Hamburg. Paqarada könnte den Hamburger Club verlassen, Saliakas kommt. System wird angepasst, aber Dissonanzen scheinen behoben.

Ein gewisses Schauspieltalent kann man Andreas Bornemann nicht absprechen. Der Sportchef des FC St. Pauli beherrscht es, wie es die Situation erfordert, gute Miene zum bösen Spiel zu machen und direkte Kritik lächelnd mit nahezu entwaffnendem sympathisch-badischen Zungenschlag abzufeuern.

Vor allem ist der 50-Jährige die Idealbesetzung für eine Hauptrolle, kann mit seiner Präsenz Räume füllen und – wie beim Pressegespräch zum Saisonabschluss – fast halbstündig zur Einordnung der abgelaufenen Serie monologisieren. Was man dabei nicht vergessen darf: Bornemann ist kein Schauspieler. „Sondern tatsächlich auch nur Mensch, mit menschlichen Regungen.“

FC St. Pauli: Gutes Verhältnis zwischen Sportchef und Schultz

Und der Mensch Bornemann wollte sich, was ihm glaubhaft anzusehen war, erklären: „Es gibt Gespräche, die ich lieber einen Tag hinauszögere, weil sie mir so schwerfallen.“ Vertragsgespräche. Gespräche über Verträge, die nicht verlängert werden. „Um eine sportliche Entwicklung zu erzielen, müssen schwierige Entscheidungen getroffen werden, die menschlich wehtun. Ich habe aber nirgends gelesen, dass sportlicher Erfolg nicht zu den Werten des FC St. Pauli zählen darf“, sagt nun wieder Bornemann, der Sportchef.

Will man es mit den Interpretationen auf die Spitze treiben, machte sich an diesem Mittwoch aus taktischen Gründen auch Bornemann, der Schauspieler, Luft, indem er die Medien kritisierte für die aus seiner Sicht fehlerhafte und überzogene Darstellung über ein angespanntes Arbeitsverhältnis zu Trainer Timo Schultz.Denn zwischen Sportchef und Coach passe kaum ein Blatt Papier. „Wir sind bei 95 Prozent der Themen zu 100 Prozent deckungsgleich“, sagte Bornemann, der Scherzkeks, der dafür zu Recht einige Lacher erntete.

„Wir diskutieren über solche schwierigen Themen"

Aber es war ja nicht witzig, sondern aus menschlicher Sicht tragisch, worin die sportlichen Entscheidungsträger letztlich einer Meinung waren. Es ging unter anderem um die Abschiede des langjährigen Torwarttrainers Mathias Hain und verdienten Kapitäns Philipp Ziereis. „Wir diskutieren über solche schwierigen Themen auch mal intensiver. Final trage ich die Entscheidungen aber mit“, sagte Schultz.

Die fehlenden fünf Prozent Deckungsgleichheit hatte Bornemann, der Mathematiker, bei der noch nicht finalisierten Vertragsverlängerung der Co-Trainer Loic Favé und Fabian Hürzeler ausgemacht: „Das ist nicht optimal verlaufen, dafür übernehme ich die Verantwortung. Es spricht aber nichts dagegen, dass wir in den nächsten Tagen die weitere Zusammenarbeit verkünden.“

Spieler mit Bundesligaerfahrung fehlte

Schultz musste sich 36 Minuten mit der ihm zugewiesenen Rolle als Nebendarsteller begnügen. Dann entfuhr ihm ein „Geil!“, als es endlich mal ums Sportliche ging. Was denn die Lehren aus der erfolgsarmen Rückrunde sind? „Wir waren nur im Sturm und von der Zehnerposition torgefährlich. Dazu hätten wir mehr Flexibilität sowie das letzte Quäntchen Verrücktheit gegen Gegner zeigen können, die sich hinten reinstellen.“

Überschaubar war auch die Gefahr nach offensiven Standards. Dazu fehlte, abgesehen von Stürmer Guido Burgstaller, ein Spieler mit Bundesligaerfahrung, um dem Team Halt zu geben. Bornemann stellte den Zusammenhang zwischen den Top drei und den Toptorjägern her: Simon Terodde (Schalke), Robert Glatzel (HSV), Marvin Ducksch und Niclas Füllkrug (beide Bremen).

Burgstaller spielt in Planung keine Rolle

Umso bitterer, dass es Burgstaller aus familiären Gründen näher in Richtung seiner Heimat nach Österreich zieht. In den Planungen spielt er, wenngleich so nicht kommuniziert, ebenso keine Rolle mehr wie Topspieler Daniel-Kofi Kyereh, der in die Bundesliga wechseln wird. „Guido hat einen Vertrag, aber es gibt private Situationen, die man akzeptieren und dann nach Lösungen suchen muss“, so Bornemann. Bleibt Leart Paqarada, der Begehrlichkeiten geweckt hat und offenbar schwerlich zu halten sein wird.

„Manchmal verläuft die Entwicklung eines Spielers flotter als erwartet, dann eröffnen sich Möglichkeiten. Natürlich ist Bewegung in der Sache drin. Wir haben das Bestreben, das bestmögliche Team zusammenzustellen, sind aber keine Fantasten und uns bewusst, welche Optionen sich für einige Spieler bieten“, sagt Bornemann. Wegen der guten sportlichen wie finanziellen Entwicklung sei der Club nicht auf Transfererlöse angewiesen. Aber: „Ab und an wollen wir sie schon erzielen.“

FC St. Pauli könnte wieder eine Hauptrolle spielen

Dabei hat St. Pauli gerade erst ein Gegengewicht gefunden, um das durch den überragenden Linksverteidiger Paqarada linkslastige Spiel auszubalancieren. Der Grieche Manolis Saliakas (25) kommt ablösefrei vom griechischen Erstligisten PAS Giannina. Medien aus seiner Heimat zu Folge erhält er einen Dreijahresvertrag. Der zweifache Nationalspieler gilt als einer der besten Rechtsverteidiger der griechischen SuperLeague und hat laut Schultz „richtig Dampf nach vorne wie hinten“.

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Ein Systemwechsel sei durch die geplanten Transfers nicht vorgesehen. „Es wird aber deutliche Anpassungen geben“, sagt Schultz. Gelingt es dem FC St. Pauli, dafür die richtigen Darsteller zu verpflichten, könnte er in der Zweiten Liga wieder eine Hauptrolle spielen.