Die Niederlande trauert, Argentinien feiert. Doch die internationale Presse geht mit beiden Halbfinalisten nach der fußballerischen Magerkost hart ins Gericht.
Zehntausende Fußballfans haben in Argentinien auf den Straßen den Einzug ihrer Nationalelf in das WM-Finale gegen Deutschland gefeiert. In Buenos Aires versammelte sich eine Menschenmenge im Zentrum der Stadt um den Obelisken. „Wir werden wieder Weltmeister wie 1986“, sangen sie, nachdem Maxi Rodríguez den entscheidenden Elfmeter gegen die Niederlande im Netz versenkt hatte.
Etliche Fans trugen eine Replik der berühmten Christus-Statue in Rio de Janeiro, als Zeichen der Überlegenheit über den Erzrivalen Brasilien. Dieser muss sich, fern von Rio, nach dem 1:7 gegen Deutschland mit dem Spiel um Platz drei in Brasília gegen die Niederlande begnügen.
Während des Spiels waren die Straßen in Buenos Aires menschenleer. Dieses fiel zufällig auf den Nationalfeiertag, den 9. Juli, an dem Argentinien am Mittwoch den 198. Jahrestag der Unabhängigkeit von Spanien feierte.
Auch in der argentinischen Provinz ging es nach dem Halbfinalsieg hoch her – trotz zum Teil eisiger Temperaturen im Winter der Südhalbkugel. In Rosario, der Geburtsstadt Lionel Messis, war das Fahnenmonument am Paraná-Fluss das Zentrum der Feierlichkeiten. Der zweimalige Weltmeister Argentinien hatte am Mittwoch zum ersten Mal seit 24 Jahren den Einzug in ein WM-Finale geschafft. „Ein neues Rendezvous mit der Geschichte“, schrieb dazu die Zeitung „La Nación.“
Lesen Sie nachfolgend alle internationalen Pressestimmen auf einen Blick:
NIEDERLANDE
AD: „Es ist vorbei. Oranje nach Elfmeterdrama nicht im WM-Finale. Der Traum der Elftal vom Weltmeistertitel verflog am Mittwoch während des Elfmeterschießens gegen Argentinien. Nach einem Halbfinale ohne Tore in der regulären Spielzeit und in der Verlängerung schoss der zweimalige Weltmeister die Elfmeter besser... Das zweite Halbfinale der Endrunde in Brasilien hatte viel von einem Schachspiel auf Gras.“
De Volkskrant: „Der Kampf ist vorbei. Argentinien spielt das Finale gegen Deutschland. Wer so massiv verteidigt und fast andauernd breit oder nach hinten spielt, lässt keinen Raum für Spektakel. Und doch musste dieses Spiel von monumentaler Langeweile einen Sieger haben, denn Deutschland braucht am Sonntag im WM-Finale in Rio einen Gegner. Wer in den letzten 240 Minuten kein Tor schießt, hat in einem WM-Finale nichts zu suchen, sicher nicht gegen Deutschland.“
De Telegraaf: „Oranje geschlagen. Vlaar und Sneijder versagen im Elfmeterschießen gegen Argentinien. Der Traum aller Niederländer ist geplatzt. Louis van Gaals Oranje lief im Halbfinale der Fußball-Weltmeisterschaft gegen eine argentinische Mauer. Das nervenaufreibende “Schachspiel„ dauerte 120 Minuten und erhielt als Abschluss ein grausiges Elfmeterschießen.“
NRC Handelsblad: „Oranje-Spieler bestürzt über die Niederlage, aber auch stolz – van Gaal: so nah dran. Die endgültige Niederlage gegen Argentinien ist ein enormer Dämpfer, denn die Niederlande spielten in der zweiten Halbzeit und in der Verlängerung phasenweise starken Fußball. Sie konnten gegen die starken Argentinier, die während des gesamten Spiels auch regelmäßig gefährlich waren, wirklich wenige große Möglichkeiten kreieren. So bleibt den Niederlanden am Sonnabend nur noch das Trostfinale gegen Brasilien.“
ARGENTINIEN
Clarín: „Romero ist der Held des Elfmeterschießens: Argentinien im Finale gegen Deutschland. Romero hatte einen Spickzettel, genau wie Lehmann in Deutschland 2006.“
La Nación: „Der historische Schritt für ein Team, das nicht an das Unmögliche geglaubt hat. Argentinien ist Finalist wegen seiner Härte und seiner Aufmüpfigkeit. Die Pluspunkte der Nationalmannschaft: Das Herz von Mascherano und die Hände von Romero.“
Página12: „Riesig. Argentinien ist dank der überragenden Paraden von Chiquito Romero im Finale. Mit einer soliden Leistung und Mascherano als Anführer kontrollierte Argentinien die Partie über 120 Minuten. Jetzt fehlt nur noch eine allerletzte Kraftanstrengung.“
La Razón: „Argentinien erstmals seit 24 Jahren im Finale! Historisch! Romero, der Riese, wehrt zwei Elfmeter ab. Deutschland am Sonntag ist die letzte Stufe auf dem Weg zum Ruhm.“
SPANIEN
Marca: „Messi hat eine Verabredung mit der deutschen Maschine. Argentinien steht zum ersten Mal seit 1990 im WM-Finale. Romero, der Held: Der Ersatztorwart von Monaco hält zwei Elfmeter und befördert Argentinien ins Delirium.“
AS: „Argentinien, Ekstase im Elfmeterschießen. Ein Spiel mit wenig Fußball und viel Respekt. Die bestmögliche Hommage für Di Stéfano. Argentien ist im Finale, und was vielleicht am wenigsten zählt, ist das Wie. Fußballerisch gesehen zeigten weder das Sabella-Team noch die Holländer irgendetwas, was sie für das Finale gegen Deutschland optimistisch stimmen könnte.“
El Mundo Deportivo: „Das Finale von Messi. Der Superstar und Mascherano spielen das Endspiel aller Endspiele gegen Löws Maschine. Torwart Romero war der Held im Elfmeterschießen.“
Sport: „Leo hat endlich sein Finale. Messi will den Pokal streicheln, den er noch braucht, damit die Welt ihm endgültig zu Füßen liegt.“
El País: „Nicht Messi, nicht Robben: Mascherano. Argentinien steht nach 24 Jahren erstmals wieder im WM-Finale. Argentinien hat die Ehre Südamerikas verteidigt und trifft im Endspiel auf Deutschland.“
El Mundo: „Die 'Katze' Romero serviert Messi das Finale. Maxi verwandelt den entscheidenden Elfmeter, damit Messi die Möglichkeit hat, sich im Finale im Maracaná gegen Deutschland zu krönen.“
ITALIEN
Gazzetta dello Sport: „Tango Romero. Messi und Robben enttäuschen. Niederlande gegen Argentinien wird zu einem lahmen und langweiligen Match, das die Südamerikaner mit Elfmetern lösen. Das Finale in Rio wird zum Duell zweier Kontinente und zweier Päpste, Benedikt und Franziskus.“
Corriere dello Sport: „Messi fordert am Sonntag das Deutschland von König Klose heraus. Die Anspannung legt die Niederlande 120 Minuten lang lahm. Deutschland ist frischer und stärker und hat bessere Chancen im Duell Europa-Südamerika.“
Tuttosport: „Romero ist Argentiniens Held, der die Niederlande beim Elfmeter-Roulette versenkt. Argentiniens Messi(as) ist Romero, der wie Krul agiert und zwei Tore verhindert. Die Niederlande scheiden aus, wie immer, wenn es ernst wird.“
Corriere della Sera: „Argentinien schafft den Einzug ins WM-Finale mit ganz anderen Methoden als Deutschland. Argentiniens Fußball hat nichts mit der deutschen Show zu tun. Messis Truppe versucht, den Gegner zu blockieren, und setzt auf reine Catenaccio-Strategie. Die Niederlande haben nicht viel mehr unternommen und müssen beim Elfmeter kapitulieren.“
La Stampa: „Wir haben noch die große Show Deutschlands vor Augen, daher erschien das Duell zwischen Argentiniern und Niederländern noch trauriger. Argentinien wird sein Bestes geben, doch ins Duell gegen Deutschland gehen sie nicht als Favoriten. Die Abwehr ist gut, doch der Angriff wackelt. Vor allem braucht Argentinien einen ganz anderen Messi.“
ENGLAND
Daily Mail: „Der schlimmste Albtraum der Gastgeber ist wahr geworden. Messi und Co. behalten im Elfmeterschießen die Nerven und werfen die Niederländer in einem brutalen Kampf aus dem Turnier. Sergio Romero ist der Elfmeterheld. Das Problem war, dass die Holländer so beschäftigt damit waren, die Argentinier zu stoppen, dass sie vergessen haben zu spielen. Das war ein lausiges Spiel. Punkt.“
Daily Mirror: „Messi und Co. nach langweiligem Unentschieden im Finale. Südamerika ist im Finale am Sonntag vertreten. Also fährt Messi ins Maracaná mit der Chance sich in die Liste der WM-Legenden einzutragen. Aber er wird wissen, dass er es nicht verdient hat, neben Pele und Diego Maradona zu stehen.“
The Times: „Argentinien bewahrt am Elfmeterpunkt die Nerven. In diesem aufreibenden Spiel brauchte es nach 120 Minuten Stillstand ein Elfmeterschießen.“
Daily Telegraph: „Elfmeter-Trauma für Holland: Messi führt seine Männer ins WM-Finale. Nun trifft der beste Spieler seiner Generation auf die beste Mannschaft der WM. Die Deutschen haben wahrscheinlich aus der Ferne zugesehen und darüber gelächelt, wie ihr nächster Gegner seine Kräfte im Regen strapaziert hat. Sie werden sich Argentinien angesehen haben und wissen, dass sie überlegen sind, besonders dann, wenn sie Messi so decken, wie Holland es gemacht hat.“