Hamburg. Nationalspieler Justus Hollatz und Timo Kröger, Gründer des Modelabels “Tellem“, sprechen über Parallelen zwischen beiden Welten

Die Partie gegen den FC Bayern München am Sonntag (18 Uhr/MagentaSport) in der edel-optics.de Arena als Bewerbungsspiel für Justus Hollatz zu bezeichnen, würde dem Aufbauspieler der Hamburg Towers nicht gerecht. Das seit Donnerstag 21 Jahre alte Talent braucht sich nirgends zu bewerben, es ist umgekehrt. Selbst Teams aus der NBA werben um den Harburger.

Völlig offen, ob und wohin Hollatz im Sommer wechselt. Das geschäftliche Werben abseits des Parketts der Basketball-Bundesliga ist indes entschieden. Das Lüneburger Bekleidungsunternehmen „Tellem“, das seit Jahren bei den Towers als offizieller Partner dabei ist, hat Hollatz als Partnerathleten unter Vertrag genommen. Unter dem Motto „Don’t lose your juice“ ist der Nationalspieler mit einem eigens für ihn designten Sweater das Firmengesicht. Das Abendblatt hat mit Tellem-Geschäftsführer Timo Kröger (32) und Hollatz gesprochen: über ihre Freundschaft, Sportler als Marken und die Parallelen zwischen Sport und Wirtschaft.

Hamburger Abendblatt: Herr Hollatz, wer hat Ihnen eigentlich den Spitznamen „Juice“ verpasst?

Justus Hollatz: "Mein ehemaliger Mitspieler Heiko Schaffartzik. Als ich ein paar Dreier getroffen habe, meinte er, der Juice sei loose (dt.: Der Saft läuft aus.)."

Meine Herren, welches Startup läuft derzeit erfolgreicher: Hollatz oder Tellem?

Timo Kröger (lacht): "Definitiv das von Justus! Das ist auch gut so. Mit Tellem habe ich mehr Zeit als ein Sportler, dessen Karriere begrenzt ist. Aber ich bin auch zufrieden, wie es bei uns im Unternehmen läuft. Die vergangenen gut zwei Jahre mit der Corona-Pandemie waren nicht einfach. Aber da kann Justus aus Sportlersicht auch ein Lied von singen. Daher würde ich sagen, dass es bei uns beiden gut läuft, aber Justus hat noch ein wenig die Nase vorn. Luft nach oben haben wir aber beide noch."

Herr Kröger, Sie sprechen es an: Welche Parallelen sehen Sie bei Sportlern und Unternehmern?

Kröger: "Man kann ohne Freude an der Sache zwar vielleicht auch kurzfristig erfolgreich werden, aber langfristig wird das nicht funktionieren. Leidenschaft und Geduld sind für mich die wichtigsten Grundvoraussetzungen. Ich glaube, ich kann da gut für Justus und mich sprechen: Ohne Leidenschaft funktioniert weder Sport noch Geschäft."

Profisportler werden oft als Ich-AGs betitelt. Wie viel Egoismus gehört dazu, um erfolgreich zu werden?

Hollatz: "Eine gewisse Portion schon, immerhin führe ich den Sport als Beruf aus, habe daran Spaß und möchte damit mein Geld verdienen. Je besser ein Sportler performt, immer wieder den nächsten Schritt macht, umso mehr kann sich das auszahlen. Teamerfolg ist genauso wichtig, Basketball ist Mannschaftssport und jeder Club auf der Suche nach Spielern, die andere besser machen können."

Sie sind eines der größten Talente in Europa, haben sich für den NBA-Draft angemeldet. Viele Experten trauen Ihnen eine große Karriere zu. Drängen sich jetzt falsche Freunde auf?

Hollatz: "Damit habe ich leider meine Erfahrung gemacht. Nachdem ich mich zum NBA-Draft angemeldet habe, kamen viele Nachrichten, ich wurde um Tickets gebeten. Zum Glück hat meine Familie darauf Wert gelegt, dass ich auf so etwas nicht reinfalle. Timo ist als Freund und Geschäftspartner von meinen Eltern akzeptiert worden (lacht)."

Profispieler haben einen, manchmal sogar mehrere Berater. Justus Hollatz wird von der renommierten Agentur "Beo Basket" betreut. Agenten für Startup-Unternehmen gibt es jedoch nicht. Herr Kröger, würden Sie sich so etwas manchmal wünschen, oder macht das Probieren den Reiz aus?

Kröger: "Dinge auszuprobieren ist extrem wichtig. Auch wenn mal etwas nicht auf Anhieb so funktioniert, ist es doch total lehrreich. Man ärgert sich kurz, lernt aus Fehlern, und macht dann einfach weiter. Justus hört bei einem Fehlwurf bei den Towers ja auch nicht einfach auf. Ich bin ein offener Mensch, der sich viel von anderen anhört und Feedback einfordert. Den "einen Agenten“ habe ich also nicht, dafür ein tolles Umfeld mit dem ich mich regelmäßig austausche."

Hollatz: "Mich fragst du ständig, ob die Sachen cool aussehen. Dabei bist du der Design-Experte (lacht). Bisher hatte ich auch keine Einwände, mir gefällt das alles. Wenn ich wiederum Rat brauche, ist Timo immer da, er ist eine gute Reflektionsfläche außerhalb der Sportblase."

Was ist wahrscheinlicher: Dass Justus Hollatz einen NBA-Vertrag unterschreibt oder Sie mit ihrem Unternehmen Trikotsponsor bei den Towers wird?

Kröger: "Das ist eine gute Frage: Ich könnte mir definitiv vorstellen, mit Tellem bei den Towers präsenter zu werden. Als Ausrüster oder Trikotsponsor – da bin ich noch weit weg. Ich glaube, Justus’ Wechsel in die NBA kommt schneller. Ich bin mir sicher, dass es wichtig ist, den richtigen Schritt zur richtigen Zeit zu machen. Wenn man zu schnell zu viel will, kann es auch kontraproduktiv sein."

Hollatz: "Dann hätte ich nichts gegen Tellem als Trikotsponsor in der NBA."

Kröger (lacht): "Daran sieht man, weswegen ich keinen Geschäftsberater brauche. Justus hat genug gute Ideen. Auf ihn kann ich mich verlassen."

Welchen Nutzen sehen Sie für Tellem im Sportsponsoring, und warum ergibt diese Form der Werbung generell Sinn?

Kröger: "Zunächst einmal muss ich sagen, dass es ein überragendes Gefühl war, zum ersten Mal unser Logo auf einer Werbebande in der Arena zu sehen. Das war echt krass. Unser Unternehmen und die Towers vertreten dieselben Werte. Außerdem passen Streetwear und Basketball authentisch zusammen. Allgemein wird Sport positiv bewertet, Unternehmen können glaubwürdig Kredibilität erwerben. Aus Gesprächen mit anderen Sponsoren kann ich mit Gewissheit sagen, dass sich ein Sponsoring bei den Towers langfristig lohnt, wenn man eine Partnerschaft authentisch und interessant gestaltet – hier bietet der Sport viele kreative Ansatzpunkte. Und vom Interesse an den Towers, egal ob medial oder von den Fans, die in die Halle kommen, profitieren wir als Sponsor natürlich auch. Das ist ein Geben und Nehmen. Außerdem möchten wir auch irgendwie etwas dazu beitragen, dass Basketball in Hamburg noch größer wird."

Herr Kröger, jetzt können Sie es ja offen zugeben: Ist die Athleten-Partnerschaft ein Versuch, Justus Hollatz zum Verblieb bei den Towers zu bewegen?

Kröger: "Nein, ich gönne ihm seinen Weg von Herzen, auch wenn ich ihn am liebsten im Towers-Trikot sehe. Die Partnerschaft ist die Folge unserer Freundschaft, die begann, als er 17 war. Damals hatte ich Kleidung für das Team mitgebracht, auf die sich alle Spieler gestürzt haben. Nur Justus hat zurückhaltend gefragt, ob er auch eine Cap bekommen dürfe. Das fand ich so sympathisch. Mit dieser ehrlichen Art kann er anderen zeigen, was man erreichen kann. Diese Botschaft sollen Tellem-Produkte senden."

Sowohl im Geschäft als auch im Sport gibt es Widrigkeiten. Sei es beim Athleten eine Verletzung oder im Business beispielsweise eine Pandemie. Wie unterstützen Sie sich gegenseitig, wenn es mal nicht so gut läuft?

Kröger: "Wie in jeder Freundschaft sind wir natürlich auch mal der Kummerkasten des jeweils anderen. Wenn es bei Justus nicht so läuft, melde ich mich, um ihn aufzumuntern. Wir gehen essen, machen etwas zusammen. Genauso kann ich auch immer auf ihn zählen, wenn mir etwas auf dem Herzen liegt.Manchmal tut es aber auch einfach mal gut, den Kopf frei zu bekommen, und über gemeinsame Visionen für die Zukunft zu sprechen. Wir haben da einige coole Ideen. Die Partnerschaft dient schließlich auch dem Aufbau sozialer Projekte, was Justus auch ganz wichtig war."

Sie machen uns neugierig. Was planen Sie konkret?

"Wir wollen Kinder und Teenager inspirieren, indem wir in der Offseason zum Beispiel den ein oder anderen Verein beim Training besuchen. So ein Tag kann ganz viel bei jungen Sportlern/Sportlerinnen auslösen – auch fürs Leben. Wenn ich weiter denke, möchte ich irgendwann mit Tellem Basketballplätze bauen, um Orte zu schaffen, an denen sich junge Menschen, aber natürlich auch alle anderen, treffen und connecten können. Sport hat mir in meinem Leben unglaublich viel gegeben und das möchte ich mit unseren Produkten und Markenerlebnissen vorleben."

Hollatz:  "Zunächst ist es eine Freundschaft, dann eine Zusammenarbeit. Der wirtschaftliche Aspekt ist sekundär."

Apropos Geld: Kümmern Sie sich selbst um Ihre Geldanlage, Herr Hollatz?

Hollatz: "Bisher behalte ich den Überblick. Zumal ich generell niemand bin, der Geld verprasst. Ich spare einen festen Anteil. Wenn ich künftig mehr verdiene, wird mir meine Agentur helfen, einen Finanzberater zu konsultieren."

Auch wenn Sie sparsam sind: Hand aufs Herz: Was werden Sie sich von Ihrem ersten großen Vertrag gönnen?

Hollatz: "Ich würde einen Teil nutzen, mich bei meiner Familie zu bedanken, die mich extrem unterstützt hat, mir etwas für sie einfallen lassen. Und meine Freundin sollte ich auch nicht vergessen, sonst bekomme ich Stress (lacht)."