Hamburg. FC St. Pauli spricht von internen „konstruktiven Diskussionen“. Wird nach Ziereis' Vertrags-Aus nun auch Kyereh den Verein verlassen?

Den Montagabend verbrachte Daniel-Kofi Kyereh dort, wohin laut griechischer Mythologie auserwählte Helden versetzt werden: in den gesegneten Gefilden Elysion. Auf Deutsch in Französisch: an der Avenue des Champs-Élysées. Ex-Bundesligaprofi Dante (38/OGC Nizza) hatte nach Paris geladen, um die Veröffentlichung des Magazins „Life after Football“, dessen Coverathlet der Brasilianer ist, zu feiern. Und der Held des FC St. Pauli kam. Nicht zum Feiern, danach war ihm nach dem verpassten Aufstieg nicht zumute. Eher um Abstand zu gewinnen. Denn auf St. Pauli scheint es dieser Tage unruhiger zuzugehen als in der französischen Metropole.

Nach diversen Vorfällen im zurückliegenden halben Jahr soll es in der Führungsebene bei den Braun-Weißen rumort haben. Wie aus dem Umfeld von Trainer Timo Schultz zu hören ist, sei der Coach anfangs nicht glücklich gewesen mit einigen Entscheidungen, zum Beispiel was die Trennung von Torwarttrainer Mathias Hain betrifft, der kein neues Arbeitspapier erhält und den Kiezclub nach 14 Jahren verlassen muss. Aber Hain ist es offenbar zum Verhängnis geworden, unter seiner Ägide kaum Torhüter entwickelt zu haben, die mindestens Zweitliganiveau besitzen.

Zukunft von Schultz' Co-Trainern noch offen

Offen ist auch die Situation bei den Assistenztrainern Loic Favé (29) und Fabian Hürzeler (29, deren Verträge Ende Juni auslaufen. Es heißt zwar immer, dass die Kontrakte verlängert werden sollen, doch unterschrieben ist eben noch nichts. Dass Schultz über diese unklare Personalsituation ebenfalls nicht glücklich ist, hat er mehrfach zum Ausdruck gebracht.

Auch der Abgang von Kapitän Philipp Ziereis (29), dessen auslaufender Vertrag nicht verlängert wird, basiere nicht auf Schultz’ Idee. Angesprochen auf die Verabschiedung des Innenverteidigers nach dem Heimspiel gegen Fortuna Düsseldorf (2:0) sagte Schultz: „Das lässt einen nicht kalt. Ich hatte schon ein paar Wochen Zeit, mich an den Gedanken zu gewöhnen.“ Allerdings, relativiert der Trainer nun in einem offiziellen Statement: „Ich bin in jede dieser Personalentscheidungen involviert gewesen.“

Im Winter verzichtete St. Pauli auf Transfers

Nach der starken Hinrunde diskutierte die sportliche Führung um Andreas Bornemann durchaus darüber, ob der Kader noch Verstärkungen benötigen könnte, zum Beispiel in der Abwehr. Aber das Team blieb so zusammen. Das Ende ist bekannt. St. Pauli spielte eine schwache Rückrunde, holte nur 21 Punkte aus 17 Spielen, verspielte den sicher geglaubten Gang in die Bundesliga. „Ich habe im Winter nicht nach Verstärkungen geschrien“, sagt Schultz. „Natürlich diskutiert man, ob noch etwas sinnvoll ist. Aber es muss ja auch realisierbar sein.“ War es offenbar im Rahmen des verfügbaren Budgets nicht.

„Über alle anstehenden Personalfragen diskutieren wir und kommen dann grundsätzlich zu einer gemeinsamen Entscheidung, die wir auch gemeinsam so nach außen vertreten. Es ist völlig normal, dass es Diskussionen gibt und dass mal der eine in die eine Richtung und der andere in die andere Richtung tendiert. Wir besprechen das Für und Wider und kommen dann gemeinsam zu einem Ergebnis. Das war bei den Entscheidungen, dass wir die Verträge von Mathias Hain und Philipp Ziereis nicht verlängert haben, genauso wie bei der Frage, ob wir im Winter zusätzliche Spieler verpflichten wollen“, lässt sich Bornemann zitieren.

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Die nächsten internen Diskussionsrunden stehen nun bevor: In Anbetracht des sicher bevorstehenden Wechsels von Topspieler Kyereh sowie der Gerüchte um Abgänge der Leistungsträger Leart Paqarada und Guido Burgstaller verlangt Schultz adäquaten Ersatz. Der Trainer wünscht sich eine Perspektive, wie der Kader zum Trainingsstart am 11. Juni aussehen kann, damit sich der Kiezclub nicht, wie von einigen Experten erwartet, mit Abstiegs- statt Aufstiegskämpfen befassen muss.

Kyerehs Wechsel nimmt unterdessen Form an. Nach Abendblatt-Informationen hat sich der 26-Jährige am Dienstag mit Verantwortlichen des SC Freiburg getroffen. Dort würde der ghanaische Nationalspieler kommende Saison in der Europa League spielen und in einem ruhigen Umfeld agieren. Ruhiger als Paris. Und manchmal auch ruhiger als St. Pauli.