Hamburg. Der Zugang der Veolia Towers Hamburg hat eine beeindruckende Geschichte hinter sich. Seine Erfahrungen helfen den Wilhelmsburgern.

Als Will Christmas die Cap San Diego am Hamburger Hafen erblickt, blitzt es auf: dieses einnehmende Lächeln. Eine Erinnerung an die Heimat, und der 26-Jährige, der sich als „hyper energetischen“ Menschen beschreibt, kann vor Freude kaum an sich halten.

Beim Fototermin weiß der vom Zweitligisten Artland Dragons gekommene Zugang der Veolia Towers Hamburg nicht, wohin mit seinen Händen, also lächelt der Flügelspieler wieder. Diesmal verlegen.

Will Christmas lacht über Namenswitze

Auch über die andauernden, meist platten Namenswitze schmunzelt er nur: „Es ist eben ein spezieller Name für einen speziellen Typen.“ Was nach US-amerikanischer Überheblichkeit klingt, ist aber frei nach Dieter Bohlen Nichts als die Wahrheit.

Dass dieser William Christmas einmal als Basketballer seinen Lebensunterhalt in der Bundesliga verdient, mit den Towers im EuroCup über den Kontinent tourt, war nicht abzusehen, als der kleine, zehn Jahre alte Will in Tränen aufgelöst in Oceanside ankam. In der kalifornischen Küstenstadt nördlich von San Diego wurde er geboren, zog aber kurze Zeit später, nachdem sich seine Eltern getrennt hatten, mit seiner Mutter fort. New Jersey, Maryland, South Carolina, Virginia, die Familie hatte viele Wohnsitze.

Dem Vater nachgeeifert

Mit zehn, so entschieden es seine Eltern, sollte es das Beste für ihn sein, wieder zum Vater zu ziehen. Anfangs hart, erwies es sich als glückliche Fügung.

„Denn mein Daddy war ein Basketballer, also bin ich auch einer geworden“, sagt Christmas, der zuvor andere Sportarten ausprobiert hatte. Die ersten Jahre hätten ihn in der Ansicht bestärken können, er wäre auch besser dabei geblieben.

Kaum ein College interessiert sich für Christmas

Der 1,96 Meter große Forward entpuppt sich zunächst nicht als Überspieler. Nur ein kleines, zweitklassiges College, die California State Polytechnic University in Pomona, bietet ihm ein Stipendium an. Und obwohl Christmas, der dort Kinesiologie studiert, zum einzigen Akteur der Geschichte der Universität avanciert, der zu den zehn besten Punktesammlern, Reboundern und Vorbereitern zählt, bleiben Angebote aus dem Profigeschäft aus.

Christmas setzt ein Jahr aus, arbeitet sechs Tage die Woche Zehnstundenschichten in einem Warenhaus, macht nebenher seinen Abschluss und trainiert. „Das war hart und echt viel, ich wollte daher noch mal mein Glück als Basketballer versuchen“, sagt er und hat diesmal mehr Erfolg.

Problem zu Karrierebeginn

Die Rhöndorf Dragons aus der Zweiten Bundesliga ProB nehmen Christmas unter Vertrag und können ihn schon nach zwei Monaten nicht weiter beschäftigen. Der nächste Rückschlag folgt bei den Musel Pikes in Luxemburg, wegen Visaproblemen kann der sprunggewaltige Allrounder die ersten sechs Wochen nicht spielen. „Aber danach bin ich abgehoben“, sagt Christmas.

Wohl war. Der Kalifornier dominiert auf individueller Ebene, seine Teams spielen erfolgreich. Die frühen Erfahrungen lehren den smarten Sunnyboy jedoch, nicht alles auf eine Karte zu setzen.

Christmas arbeitet im Sommer

Im Sommer arbeitet Christmas daher, um Ersparnisse anzuhäufen, lebt währenddessen als „Couchsurfer“ auf den Sofas von Freunden und Familienmitgliedern. Umso glücklicher ist Christmas, in Wilhelmsburg ein richtiges Bett zu haben.

„Ich habe schon alles gemacht, war in einer Autofabrik, einem Lager und Supermarkt. Meine Erkenntnis: Basketball ist besser als jeder herkömmliche Job.“ Mit einer kleinen Einschränkung: Die Arbeit als Verhaltenstherapeut für autistische Kinder hat ihm wirklich Spaß gemacht.

Basketballer betreut autistische Kinder

„Dafür habe ich die Zeichensprache gelernt und einen Jungen intensiv betreut, das gibt mir viel“, sagt Christmas. Vielleicht etwas für später.

Aber zunächst gilt der Fokus den Towers. Nicht nur, weil eine Anstellung als Bundesligaspieler nun das sommerliche Arbeiten obsolet macht.

Towers setzen viel in Christmas

„Ich bin ehrgeizig und mag es, mir hohe Ziele zu setzen. So möchte ich einer der besten Spieler der Liga werden und mindestens in die Play-offs einziehen“, sagt Christmas, der die Voraussetzungen hat, ein Topakteur der Bundesliga zu werden. Auch die Towers setzen große Hoffnungen in Christmas.

Cheftrainer Benka Barloschky (35) plant ihn in nahezu jeder erdenklichen Rolle ein. Schlüsselspieler? „Will“ sagt Barloschky. Wichtigster Verteidiger? „Auch Will.“

Christmas ist angekommen. Was ihn dorthin geführt hat, ist tatsächlich eine moderne Weihnachtsgeschichte.