Noch zwei Tage bis zum WM-Finale gegen Argentinien. Vor dem großen Showdown beleuchtet abendblatt.de die Gewinner und Verlierer unter Bundestrainer Joachim Löw.
Hamburg. Deutschland steht nach einem furiosen 7:1-Erfolg gegen Gastgeber Brasilien im Finale der Weltmeisterschaft 2014. Seit dem 1:0-Triumph im Viertelfinale gegen Frankreich hat Bundestrainer Joachim Löw seine Startformation gefunden. Zwei Tage vor dem Endspiel gegen Argentinien zeigt abendblatt.de die Gewinner und Verlierer des Turniers auf.
Gewinner
Miroslav Klose: Der Stürmer ist nach seinen Toren gegen Ghana und Brasilien inzwischen alleiniger Rekord-Torjäger in der WM-Geschichte. Nach einer Saison, in der sich Klose mit vielen Verletzungen rumplagen musste, ist er genau zur richtigen Zeit wieder in Top-Form. Auch wenn der 36-Jährige nur Kraft für 60 Minuten hat, ist er als einziger Stürmer in Löws WM-Kader momentan konkurrenzlos.
Manuel Neuer: Es gibt kaum einen Spieler, über den derartig viele Fotomontagen im Internet kursieren wie Manuel Neuer. Der vor der WM – auch aufgrund einer Schulterverletzung – noch teilweise kritisch gesehene Torwart wird nun als unüberwindbarer Torwart-Titan gehypt. Neuer ist nicht nur auf der Linie, sondern auch im Herauslaufen stark. Nach dem Algerien-Spiel feierten ihn einige Medien als Manu, den Libero in Anlehnung an die 13-teilige Fernsehserie aus dem Jahr 1981 „Manni, der Libero“. Für die Abendblatt-Leser ist Neuer momentan notenbester Spieler.
Bastian Schweinsteiger/Sami Khedira: Dass Khedira und Schweinsteiger Seite an Seite um Deutschlands vierten Stern kämpfen, war zu Turnierbeginn in Brasilien noch nicht abzusehen. Khedira präsentierte sich acht Monate nach seinem Kreuzbandriss bei seinen ersten Einsätzen noch nicht fit, war körperlich und spielerisch weit von seiner Bestform entfernt. Schweinsteiger, der wegen einer Knieverletzung bis kurz vor der Abreise an den Zuckerhut gehandicapt war, musste sich zunächst mit der Reservebank anfreunden. Erst im Viertelfinale gegen Frankreich waren die beiden Kumpels wieder vereint, und Kapitän Philipp Lahm konnte deshalb auch wieder als Rechtsverteidiger eingesetzt werden. Schweinsteiger und Khedira rechtfertigt das Vertrauen des Bundestrainers mit teils phänomenalen Leistungen.
Toni Kroos: Der wohl nach der WM zu Real Madrid wechselnde Mittelfeldspieler avanciert zum Herzstück der Nationalmannschaft. Kroos glänzt als Stratege, Spielmacher, Vorlagengeber und Standard-Spezialist. Außerdem ist der Noch-Münchner ein Spieler, der den Abschluss sucht. In Madrid dürfen sich die Verantwortlichen auf einen kommenden Weltstar freuen. Der 24-Jährige dürfte nicht erst durch seine überragende Vorstellung gegen Brasilien Kopfschütteln bei den Bayern-Fans ausgelöst haben, warum der Rekordmeister diesen Kroos ziehen lässt.
Benedikt Höwedes: Zählt der Schalker nun als Gewinner oder Verlierer? Der Aushilfs-Linksverteidiger ist neben Torwart Neuer und Kapitän Philipp Lahm einer von drei Dauerbrennern, die bislang noch keine Minute verpasst haben. Nach harter medialer Kritik nach den ersten vier Spielen, hat sich Höwedes inzwischen mit der für ihn ungewohnten Position angefreundet und überzeugt vor allem in der Defensive. Das honorierten auch die Abendblatt-Leser: Höwedes‘ Notenkurve zeigt klar nach oben. Offensiv findet Höwedes nach wie vor kaum statt, trotzdem zählt er zu den Gewinnern unter Löw.
Thomas Müller: Er ist ein Phänomen: Durch seine unorthodoxe Spielweise ist Müller kaum zu verteidigen. In seiner zweiten Weltmeisterschaft erzielte der Münchner erneut fünf Tore, wie schon vor vier Jahren bei der WM in Südafrika. Doch Müller will mehr und Deutschland zum Titel schießen. Ganz nebenbei bemerkt könnte er bei einem weiteren Treffer als erster Spieler in der WM-Geschichte zum zweiten Mal in Folge Torschützenkönig werden. Einfach unglaublich dieser Müller.
Verlierer
Mario Götze: Nach dem Ausfall von Marco Reus war Götze zunächst Löws Favorit für die linke Außenbahn. Doch der Jungstar konnte das in ihn gesteckte Vertrauen in keinem Spiel rechtfertigen. Gegen Portugal fiel er als Chancentod auf, in allen anderen Spielen fiel er gar nicht erst auf. Seinen einzigen Treffer gegen Ghana erzielte Götze mehr oder weniger zufällig, als er mit Angst und zusammengekniffenen Augen zum Ball ging und sein Knie anköpfte, von wo aus der Ball den Weg ins Tor fand. Für den 22-Jährigen war der Wechsel von Dortmund nach München nicht der erhoffte Karrieresprung.
Mesut Özil: Was ist bloß mit dem Edeltechniker los, der sich einst bei Real Madrid eine Prämie vertraglich festschrieben ließ, nach der er im Falle der Wahl zum Weltfußballer des Jahres eine Million Euro kassiert hätte? Özil meidet nahezu jeden Zweikampf, verliert in der Offensive viele Bälle und beteiligt sich nicht an der Defensivarbeit. Selbst beim furiosen 7:1 gegen Brasilien konnte Özil nicht glänzen, vergab sogar kurz vor Schluss freistehend das mögliche 8:0. Im direkten Gegenzug fiel daraufhin der Ehrentreffer für die Seleção. Für viele Experten ist es unverständlich, warum Özil trotz schwacher Leistungen fast jede Partie durchspielt. Doch Löw hält weiterhin an seinem Liebling fest. Trotzdem zählt Özil, dessen Stern bei der WM 2010 aufging, zu den Verlierern. Unter den Abendblatt-Lesern ist er der notenschwächste Spieler.
Marco Reus: Es sollte seine WM werden. Doch der Star von Borussia Dortmund verletzte sich im letzten Vorbereitungsspiel gegen Armenien schwer und fiel für das Turnier aus. Inzwischen spricht keiner mehr von Reus, der bis zu seiner Verletzung seinen Stammplatz in der DFB-Elf sicher hatte. Während seine Nationalmannschafts-Kollegen vor dem größten Triumph ihrer Karriere stehen, schuftet der Pechvogel rund 9600 Kilometer entfernt im Kraftraum für sein Comeback und drückt der DFB-Auswahl die Damen.
Shkodran Mustafi: Als Nachrücker vom Reus-Ausfall profitierend, war Mustafi plötzlich die erste Alternative für Löw in der Defensive. Gegen Algerien stand der Italien-Legionär dann sogar in der Startelf. Auf der für ihn ungewohnten Position als Rechtsverteidiger war Mustafi die größte Schwachstelle in einer ohnehin löchrigen Defensive. Direkt nach seinem in derselben Partie erlittenen Muskelbündelriss, der zugleich sein persönliches WM-Aus bedeutete, kursierten hämische Kommentare der Fans im Internet. Mustafi stelle sich mit seiner Verletzung in den Dienst der Mannschaft war noch einer der harmlosen Beiträge.
Mario Gomez: Eigentlich sollte für den Stürmer mit seinem Wechsel nach Italien zurück zu alter Stelle finden. Doch nach einer Saison als Reservist beim FC Bayern folgte ein Jahr, in dem Gomez wegen zahlreicher Verletzung auch beim AC Florenz kaum zum Einsatz kam. Wegen mangelnder Fitness berief ihn Löw schlussendlich nicht in den vorläufigen WM-Kader. Für Gomez platzte ein Traum, er gehört zweifelsohne zu den Verlierern.
Die Reservisten: Sportlich hat der Bundestrainer eine Drei-Klassen-Gesellschaft geschaffen, in der acht Spieler bislang gar nicht oder kaum zum Zuge kamen. Kevin Großkreutz, Erik Durm und Matthias Ginter haben noch keine Minute gespielt. Dazu gesellen sich wenig überraschend die beiden Torhüter Roman Weidenfeller und Ron-Robert Zieler. Doch auch Julian Draxler, der beim 7:1 gegen die Brasilianer wenigstens noch in der Schlussphase für 14 Minuten ran durfte, und Christoph Kramer (zwölf Minuten bei zwei Einsätzen) sowie sogar der 116-malige Nationalspieler Lukas Podolski spielten bislang nur eine Nebenrolle. Sie alle gehören zu den Verlierern. Doch am hervorragenden Teamgeist der Nationalmannschaft, der von allen Seiten gelobt wird, ändert das nichts.