Der ARD-Experte analysiert vor dem Spiel der Nationalelf gegen Portugal die Spieler beider Teams Mann für Mann. „Portugal ist der härteste Vorrunden-Gegner, aber Deutschland bleibt Favorit“, so Elber.
Santo André/Rio de Janeiro. Es ist fast schon so etwas wie das ewige Duell: Deutschland gegen Portugal – in diesem Jahrtausend gab es bei großen Turnieren keine Paarung häufiger. 2000 demütigte Sergio Conceição Erich Ribbecks Rumpelfüßler mit drei Toren beim 3:0 in der EM-Vorrunde. Bei der WM 2006 revanchierte sich Bastian Schweinsteiger mit zwei Treffern beim 3:1 im Spiel um Platz drei. Auch im Viertelfinale bei der EM 2008 traf Portugal-Schreck Schweinsteiger beim 3:2, vier Jahre später in der Ukraine erzielte Mario Gomez den Treffer des Tages.
Vor dem WM-Auftaktspiel in Salvador (Montag, 18 Uhr im Liveticker bei abendblatt.de) vergleicht ARD-Experte Giovane Elber für das Abendblatt die Dauerrivalen, die beide mit einem variablen 4-3-3-System auflaufen wollen. Sein Ergebnis: 6,5:4,5 für Deutschland. „Portugal ist der härteste Gegner in der Vorrunde, aber Deutschland bleibt der Favorit für den Gruppensieg.“
Torhüter: Manuel Neuer – Rui Patricio: Die Schulter der Nation ist einsatzbereit. „Manuel ist der beste Torhüter der Welt“, sagt Elber, der Rui Patricio lediglich für einen guten Schlussmann hält. Trotzdem vertraut besonders Portugals Nationaltrainer Paulo Bento auf seinen Keeper, den er schon als Vereinstrainer bei Sporting Lissabon gegen Kritiker vehement verteidigt hat. Elbers Fazit: Punkt für Deutschland.
Rechtsverteidiger: Jerome Boateng – Jo ão Parreira: Die Paarung Boateng gegen Cristiano Ronaldo gehört zu den Schlüsselduellen des Spiels, Parreira hat mit Gegenspieler Lukas Podolski dagegen die mutmaßlich einfachere Aufgabe. „Jerome darf sich nicht seinen üblichen Schnitzer erlauben“, sagt Elber, der Valencias Parreiera auch Vorteile in der Offensive bescheinigt. Im Gegensatz zum gelernten Innenverteidiger Boateng unternimmt der gelernte Flügelstürmer Parreira oft Ausflüge nach vorne, wo er Nani unterstützt. Elber: „Knapper Punkt für Portugal.“
Innenverteidiger: Per Mertesacker – Pepe: In dieser Länderspielsaison ließ die deutsche Defensive im Schnitt 4,3 Schüsse aufs Tor zu. Die Portugiesen lediglich 2,5. Ein Garant für das lusitanische Abwehrbollwerk war vor allem Madrids Pepe, der laut Elber nur eine Schwäche hat: „Er muss aufpassen, dass er seinen Kopf nicht verliert.“ Der gebürtige Brasilianer gilt als Heißsporn, ganz anders als der norddeutsche Mertesacker, den nichts aus der Ruhe bringen kann. Elbers Fazit: Unentschieden.
Innenverteidiger: Mats Hummels – Bruno Alves: Alves gilt als bester Kopfballspieler Portugals, hat nach Ronaldo auch die besten Sprungkraftwerte. Im Aufbauspiel werden dem Innenverteidiger von Fenerbahce Istanbul aber Mängel bescheinigt – ganz im Gegenteil zu Mats Hummels, der wieder so verteidigen darf, wie er es aus Dortmund gewohnt ist. Das Langpass-Verbot, das Löw einst gegen Hummels verhängte, ist aufgehoben. „Eine gute Entscheidung“, sagt Elber, „keiner kann diese Pässe hinter die Linien besser spielen als Hummels.“ Sein Fazit: Punkt für Deutschland.
Linksverteidiger: Benedikt Höwedes – Fabio Coentrão: Der gelernte Innenverteidiger Höwedes gilt eher als Abwehrspieler der alten Schule, ist zweikampfstark, groß, kopfballstark und robust, aber kein Dauerläufer, der die linke Seite hoch und runter laufen kann. „In diesem Turnier sind nicht so sehr die offensiven Außenverteidiger gefragt“, erklärt Löw. Bento sieht das offenbar ganz anders. Er setzt rechts wie links auf gelernte Außenstürmer. „Zusammen mit seinem Kumpel Ronaldo ist Coentrão eine echte Waffe auf der linken Seite“, sagt Elber. Also: Punkt für Portugal.
Defensives Mittelfeld: Toni Kroos – Raul Meireles: Meireles soll vor allem die Defensive des Dreier-Mittelfelds stärken, gleichzeitig aber auch seine Torgefahr im Spiel nach vorne einbringen. Gleiches gilt für Bayerns Kroos, der sich im Gegensatz zu seinem Gegenüber von Fenerbahce Istanbul über eine starke Saison freuen darf. Meireles war oft verletzt. „Eigentlich ist er sehr wichtig für Portugal, aber nur wenn er wirklich fit ist“, sagt Elber: Punkt für Deutschland.
Defensives Mittelfeld: Philipp Lahm – Miguel Veloso: Kapitän Lahm ist der Schlüsselspieler im Matchplan Löws. Der Chefökonom des deutschen Spiels macht kaum Fehler, er ist der Dreh- und Angelpunkt. Im Zentrum soll er als klassischer Sechser hinter Kroos und Khedira das Spiel ähnlich dirigieren wie bei den Bayern. Auf der anderen Seite ist Veloso die große Unbekannte. Der Techniker galt zwar mal als eines der größten Talente des Landes, hat sich mit seinem Wechsel zu Dynamo Kiew aber keinen Gefallen getan. Wegen der Unruhen in der Ukraine musste sogar der Ligabetrieb unterbrochen werden. Für ihn könnte auch William Carvalho auflaufen. Elbers Fazit: ganz klarer Punkt für Deutschland.
Defensives Mittelfeld: Sami Khedira – João Moutinho: Ähnlich wie Lahm bei den Deutschen ist João Moutinho der Taktgeber Portugals im Mittelfeld. Der Profi vom AS Monaco ist spielintelligent und wichtig als Passgeber für Ronaldo. Außerdem ist Moutinho im Gegensatz zu Khedira topfit. „Sami wird nach seiner langen Pause Zeit brauchen, um wieder zu seiner gewohnten Stärke zurückzufinden“, sagt Elber: Punkt für Portugal.
Rechte Offensive: Thomas Müller – Nani: Ein Duell auf höchstem Niveau. Nani ist das Ronaldo-Double auf rechts, während Müller alle Positionen in der Offensive bekleiden kann. Ein weiterer Unterschied: „Thomas wurde in dieser Saison zwar oft ein- oder ausgewechselt, hat aber trotzdem enorm viele Tore geschossen. Nani hatte dagegen eine sehr schwere Saison in Manchester“, sagt Elber: Punkt für Deutschland.
Linke Offensive: Lukas Podolski – Cristiano Ronaldo: „Ronaldo ist der beste Spieler der Welt“, sagt Elber. Auf der anderen Seite ist Podolski nur deswegen ins Team gerutscht, weil sich Marco Reus kurz vor dem Abflug im letzten Test gegen Armenien das Syndesmoseband am Knöchel riss. Und: Podolskis Startelf-Nominierung gilt nicht mal als sicher, auch André Schürrle macht sich Hoffnungen. Elbers Fazit: eindeutiger Punkt für Portugal.
Sturm: Mesut Özil – Helder Postiga: Obwohl Deutschland ohne echten Stürmer spielt, sieht Elber Vorteile bei der DFB-Auswahl. „Mesut ist ein brillanter Spieler. Das wird er auch im Angriff beweisen können“, sagt Elber. „Falsche Neun, richtige Neun – dem messe ich wenig Bedeutung zu“, stellt auch Löw klar. Sein Gegenüber Bento scheint noch unentschlossen, ob er auf Kloses Lazio-Rom-Sturmpartner Helder Postigo, den früheren Bremer Hugo Almeida oder auf Éder im Sturm setzt. Daher Elbers Fazit: Punkt für Deutschland.