Hamburg. Der ehemalige Bundesligatrainer Patrick Elzie analysiert den neuen Spielerkader des Hamburger Basketballclubs.

Patrick Elzie ist der wohl bekannteste Hamburger Basketballtrainer. Der gebürtige US-Amerikaner, jetzt mit deutschem Pass, spielte seit 1984 in der Bundesliga, später auch in der 2. Liga bei den BC Johanneum Tigers, deren Trainer er von 2001 bis 2003 war. Sein größter sportlicher Erfolg waren die Aufstiege mit Rasta Vechta. Elzie führte den Verein in seiner Amtszeit von 2009 bis 2014 mit überschaubarem Budget aus der drittklassigen 2. Bundesliga Nord Pro B bis in die Erste Liga. Seit 2015 trainiert der heute 59-Jährige die Itzehoe Eagles in der Pro B, mit denen er in der vergangenen, abgebrochenen Saison Meister wurde. Die Liga kürte ihn dafür zum „Trainer des Jahres“.

Das Abendblatt bat Elzie, den neuen Spielerkader der Hamburg Towers für die Bundesligasaison 2020/21, die zweite des 2013 gegründeten Vereins, zu analysieren. Sein Fazit: „Machte der Kader in der vergangenen Saison eher den Eindruck, dass er zusammengewürfelt war, ist die neue Mannschaft sehr gut zusammengestellt. Das ist ein modernes, relativ junges, leistungsstarkes Team mit einer guten Durchschnittsgröße. Es ist deutlich besser als die Mannschaft des vergangenen Jahres.“ Elzies Prognose: Mit dem Abstieg, den die Towers 2019/20 nur wegen des Abbruchs der Punktrunde als Tabellenletzter vermieden, sollten sie nun nichts zu tun haben. „Ich rechne mit einer Platzierung im Mittelfeld, sogar das Erreichen der Play-offs, einer der Ränge zwischen eins und acht, könnte möglich sein.“

Lob von Elzie für Pedro­ Calles

Die Hauptaufgabe eines Basketballtrainers, sagt Elzie, ist die Zusammenstellung der Mannschaft. „Wenn die schon vor Saisonbeginn gelingt, ist der wichtigste Teil des Jobs getan.“ Der neue Towers-Trainer Pedro­ Calles, „von dem ich sehr viel halte“, habe hier in Zusammenarbeit mit seinem Co-Trainer Miguel Zapata und Marvin Willoughby, dem geschäftsführenden Gesellschafter und Sportchef des Clubs, „hervorragende Arbeit geleistet“. Schon bei seiner ersten Cheftrainerstation beim Ligakonkurrenten Rasta Vechta habe der Spanier mit begrenzten finanziellen Mitteln ein Play-off-Team aufgebaut und Spieler geholt, „die bisher unter dem allgemeinen Radar der Scouts schwirrten, sich aber dann als große Verstärkungen erwiesen“. Ähnliches, glaubt Elzie, sei ihm diesmal auch bei den Towers gelungen. Zac Cuthbertson und Jordan Swing, die beide zuletzt in Israel warfen, gehörten zu dieser Kategorie.

Patrick Elzie (59), Hamburger Basketballtrainer
Patrick Elzie (59), Hamburger Basketballtrainer © imago/nph

In der vergangenen Serie mussten die Hamburger ihre anfänglichen Personalentscheidungen später mit vier Neuverpflichtungen korrigieren. „Die Mannschaft spielte danach zwar besseren Basketball, erfolgreicher war sie nicht. Es führt immer zu Problemen, wenn die Hierarchie eines Teams nachträglich justiert werden muss, wenn neue taktische, gruppendynamische Abläufe eingeübt werden müssen“, sagt Elzie. „Das sollte ein Trainer besser alles in der Saisonvorbereitung erledigt haben.“

Spieler haben viel Erfahrung

Neben den sportlichen Qualitäten überzeugen ihn auch die Biografien der Spieler. Elzie: „Viele haben an renommierten Colleges in den USA ihre Abschlüsse gemacht. Und clevere Spieler sind für jeden Coach ein Gewinn.“ Im Kader gebe es zudem viele, die Verantwortung übernehmen könnten, viele hätten Bundesliga-, alle zumindest Erfahrung im europäischen Basketball gesammelt. Ausgewiesene Führungsspieler seien Max DiLeo, er kam aus Vechta, und der ehemalige Bamberger Bryce Taylor.

Die Verpflichtung des 33-Jährigen, einst einer der teuersten Profis der Basketball-Bundesliga, „ist natürlich ein gewisses Risiko. Ob er in seinem Alter nach langer Verletzungspause wieder die erhoffte Form findet, bleibt abzuwarten“, sagt Elzie. Dennoch könne er Calles gut verstehen, einen Charakter wie ihn geholt zu haben. „Bryce ist ein guter Typ, sein Vater Brian spielte in der NBA, die Basketballgene sind also vorhanden, er hat jetzt einen deutschen Pass, ist mannschaftsdienlich und kein Stinkstiefel. Ich glaube, er möchte bei den Towers noch mal beweisen, dass er ein guter Basketballer ist. Schafft er das, wäre das ein Riesengewinn für die Mannschaft.“ Auch andere im Team wie etwa Hans Brase, der aus Ludwigsburg kommt, haben eine Verletzungshistorie. „Der jetzige Kader ist auf jeder Position mehrfach gut besetzt, sodass Ausfälle verkraftet werden können“, sagt Elzie. Calles habe bei seiner Planung offenbar besonderen Wert auf eine starke Defensive gelegt, „und die kann im Laufe einer langen Saison der Schlüssel zum Erfolg werden“.

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Spielmacher T. J. Shorts, 1,75 Meter groß, meint Elzie, dürfte eine der Überraschungen werden. „Was ich von ihm bisher auf Video gesehen habe, stimmt mich zuversichtlich. Trotz seiner für Basketballverhältnisse geringen Körpergröße ist auch er ein guter Verteidiger.“ Überhaupt sei er gespannt, was die Mannschaft leisten werde, sagt Elzie. Aber abgesehen vom Erfolg/Misserfolg der nächsten Saison stimme die Entwicklung des Vereins: „Da wächst eine neue Hamburger Sportgröße heran.“

Der Profikader der Towers: Guards: Justus Hollatz (19/1,91 m), T.J. Shorts (22/1,75 m), Osaro Jürgen Rich Igbineweka (22/1,85 m); Shooting Guards: Jordan Swing (29/1,98 m), Max DiLeo (27/1,85 m), Bryce Taylor (33/1,95 m); Forward: Kameron Taylor (25/,1,98 m), Zac Cuthbertson (23/2,01 m); Power Forward: Terry Allen (26/2,03 m), Hans Brase (26/2,05 m); Center: Maik Kotsar (23/2,11 m), Marvin Ogunsipe (24/2,04 m), Jannik Freese (34/2,11 m). Trainer: Pedro Calles (37); Co-Trainer: Miguel Zapata (40), Benka Barloschky (32).