Hamburg. Talent Justus Hollatz brilliert in den Play-offs und gilt schon als zukünftiger Nationalspieler. Heute Spiel drei gegen Chemnitz.

Am späten Dienstagabend mutierte Marvin Willoughby bei den Hamburg Towers kurzerhand vom Geschäftsführer zum Pressesprecher. „Okay, zwei Fragen gehen“, sagte der 41-Jährige, als die Medienvertreter nach dem 81:78-Sieg gegen die Niners Chemnitz um ein Gespräch mit Justus Hollatz baten. Eigentlich hat Willoughby seinem vor fünf Tagen 18 Jahre alt gewordene Shootingstar Redeverbot erteilt. Nicht zu Strafe, sondern zum Schutz.

Der Wilhelmsburger Basketballclub versucht den entstandenen Hype so gut es geht von ihm fernzuhalten. Doch spätestens die starken Leistungen im Play-off-Halbfinale gegen Chemnitz, in dem Spiel drei an diesem Freitag (19.30 Uhr, airtango.live) in Sachsen ansteht, offenbaren, dass Hollatz das Rampenlicht überhaupt nichts ausmacht. „Natürlich bin ich etwas nervös in den Spielen, aber es hält sich in Grenzen. Ich habe ja keinen Druck“, sagt das Eigengewächs mit leiser Stimme.

Überraschende Spielintelligenz

Und genau so unbekümmert spielt der Publikumsliebling auch auf. Mit für sein Alter überraschender Spielintelligenz initiiert er immer wieder gute Spielzüge. Und auch wenn das 82-Kilo-Leichtgewicht körperlich noch Luft nach oben hat, scheut Justus Hollatz sich nicht, mit Power zum Korb zu ziehen. Als wäre es für ihn das Normalste der Welt, vor 3400 Zuschauern eine tragende Rolle in einem Team zu spielen, das den Bundesliga-Aufstieg vor Augen hat. „Der Junge ist ein Freak und einfach ein geiler Typ. Ich nenne ihn immer meinen Sohn. Die gesamte Mannschaft vertraut Justus, und so langsam realisiert er das auch“, sagt Mitspieler Beau Beech über den Youngster. „Als 17-Jähriger war er noch ein Rookie, aber jetzt sehe ich ihn als Veteran“, scherzt der US-Amerikaner.

Dabei war diese Saison eigentlich als Lehrjahr für den gebürtigen Hamburger gedacht. Als Geschäftsführer Willoughby vor der Spielzeit eine Kaderanalyse machte, sollte Hollatz eigentlich nur regelmäßig bei den Zweitligabasketballern reinschnuppern und sich Spielpraxis vor allem beim Kooperationspartner Rist Wedel holen. Doch Trainer Mike Taylor stellte schnell fest, dass der Youngster durchaus eine Soforthilfe sein kann. Sukzessive steigerte der Coach über die Saison die Einsatzzeiten des Spielmachers, der das Vertrauen des US-Amerikaners mit konstant guten Leistungen dankte. „Ich bin richtig stolz auf Justus. Er spielt voller Überzeugung und zeigt sein außergewöhnliches Talent. Wenn du einen so jungen Spielmacher hast, der Dinge auf dem Court möglich machen kann, ist das fantastisch“, lobt Taylor.

Zeug zum Nationalspieler?

Nicht wenige glauben, dass Hollatz das Zeug hat, der erste deutsche Nationalspieler der Towers zu werden. „Justus hat eine steile Entwicklung genommen, aber er muss sich bewusst sein, dass auch Phasen kommen, in denen es nicht so läuft, und Talent allein nicht reicht. Es gehört auch harte Arbeit dazu“, sagt Willoughby. „Aber bei dem Jungen mache ich mir keine Sorgen. Er ist sehr bescheiden und klar im Kopf.“

Das wird Hollatz in den kommenden Monaten helfen, schließlich stehen wichtige Entscheidungen an. Im Sommer geht es darum, ob er im kommenden Jahr oder erst 2021 sein Abitur an der Eliteschule des Sports machen wird. Hintergrund: Sollten die Towers in der ProA bleiben, würde Hollatz in den Play-offs 2020 aufgrund von Abiturprüfungen fehlen. Neben der schulischen Zukunft, muss auch die sportliche geplant werden. Nach der Saison läuft der Vertrag des Talents aus. „Justus ist ein Spinner. Andere Clubs sollten die Finger von ihm lassen“, scherzt der Towers-Geschäftsführer, der keinen Hehl daraus macht, dass er alles dafür tun wird, sein Basketballjuwel, das er hegt und pflegt, lange an den Club zu binden.