die 3.000 Zuschauer, die erstmals seit dem 29. Februar 2020 wieder für eine ausverkaufte edel-optics.de Arena sorgten und die ihre Mannschaft mit stehenden Ovationen verabschiedeten, hatte sich der Sonntagabend damit überraschend auch sportlich gelohnt. "Es ist schwer in Worte zu fassen bei all den Emotionen. München kam mit einem sehr guten Kader nach Hamburg. Diese Herausforderung wollten wir annehmen. Wir mussten dafür sorgen, dass wir die physische Intensität der Bayern matchen oder sogar übertreffen, und sie vor allem nicht ihr Tempo spielen lassen. Ich bin sehr stolz auf meine Spieler. Zwei Jahre hatten wir wegen Corona eine limitierte Fan-Anzahl, heute hat man gesehen, was gemeinsam möglich ist, wenn die Halle voll ist", sagte Trainer Pedro Calles.

Es geschah in diesen „Big City Club“-Duell allerdings auch Erwartbares. Die Towers behelligten den im Basketball nur fünffachen deutschen Meister mit ihrer charakteristischen, aggressiven Verteidigung. Genau der richtige Ansatz gegen einen Rivalen, der offensichtlich noch Barcelona vom Donnerstag in den Beinen und Barcelona für Dienstag schon wieder im Kopf hatte. Erstaunlich war indes der Quell des Hamburger Offensivstroms. Robin Christen hatte der Tabellendritte bei der vorherigen Analyse vermutlich nicht als primäre Angriffsoption des Tabellensiebten ausgemacht. Doch mit seinen fünf Dreiern in den ersten beiden Vierteln riss der einmalige Nationalspieler die Münchener Defensive auseinander.

Towers-Star Homesley überragt in der Offensive

Es war also alles angerichtet, um im Rennen um die Play-off-Qualifikation einen vorentscheidenden Schritt zu gehen. Mit der Ausnahme, dass sich ein FC Bayern nicht demütigen lässt. Erstmal in einem 13-Punkte-Loch (17:30) angelangt und vom Publikum angepiekst, lässt sich erstaunlich viel Saft in den Waden entdecken. Wann immer ihm danach war, und Deshaun Thomas (28 Punkte) war immer danach, drückte der Vizemeister aufs Gas. Hamburg musste permanent am Limit bleiben, um die nun knappe Führung zu behaupten – und einen der seltenen unglücklichen Auftritte ihres ins Blickfeld des FC Bayern gerückten Spielmachers Justus Hollatz, der neun seiner zehn Würfe aus dem Feld verfehlte, zu überstehen.

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Das kann gelingen, wenn man noch einen Akteur mit Bayern-Potenzial in seinen Reihen weiß. Der ist Caleb Homesley. Und der wusste mit seiner mitunter unorthodoxen, und an diesem Abend erfolgreichen, Wurfauswahl den Gegner in spielentscheidender Manier zu überraschen. Gerade in der Schlussphase übernahm der US-Amerikaner Verantwortung und traf wichtige Dreipunktewürfe. "Der Trainer gibt mir und allen anderen Spielern im Angriffsspiel Vertrauen. Es fühlt sich echt super an, wenn man spät in der Saison, wenn es drauf ankommt, einen großen Club schlägt. Unsere Fans haben uns so geholfen. Sie waren laut, und wir wollten auch für sie einfach immer weiterspielen. Defensiv waren wir nicht perfekt, aber sehr aktiv. So haben wir uns den Sieg geholt", sagte Homesley. Am Mittwoch tritt Hamburg beim deutschen Meister Alba Berlin an. Aber, wie man Favoriten überrascht, wissen die Towers ja.

Hamburg Towers: Homesley (22 Punkte), Kotsar (18), Christen (15), J. Brown (14), Meisner (9), Hinrichs (6), Hollatz (4), DiLeo (1), Bluiett, Edigin.