Hamburg. Vergangene Saison vergifteten zwei Spieler das Kabinenklima. Das soll sich im zweiten Bundesligajahr nicht wiederholen.

Pedro Calles war zufrieden, als er seine Spieler am Freitagvormittag um kurz vor halb zwölf ein letztes Mal zusammenholte. Leise sprach der Cheftrainer der Hamburg Towers zu seinen Profis, anschließend hielten alle die Fäuste zusammen und riefen auf Englisch den Schlachtruf, der sinnbildlich für die neue Saison in der Basketball-Bundesliga (BBL) sein soll. „One, two, three, together“.

Together – also zusammen – ging es in der Einheit zuvor weit weniger still zu Werke. Auffällig stimmgewaltig und viel kommunizierten die Profis untereinander. Immer wieder gaben sie sich in den Übungen verbale Hilfestellungen, trieben sich an und suchten auch in den Pausen zwischen den Drills den Dialog.

„Kommunikation ist ein so wichtiger Teil in Mannschaftssportarten. Ich will, dass wir ein Team sind, das auf dem Platz und abseits des Platzes viel mitein­ander spricht. Das fängt im Training an“, sagte der Spanier, der beim ersten Training, zu dem Medienvertreter zugelassen waren, demonstrierte, warum er als detailversessener Perfektionist gilt.

Hamburg Towers brauchen nach Corona-Pause mehr Zeit

Sobald eine Übung auch nur im Ansatz unsauber ausgeführt wurde oder ein Pass- oder Laufweg nicht korrekt war, unterbrach er die Einheit und wies seine Spieler auf die Fehler hin. Das kann auch mal lautstark sein, was Talent Jammal Schmedes (20) am eigenen Leib zu spüren bekam. „Ich bin aber sehr zufrieden mit der Motivation und Mentalität meiner Spieler. Das ist ein gutes Fundament für die Zukunft“, sagte Calles, den nur die vereinzelten Wehwehchen seiner Spieler stören.

So können derzeit Toptalent Justus Hollatz (18/Innenbanddehnung), Neuzugang Bryce Taylor (33), der nach einer Achillessehnenverletzung in der vergangenen Saison langsam herangeführt wird, sowie Jürgen Rich Igbineweka (20) und Marvin Ogunsipe (24/beide muskuläre Probleme) nur dosiert oder gar nicht trainieren. Topzugang Jordan Swing (29) fehlte am Freitag wegen eines Arzttermins.

„Einige Spieler hatten wegen Corona seit März eine sehr lange Pause. Die Konsequenz daraus sehen wir gerade. Wir müssen die Belastung genau steuern. Deshalb ist die lange Vorbereitung alternativlos“, sagte Calles. Die erste Partie in der BBL gegen Brose Bamberg ist für den 8. November terminiert.

Towers wollen Bundesliga-Reife nachweisen

Bis dahin sollen im taktischen und körperlichen Bereich die Grundlagen für die zweite BBL-Spielzeit der Clubgeschichte gelegt werden. Mehrmals pro Woche lässt Calles, der zu Beginn seiner Karriere als Athletiktrainer gearbeitet hat, zweimal am Tag trainieren. Stupides Kraftausdauertraining im Fitnessraum wird es bei den Towers nicht geben. „Davon bin ich kein Fan“, sagte Calles, „ich lasse lieber Basketball-orientiert trainieren, um Ausdaueraufbau mit taktischen Elementen zu kombinieren.“

Diese Einstellung kommt bei seinen Profis gut an. Mit einem Ball in der Hand fällt jedem Mannschaftssportler das Laufen deutlich leichter als in reinen Konditionseinheiten. „Gerade in Corona-Zeiten ist jeder froh, wieder normales Mannschaftraining absolvieren zu können“, sagte Neuzugang Hans Brase (27), der keinen Lagerkoller während der Vorbereitung befürchtet. „Natürlich ist die Vorbereitung anstrengend, und es wird der Punkt kommen, an dem wir einfach nur spielen wollen. Aber da müssen wir durchhalten“, sagte der Deutschamerikaner und ergänzte: „Wir wollen schließlich in der neuen Saison beweisen, dass wir in die BBL gehören.“

Problemprofis Powell und Schaffartzik vergifteten Klima

Trotz der vielen neuen Gesichter will der Coach auf gemeinsame Unternehmungen außerhalb der Halle zu großen Teilen verzichten. „Das beste Teambuilding findet auf dem Court statt, wenn die Jungs füreinander kämpfen. So kreiert man eine gute Chemie innerhalb der Gruppe“, sagte Calles. Wer beobachten durfte, wie die Spieler bereits jetzt untereinander agieren, der sah, dass sich der Towers-Trainer keine Sorgen machen muss, dass sich die Probleme der vergangenen Spielzeit wiederholen, als Problemprofis wie Marshawn Powell oder Heiko Schaffartzik früh das Kabinenklima vergiftet hatten.

„Die Grundstimmung ist viel positiver. Das Team versteht sich untereinander ganz anders. Die vielen neuen Gesichter können auch ein Vorteil sein, weil man keine Altlasten mehr mitschleppt. Jeder lernt jeden neu kennen“, sagte Justus Hollatz.

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Im Verlauf der Vorbereitung soll sich auch eine Hierarchie herauskristallisieren. Dabei wird sich der neue starke Mann im sportlichen Bereich aus einer Frage heraushalten. „Die Jungs sollen ihren Repräsentanten bestimmen und mir Bescheid geben, wer der neue Kapitän ist“, sagte Calles. Als heißeste Kandidaten gelten die beiden Neuzugänge Bryce­ Taylor und Max DiLeo (27).