Hamburg. Der Coach führte die Hamburg Towers zum Aufstieg und Polen zur WM. Nun will er auch in der Bundesliga angreifen.

Rein modisch war Mike Taylor am Mittwochnachmittag schon im Urlaubsmodus, als er sich im Café „Mam’s Bistro“ in Wilhelmsburg einen Cappuccino bestellte. Dunkle Jeans, maritimes blau-weißes Poloshirt mit einem Segel-Aufdruck. „Ab morgen habe ich 27 Grad , Sonne und Strand“, frohlockte der Trainer der Hamburg Towers, der am Donnerstag in seine Sommerresidenz nach Ponte Vedra zu seiner Frau Alice und dem dreijährigen Sohn Luke reist. „Dem Kleinen haben wir nicht gesagt, dass ich komme. Er glaubt, sie fahren nur zum Flughafen, um Flugzeuge anzugucken. Das wird eine Überraschung. Pünktlich zum Daddy-und-Donut-Tag am Freitag in der Kita bin ich zu Hause“, freut sich der US-Amerikaner.

Und diese wahrlich süße Auszeit am traumhaften Atlantikstrand hat sich Taylor in den vergangenen neun Monaten auch redlich verdient. In Florida kann er all die Eindrücke verarbeiten, die der Erfolgstrainer in den vergangenen Tagen und Wochen angesammelt hat. Qualifikation mit Polen für die Weltmeisterschaft in China (31. August bis 15. September), Bundesliga-Aufstieg mit den Hamburg Towers, der am vergangenen Sonnabend mit der Meisterschaft der Zweiten Liga ProA gekrönt wurde. Hinter dem 46-Jährigen liegt die erfolgreichste Spielzeit seiner Karriere. „Zwei von zwei“, scherzt Taylor in der Basketballersprache: „Viele hatten ihre Zweifel, dass ich beide großen Aufgaben unter einen Hut bekomme, und nun: Bäm! Geschafft! Das macht mich richtig stolz“, sagt Taylor.

Ohne Basketball geht es nicht

Doch Mike Taylor wäre nicht Mike Taylor, wenn er nicht auch in seinem Urlaub seiner Leidenschaft nachgehen würde. NBA-Play-offs schauen, alte Kumpels aus der Branche treffen und vor allem seinem Sohn beim „Kiddie Basketball“ zuschauen. „Darauf freue ich mich richtig. Ich liebe diesen Sport einfach. Ohne geht es nicht, aber ich werde auch die Akkus aufladen und die Zeit mit meinen Liebsten genießen“, sagt Familienmensch Taylor.

Prominente bei Towers-Spielen:

Prominente Zuschauer bei den Hamburg Towers

Moderatorin Sylvie Meis (l.) befand sich am Sonnabend auf der Towers-Tribüne in bester Gesellschaft.
Moderatorin Sylvie Meis (l.) befand sich am Sonnabend auf der Towers-Tribüne in bester Gesellschaft. © picture alliance | Patrick Franck
Die Gangsta-Rapper Gzuz (l.) und Bonez MC von 187 Strassenbande waren gegen Nürnberg ganz nahe dran am Geschehen.
Die Gangsta-Rapper Gzuz (l.) und Bonez MC von 187 Strassenbande waren gegen Nürnberg ganz nahe dran am Geschehen. © picture alliance | Patrick Franck
Torhütertreff in Wilhelmsburg: Dortmunds Roman Bürki (r.) und Robin Himmelmann vom FC St. Pauli im November beim Spiel der Hamburg Towers gegen Schalke.
Torhütertreff in Wilhelmsburg: Dortmunds Roman Bürki (r.) und Robin Himmelmann vom FC St. Pauli im November beim Spiel der Hamburg Towers gegen Schalke. © WITTERS | Tay Duc Lam
Moderator Johannes B. Kerner 2016 bei einem Spiel der Towers gegen Gotha.
Moderator Johannes B. Kerner 2016 bei einem Spiel der Towers gegen Gotha. © WITTERS | Ibrahim Ot
Klasse-Treffen bei den Towers: Fußballtrainer-Legende Peter Neururer (l.), Handballweltmeister Pascal Hens (M.) und Hockey-Olympiasieger Moritz Fürste.
Klasse-Treffen bei den Towers: Fußballtrainer-Legende Peter Neururer (l.), Handballweltmeister Pascal Hens (M.) und Hockey-Olympiasieger Moritz Fürste. © WITTERS | Tay Duc Lam
Dortmunds Torhüter Roman Bürki wird beim Towers-Spiel von jugendlichen Fans umlagert.
Dortmunds Torhüter Roman Bürki wird beim Towers-Spiel von jugendlichen Fans umlagert. © WITTERS | Tay Duc Lam
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Im Juni wird auch sein Vater Dick Taylor nach Florida kommen, um seinen Sohn zu besuchen. Der heute 76-Jährige, einst im Trainerstab des NBA-Teams New York Knicks aktiv, ist der größte Fan und gleichzeitig schärfste Kritiker des Towers-Trainers. Jedes Spiel schaute und analysierte der Rentner in seinem Haus in Fairfax (Virginia): „Wir skypen regelmäßig. Nach dem Titelgewinn gratulierte er mir, um dann zu sagen, dass er mit einigen taktischen Dingen nicht zufrieden war. Er holte dann sein Taktik­board mit Magneten raus und zeigte mir am Monitor, was besser gegangen wäre“, erzählte Taylor junior: „Ich sagte ihm: ,Oh, mein Gott, Dad. Wir sind gerade Champion geworden. Entspann dich!‘“, erzählt Taylor und lacht. „Er ist mein Vorbild und unser größter Fan.“

Schmaler Grad

Und den will Taylor auch in der kommenden Saison nicht enttäuschen. In seiner Sommerresidenz wird er sich regelmäßig mit Sportdirektor Marvin Willoughby austauschen, um einen Kader zusammenzustellen, der in der Bundesliga konkurrenzfähig sein wird. Bislang wurden keine konkreten Gespräche über die Zukunft der Aufstiegshelden geführt. „Es ist ein schmaler Grad, wie viele Spieler man nach dem Aufstieg austauscht. Ich liebe mein Team. Von mir aus hätte die Saison noch lange weitergehen können, so viel Spaß hatte ich mit den Jungs“, erklärt der Towers-Coach: „Es geht aber nur bedingt um persönliche und emotionale Dinge. Es geht darum, ein Team zu haben, das unsere Ziele erreichen kann.“

Bis zum Trainingsstart Anfang August soll der Kader stehen. Auch die Erweiterung des Trainerstabs soll bis dahin vollzogen sein. Der bisherige Assistenzcoach Benka Barloschky wird nächste Saison bei Kooperationspartner Rist Wedel (2. Liga ProB) als Chef fungieren und „nebenbei“ bei den Towers mitarbeiten. Zuletzt wurde Andrew Hipsher, Co-Trainer bei den Hanau White Wings, bei den Wilhelmsburgern gehandelt. „Er ist ein Freund von mir, aber es wurde etwas zu viel hineininterpretiert. Es gibt mehrere Optionen“, sagt Taylor, der Ende Juli wieder nach Europa zurückkehren wird.

„Nebenjob“ in Polen

Dann beginnt bei seinem „Nebenjob“ in Polen die Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft. Vom 16. bis 18. August steigt zudem in Hamburg beim VTG-Supercup die Generalprobe für die WM in China. „Benka hat mich schon in dieser Saison toll vertreten, und er wird es wieder so machen. Ich vertraue ihm blind. Wir werden die Vorbereitung bis ins letzte Detail durchplanen“, sagt Taylor.

Video: Hamburg Towers im Rathaus

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In den Wochen vor dem Bundesligastart Ende September wollen die Towers auch in Abwesenheit ihres Trainers den Grundstein dafür legen, ihre Erfolgsgeschichte weiterzuschreiben. „Wir sind ein Underdog, aber auch der kann beißen. Wir wollen Hamburg perspektivisch zu einer Topadresse machen. In der neuen Saison wollen wir keine vorsichtigen Ziele formulieren, sondern attackieren, und das Beste aus uns herausholen“, sagt der Headcoach. Wenn das gelingt, wird der „Schlüssel zum Erfolg“, wie Taylor von Sportchef Willoughby genannt wird, vielleicht auch in den Fokus anderer Clubs rücken. „Angebote anderer Clubs interessieren mich nicht. Natürlich ist die NBA ein Traum, aber für mich geht die Welt nicht unter, wenn es ein Traum bleibt.“