Mesut Özil hat noch Luft nach oben. Bei der WM in Südafrika gehörte der Supertechniker zu den Entdeckungen im deutschen Team. In Brasilien konnte er noch nicht überzeugen. Liegt es an der Position?
Recife. Mesut Özil hatte seinen bislang stärksten Auftritt bei der WM und gab sich dabei kämpferisch wie zuletzt selten: „Wir wollen unbedingt Weltmeister werden. Wenn man nur 90 Prozent Gas gibt und die Sache nicht ernst nimmt, ist man schnell weg beim Turnier“, sagte der ansonsten stets introvertiert wirkende Mittelfeldspieler mit Entschlossenheit in der Stimme.
Einen Tag vor dem letzten Gruppenspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen die USA am Donnerstag in Recife (18 Uhr/ZDF und im Liveticker bei abendblatt.de) demonstrierte der 25 Jahre alte Mittelfeldspieler vom FC Arsenal bei seinem ersten öffentlichen Auftritt während der WM Stärke. „Die USA spielen als Mannschaft sehr kompakt. Aber wenn wir unser Potenzial abrufen und das umsetzen, was der Trainer von uns verlangt, schlagen wir die USA“, betonte Özil.
Mit einer guten Leistung will er selbst dazu beitragen, dass dieses Unterfangen gelingt. In den bisherigen beiden WM-Gruppenspielen gegen Portugal (4:0) und Ghana (2:2) ist Özil den Beweis seiner Klasse schuldig geblieben, was schon zu erneuten Diskussionen um seine Person geführt hat.
Vielleicht liegt es daran, dass er nicht auf seiner Lieblingsposition spielt, wie er am Mittwoch bei seinem ersten öffentlichen Auftritt während der WM in Recife erläuterte: „Jeder weiß, dass ich am liebsten als Spielmacher auflaufe, aber der Trainer entscheidet. Ich spiele jetzt eben rechts, da hat man nicht so viele Möglichkeiten auf das Spiel einzuwirken.“
Ballack versteht Özil-Kritik nicht
Dass Özil im rechten Mittelfeld bislang bei dieser WM etwas gehemmt wirkt, haben auch Bundestrainer Joachim Löw und sein Assistent mitbekommen. Dass bereits vor dem Gruppen-Showdown die Diskussionen um den früheren Real-Profi wieder losgehen, überrascht die sportliche Führung aber schon: „Wir sind sehr zufrieden mit ihm. Mesut nimmt das Spiel an und setzt unsere Vorgaben gut um“, sagte Hansi Flick.
Der Assistent von Löw weiß aber auch um die seelische Verfassung des sensiblen Profis: „Mesut betreibt einen sehr hohen Aufwand. Er braucht vielleicht eine entscheidende Situation, dass ihm mal ein Tor gelingt.“
Özil erhält zusätzlich Unterstützung von Michael Ballack. „Ich bin überrascht, wie kritisch Mesut Özil gesehen wird. Für mich ist und bleibt er ein außergewöhnlicher Spieler“, sagte der frühere DFB-Kapitän im Express. Zwar habe Özil in Brasilien noch kein überragendes Spiel abgeliefert, aber er habe auch nicht enttäuscht.
„Er braucht einfach mal einen magischen Moment, er muss diesen Moment erzwingen“, so Ballack, der auch den Bundestrainer in der Pflicht sieht: „In dieser Situation muss Löw ihm den Rücken stärken. Denn um Spieler wie ihn oder auch Mario Götze beneiden uns andere Nationen. Sie machen den Unterschied aus.“
Özil wird uns noch viel Freude bereiten
Vielleicht platzt ja schon gegen die USA mit dem früheren Bundestrainer Jürgen Klinsmann auf der Bank der Knoten bei Özil, der vor vier Jahren in Südafrika zu den WM-Entdeckungen beim späteren Turnier-Dritten gehörte.
„Mesut ist ein Weltklassespieler, er wird uns noch sehr viel Freude bereiten“, hatte Lukas Podolski bereits nach dem Turnierstart gegen Portugal (4:0) über seinen wortkargen Mitspieler gesagt.
Bei der WM in Südafrika benötigte Özil allerdings auch zwei Spiele Anlaufzeit, eher mit seinem herrlichen Siegtreffer zum 1:0 gegen Ghana das deutsche Team ins Achtelfinale schoss. Für Özil, in der WM-Qualifikation mit acht Toren in zehn Spielen treffsicherster deutscher Spieler, war das Tor gegen die Afrikaner bis dato sein einziger WM-Treffer.
Vielleicht wiederholt sich ja in seinem dritten WM-Spiel 2014 die Geschichte, denn auf ein Remis wolle man auf keinen Fall spielen: „Als Spieler denkst du generell nicht daran, unentschieden zu spielen. Wir wollen Gas geben und Gruppenerster werden.“
Anschließend soll dann für die DFB-Auswahl und auch für ihn die Reise noch bis zum 13. Juli weitergehen. Da muss dann sogar sein Glaube hintenanstehen, wie der angesichts des bevorstehenden Ramadans mitteilte: „Ramadan fängt Samstag an, aber ich kann nicht mitmachen, weil ich arbeiten muss.“