Neuerliche Verletzungssorgen plagen das deutsche Team vor der WM. Davon will sich die Mannschaft allerdings nicht negativ beeinflussen lassen. Klose glaubt, dass alle „noch stärker“ zurückkommen.
St. Martin. Nach dem erneuten Schock versammelte Lukas Podolski seine Kollegen in einem großen Kreis und beschwor die Jetzt-erst-recht-Mentalität. Der Schlachtruf der 22 Fußball-Nationalspieler beim Morgen-Training war durch das halbe Passeiertal zu hören. „Keine Ahnung, was wir da geschrien haben“, sagte Torjäger Miroslav Klose schmunzelnd. Die Botschaft kam trotzdem an: Wir lassen uns nicht unterkriegen!
Lars Bender hörte es nicht mehr - er war zu diesem Zeitpunkt bereits tief enttäuscht auf dem Weg in die Heimat. „Ich will jetzt erst mal meine Ruhe haben und das Ganze verdauen“, sagte er dem Kölner Express. Der WM-Traum ist für den einzigen Leverkusener im Kader wegen einer kombinierten Muskel-Sehnen-Verletzung im oberen Bizeps-Anteil des rechten Oberschenkels geplatzt.
Die Sorgenfalten von Bundestrainer Joachim Löw dürften damit noch größer geworden sein. „Sie können sich vorstellen, dass das ein Stück weit auf die Stimmung geschlagen hat“, erklärte Nationalmannschaftssprecher Jens Grittner. Zumal Bender wie die ebenfalls nicht komplett fitten Sami Khedira und Bastian Schweinsteiger ein „Sechser“ ist. Damit müssen aus dem Trainingslager-Kader nur noch drei Spieler gestrichen werden, der Mönchengladbacher Nachrücker Christoph Kramer ist plötzlich fast schon gesetzt für die WM, ein Vorrücken des Rechtsverteidigers Philipp Lahm ins zentrale Mittelfeld ist wieder ein Stück wahrscheinlicher geworden.
Der Kapitän traf wie der ebenfalls verletzte Stammtorhüter Manuel Neuer und der frisch gebackene Vater Per Mertesacker am Freitag in Südtirol ein. Dass Lahm, Neuer oder der immer noch im Individualtraining befindliche Vize-Kapitän Schweinsteiger für die WM ausfallen, „kann ich mir überhaupt nicht vorstellen“, sagte Miroslav Klose, der als ältester (35 Jahre), erfahrenster (131 Länderspiele) und treffsicherster (68 Tore) DFB-Akteur ebenfalls Optimismus zur Schau trug.
„Wer ihren Charakter kennt, weiß, dass sie nach Verletzungen noch stärker zurückkommen“, erklärte der Stürmer von Lazio Rom: „Manu ist Torhüter, er braucht das Läuferische nicht so sehr, deshalb wird er nicht viel verlieren. Und Philipp tut es vielleicht sogar gut, einmal ein paar Tage weniger zu machen. Deshalb mache ich mir überhaupt keine Gedanken. Wir werden so fit ins Turnier gehen, wie wir uns das vorstellen.“
Dies gelte auch und im Besonderen für ihn selbst, versprach der selbst erst genesene Routinier. „Ich gehe davon aus, dass ich beim Turnier bei 100 Prozent bin“, sagte Klose: „Es geht mir sehr gut, ich bin auf einem sehr guten Weg. Die Fitnesstrainer kennen mich gut und wissen genau, was ich brauche. Alles läuft in den richtigen Bahnen.“
„Die Südamerikaner sind ganz klar im Vorteil“
Dies galt bis Donnerstag auch für Bender, doch dann verletzte sich der Leverkusener im Nachmittagstraining ohne Fremdeinwirkung. Er reiste nach einer schwermütigen Verabschiedung von allen Kollegen schon am Freitagmorgen ab und hinterließ eine Sorge mehr. „Wenn so kurz vor einem Turnier ein Spieler verletzungsbedingt ausfällt, dann ist das für alle enttäuschend“, sagte denn auch Löw.
Umso wichtiger sind für den Bundestrainer positive Nachrichten, an denen er sich aufrichten kann. Als Abwehrchef Mertesacker am Freitag um 12.15 Uhr das Camp erreichte, fiel ihm der Bundestrainer gleich in die Arme und gratulierte überschwänglich zum zweiten Kind und zum Gewinn des FA-Cups.
Fitte und positiv gestimmte Spieler wird Löw in Brasilien in jedem Fall brauchen, denn die Bedingungen dort flößen ihm und seinen Spielern durchaus Respekt ein. Klose, nach eigener Auskunft „von Haus aus Optimist“, sieht die DFB-Elf deshalb nur als WM-Außenseiter. „Die Südamerikaner sind ganz klar im Vorteil, weil sie die Bedingungen kennen“, erklärte er: „Ich habe mit einigen Kollegen in Italien gesprochen. Die haben mir erzählt, dass sie beim Confed-Cup schon nach 20 Minuten nicht mehr wussten, woher sie die Luft nehmen sollten. Das ist ein ganz anderes Fußballspiel als hier.“
Und die Jetzt-erst-recht-Mentalität ist umso wichtiger..