Thomas Müller war der gefeierte Mann, aber auch rund um den Dreifach-Torschützen ging das Offensivkonzept von Bundestrainer Löw auf. Keiner diskutierte nach dem 4:0 mehr über falsche oder echte Neun.
Santo André. Flexibel, kombinationssicher und vor allem torgefährlich. Nach der WM-Gala gegen Portugal brennt die deutsche Qualitätsoffensive schon auf Gruppengegner Ghana. „Ein 4:0 war, denke ich, die passende Antwort auf all die Diskussionen um fehlende Stürmer in unserer Mannschaft“, betonte Kapitän Philipp Lahm und freute sich natürlich ganz besonders über den Auftritt von „Thomas Spezial“.
Müller war der gefeierte Goalgetter, aber letztlich hatte das gesamte Angriffskonzept von Bundestrainer Joachim Löw seine Weltmeisterschaftstauglichkeit unter Beweis gestellt. „Es ist wichtig, dass die Räume vorne besetzt sind, dass wir flexibel vorne sind, dass wir dadurch dann schwerer auszurechnen sind“, erklärte Mario Götze, in seinem 30. Länderspiel neben Müller einer der großen Gewinner zum Auftakt.
Erst zum zweiten Mal überhaupt in zwölf Spielen der WM-Saison stand das Trio Müller, Götze und Mesut Özil zusammen in der Startelf. Vier Treffer gegen Cristiano Ronaldo & Co. – gar nicht auszudenken, wenn auch noch Marco Reus dabei gewesen wäre. Nach der Erfolgsvariante vom ersten Gruppenspiel war das unglückliche WM-Aus des Dortmunders gar kein Thema mehr. „Thomas Müller hat in der Spitze mit seinen vielen Wegen, die er gemacht hat, für viel Verwirrung gesorgt, nicht nur mit seinen Toren. Durch ihn hatten wir Platz in den Zwischenräumen, und da sind Spieler wie Götze oder Özil prädestiniert, die Bälle reinzuspielen“, erläuterte Löw seine Angriffsstrategie.
Dem Thema „falsche Neun, richtige Neun“ messe er weniger Bedeutung bei, sagte der Bundestrainer. „Wir haben Stürmer, die Tore erzielen müssen.“ Falsche Neun hin oder her – der WM-Torschützenkönig prägte gleich mal lockerflockig einen neuen Begriff. „Wir haben Bewegungsstürmer“, sagte der 24-Jährige. Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor demonstrierte allerdings (noch) nicht jede Offensivkraft.
Schürrle und Podolski drängen in Startelf
Gerade im Abschluss müssen sich Götze und Özil, der seine Stärken eher im Zentrum als auf dem Flügel hat, noch steigern. Sonst droht die Bank, denn die interne Konkurrenz macht mächtig Druck. André Schürrle zeigte im Training mit viel Wucht seine Entschlossenheit vor dem Tor. Lukas Podolski schob mit Fitness-Coach Darcy Norman gar eine Extra-Schicht. „Ich bereite mich so vor, als wenn ich spiele. Und wenn ich nicht spiele, bin ich auch in Alarmbereitschaft“, versprach Löws „Spezialkraft“ vom FC Arsenal.
Miroslav Klose, dem mit 14 Treffern noch ein Tor auf den WM-Rekord des Brasilianers Ronaldo fehlt, war dagegen erstmal kein Thema. „Egal, wer vorne spielt, wir werden uns immer auch bewegen und wir werden nie, wenn einer mal tief gegangen ist, sofort wieder umstellen“, beschrieb Müller. „Der Grundgedanke gegen Portugal war, dass ich mich im Strafraum am meisten aufhalten soll.“ Und aus den gegebenen „Umständen“, meinte der Dreifachtorschütze mit einem verschmitzten Grinsen, sei der Plan „gut aufgegangen“.
Nicht so gut wie bei Müller ging das erste WM-Vorhaben trotz guter Ansätze für Özil auf. Enttäuscht trottete der Arsenal-Spielmacher bei seiner Auswechslung vom Rasen, wurde vom ehemaligen Real-Kollegen Sami Khedira aufgemuntert. Doch die große Zeit von Özil soll bei der WM noch kommen. „Mesut ist ein Weltklassespieler, er wird uns noch sehr viel Freude bereiten“, versicherte sein Londoner Mitspieler Podolski. Vielleicht sogar schon im nächsten Spiel, denn an den Gegner hat der gebürtige Gelsenkirchener beste Erinnerungen: Beim mühsamen 1:0 gegen Ghana vor vier Jahren erzielte der Filigrantechniker den Siegtreffer und sicherte das Achtelfinale.