Hamburg. Sein bisheriger Assistent Benka Barloschky übernimmt den Basketball-Zweitligaclub bis auf Weiteres.
Es ist im Profisport nicht gerade das übliche Procedere, dass der Trainer von seiner Freistellung im eigenen Wohnzimmer erfährt. Das macht die Nachricht zwar nicht angenehmer, aber Hamed Attarbashi (41), er kam gerade aus der Dusche, dürfte am Sonntagabend nicht besonders überrascht gewesen sein, als Marvin Willoughby, Sportchef, Gesellschafter und Geschäftsführer der Hamburg Towers, an der Tür seiner Wohnung in Wilhelmsburg klingelte.
Gut zwei Stunden zuvor hatte das Team in der 2. Basketballbundesliga ProA gegen das zuvor auswärts sieglose Ehingen mit 73:78 nach Verlängerung verloren und war auf Tabellenplatz zehn gestürzt.
Towers enttäuschen auf ganzer Ebene
Es war aber nicht allein die neunte Niederlage in den vergangenen zehn Spielen, wegen der sich Willoughby (40) nach Rücksprache mit den weiteren Towers-Gesellschaftern Jan Henning Fischer (37) und Tomislav Karajica (41) zum Handeln genötigt sah. Die Mannschaft hatte erstmals neben sportlichen Qualitäten auch die nötige Einstellung vermissen lassen.
„Die blutleere Art und Weise dieses Auftritts entsprach nicht unseren Ansprüchen und vor allem nicht unseren Verpflichtungen gegenüber unseren Fans und Sponsoren. Wir hatten nach dem Spiel nicht mehr das Gefühl, dass das mit Hamed noch funktionieren wird, dass da noch was zu kitten ist“, sagte Willoughby.
Am Montag leitete bereits der bisherige Co-Trainer Benka Barloschky die Übungseinheit. Der 30-Jährige soll bis auf Weiteres mit der Mannschaft arbeiten. Parallel dazu sondieren die Towers – schon seit Wochen – den Trainermarkt. Eine Alternative zu Attarbashi hatte sich bisher nicht angeboten und war lange Zeit auch nicht gewollt.
Towers hielten lange an Attarbashi fest
„Die Trennung von Hamed, die wirklich einvernehmlich erfolgte, ist uns sehr schwergefallen“, betonte Willoughby. „Wir haben ihm viel zu verdanken. Er hat die Entwicklung der Towers seit der Gründung 2014 maßgeblich mitgeprägt, immer den Verein vor seine eigene Person gestellt. Bis zuletzt haben wir daran geglaubt und gehofft, dass ihm die Wende noch gelingt.“
Was nach den üblichen Floskeln klingt, darf Willoughby als ehrliches Bedauern abgenommen werden, hatten die Towers doch zuvor – anstatt den Trainer zu entlassen – drei neue Profis verpflichtet, um den Konkurrenzdruck in der Mannschaft zu erhöhen. Und selbst als sich der Erfolg dieser Maßnahme nicht einstellte, gewährte Willoughby seinem Coach Aufschub, weil zumindest Ansätze einer Besserung zu erkennen waren.
Was der Towers-Coach falsch machte
Verliert oder gewinnt eine Mannschaft mit weniger als vier Punkten Unterschied, ist es die Schuld oder das Verdienst des Trainers, heißt es im Basketball. Einige der letzten Niederlagen der Towers fielen knapp aus, was den Schluss nahelegt, dass Attarbashi nach hervorragendem Saisonstart (9:3 Siege) irgendwann beim Coachen das glückliche Händchen abhanden gekommen ist.
Die 74:77-Niederlage am 13. Dezember in Köln, der Beginn der aktuellen Negativserie, hatte er insofern mit zu verantworten, als er 13 Sekunden vor Schluss beim Stand von 74:74 einen Ausländer zu viel aufs Feld schickte, wofür die Towers einen Freiwurf gegen die Bank kassierten. Dasselbe Missgeschick war Attarbashi zwei Monate zuvor in Heidelberg unterlaufen. Dort allerdings ohne dramatische Folgen. Die Hamburger siegten mit 74:71.
„Jeder macht Fehler, und es gibt nicht die eine Ursache. Wir waren im ständigen Austausch mit dem Trainerteam und den Spielern, wir haben alles infrage gestellt, ich mich auch, schließlich habe ich alle Verträge abgeschlossen. Aber wir haben bisher nicht eine eindeutige Erklärung für die Ergebnisse der vergangenen zwei Monate gefunden“, sagte Willoughby. Er wolle die Situation weiter analysieren, „und vielleicht komme ich dann zu dem Schluss, dass wir uns eher vom Trainer hätten trennen müssen. Wir wollten jedoch nicht in die üblichen Automatismen verfallen. Wir waren und sind von seiner Kompetenz überzeugt.“