Regensburg. St. Paulis 3:2-Erfolg beendet die Sieglos-Serie und gibt den Aufstiegshoffnungen neue Nahrung. Doch es wurde unnötig spannend.
Der Sonntagmorgen begrüßte die Spieler des FC St. Pauli in Regensburg mit einem bayrisch weiß-blauem Himmel, Sonnenschein und knapp über null Grad. Bei schönstem Winterwetter absolvierte das Team, das am Sonnabendabend mit dem am Ende hart erkämpften 3:2 (2:0)-Sieg beim SSV Jahn Regensburg seine Durststrecke von fünf sieglosen Ligaspielen beendet hatte, noch am Ort des Erfolges das Regenerationstraining. Am Mittag ging es von München mit dem Flugzeug zurück nach Hamburg. Hier erlebten die Spieler mit, dass Darmstadt in seinem Auswärtsspiel in Hannover nur zu einem 2:2 kam und so dafür sorgte, dass St. Pauli wieder Spitzenreiter der Zweiten Liga ist.
Der 3:2-Sieg hatte für St. Pauli in gleich dreifacher Hinsicht eine besondere Bedeutung. Es war der erste Punktspielsieg in Regensburg überhaupt, vier Niederlagen und ein Unentschieden hatten bisher zu Buche gestanden. Damit konnte Trainer Timo Schultz einen weiteren Punkt seiner To-do-Liste abhaken. Zudem war es der erste dreifache Punktgewinn im Kalenderjahr 2022, und er bewahrte St. Pauli davor, erstmals seit September vergangenen Jahres wieder von einem direkten Aufstiegsplatz verdrängt zu werden. Schon bei einem Unentschieden wäre dies passiert.
FC St. Pauli: Spiele vor einer fünfstelligen Zahl von Fans
Zwölf Spieltage vor Schluss ist St. Pauli zwar nicht mehr mit einem komfortablen Vorsprung ausgestattet, aber eben doch immer noch mittendrin im Aufstiegsrennen. Und die Aussichten, hier noch sehr lange oder sogar bis zum Ende voll mitzumischen, sind objektiv betrachtet vielversprechend. Nur noch fünfmal muss das Team vom Millerntor auswärts antreten, wobei nur einer der Gegner – Schalke am vorletzten Spieltag – ein Topteam ist. Die vier anderen (Ingolstadt, Dresden, Rostock und Sandhausen) befinden sich im unteren Tabellendrittel.
Dem stehen sieben Spiele im Millerntor-Stadion gegenüber, in dem St. Pauli in dieser Saison noch ungeschlagen ist und 26 von 30 möglichen Punkten holte, auch wenn es hier zuletzt zweimal ein 2:2 gab. Die Aussicht, diese Spiele aller Voraussicht nach vor einer fünfstelligen Zahl von Fans bestreiten zu können, sollte zusätzlich beflügeln.
„Es ist doch schön, wenn es nicht nur drei oder vier Mannschaften unter sich ausmachen, sondern fünf oder sechs und es bis zum Ende spannend bleibt. Wir haben noch fantastische Spiele vor uns“, sagte denn auch Trainer Timo Schultz. „Heute geht es uns nach dem Spiel jedenfalls besser als vor dem Spiel.“
Damit spielte er auf das Ende der Sieglosserie an. „Für uns in der Mannschaft war das weniger ein Thema als für andere. Wir fegen nicht so einfach über Paderborn hinweg, wissen aber auch, dass wir in Regensburg gewinnen können. Es zählt nicht nach dem 17. und nicht nach dem 21. Spieltag. Wir werden sehen, wo wir am Ende stehen, und das wird dann auch verdient sein“, sagte der Trainer weiter.
„Es war auch klar, dass der erste Sieg nach der ergebnistechnischen Schwächephase kein Leckerbissen sein würde, sondern, dass wir ihn uns erarbeiten müssen.“ Allerdings ist es dringend geboten, dass die St.-Pauli-Spieler die richtigen Lehren daraus ziehen, dass sie in Regensburg nach einer hochüberlegen geführten ersten Halbzeit am Ende nur mit viel Kampf, aber auch Glück den ersten Auswärtssieg seit dem 28. November (3:2 in Nürnberg) über die Ziellinie retten konnten.
„Wenn es so wie jetzt läuft, ist es mehr als optimal“
„Als das Spiel am Ende wild wurde und der Ball mehr in der Luft als am Boden war, haben wir Probleme bekommen. Wenn wir mit unseren Ballgewinnen und Kontern sorgfältiger umgehen, machen wir auch eher den Deckel drauf“, sagte Schultz treffend, nachdem sein Team zur Pause hätte deutlich höher als mit 2:0 durch Etienne Amenyido und Guido Burgstaller hätte führen müssen. Selbst Regensburgs Trainer Mersad Selimbegovic stellte fest, dass das Beste an der ersten Halbzeit war, dass es danach aus Jahn-Sicht nur 0:2 stand.
Nach dem Anschlusstreffer von Andreas Albers hatte der eingewechselte Daniel-Kofi Kyereh zwar das 3:1 für St. Pauli erzielt. Aber der erneute Anschluss durch David Otto war der Auftakt zu einer hektischen und mehr als 20 Minuten langen Schlussphase, in der es an ein Wunder grenzte, dass weder Regensburgs massiver Druck noch die im Ansatz gefährlichen Konter zu weiteren Treffern führten.
Eine wichtige Erkenntnis des Abends im Jahnstadion war, dass Daniel-Kofi Kyereh bei seinem Comeback nach seiner Afrika-Cup-Teilnahme Anfang Januar und dem dort erlittenen Muskelfaserriss sofort wieder ein Faktor war, auch wenn er erst nach knapp einer Stunde für Etienne Amenyido eingewechselt wurde. „Wenn es so wie jetzt läuft, ist es mehr als optimal. Wir haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass wir Kofi nicht eins zu eins ersetzen können. Aber Eti hat heute schon wieder ein Tor gemacht. Jetzt haben wir wieder eine Alternative mehr“, sagte Schultz.
„Wenn Kofi bei 100 Prozent Leistungsfähigkeit ist, steht er von Beginn an auf dem Platz. Ich hoffe, es kann in einer Woche so weit sein“, blickte er schon auf das Heimspiel gegen Hannover 96 am kommenden Sonntag voraus.
Sorge um Kapitän Ziereis
„Es fühlt sich richtig gut, weiter mittendrin zu sein“, sagte Kyereh über die Situation seines Teams im Spitzenkampf der Zweiten Liga. „Wir sind hellwach und haben Spaß an der Arbeit.“ Gleichzeitig relativierte der 25 Jahre alte Nationalspieler Ghanas die Formel, dass St. Pauli sofort wieder gewinnt, wenn er dabei ist: „Die meisten anderen haben viel länger für den Sieg gearbeitet als ich.“
- FC St. Pauli schießt sich zurück an die Tabellenspitze
- Joker Kyereh zeigt seine Klasse, Burgstaller eiskalt
- St. Pauli will schlechtem Rasen mit „Hoch Kofi“ trotzen
Ein bisschen Sorge bereitet unterdessen die Muskelverletzung im rechten Oberschenkel von Innenverteidiger Philipp Ziereis, der vorzeitig ausgewechselt werden musste. Sein Stellvertreter James Lawrence war wegen einer ähnlichen Blessur gar nicht nach Regensburg gereist. Ein Ausfall beider am nächsten Sonntag wäre für St. Pauli schon ein Manko beim Unterfangen, die Tabellenführung zu verteidigen.
SSV Jahn Regensburg: Meyer – Breitkreuz, Gimber (88. Caliskaner), Kennedy – Saller (46. Faber), Boukhalfa (82. Beste), Besuschkow, Guwara (88. Yildirim) – Singh – Shipnoski (46. Otto), Albers.
FC St. Pauli: Vasilj – Zander, Ziereis (59. Dzwigala), Medic, Paqarada - Smith - Irvine, Hartel (81. Beifus) - Amenyido (57. Kyereh) – Burgstaller (81. Matanovic), Dittgen (81. Makienok).
Schiedsrichter: Winter (Hagenbach).
Tore: 0:1 Amenyido (7.), 0:2 Burgstaller (11. Elfmeter), 1:2 Albers (56.), 1:3 Kyereh (66.), 2:3 Otto (73.).
Zuschauende: 7605.
Gelbe Karten: Meyer – Kyereh (3), Paqarada (3).
Statistik: Torschüsse: 22:12, Ecken: 7:3, Ballbesitz: 60:40 Prozent, gewonnene Zweikämpfe: 135:113, Laufleistung: 123,01:21,91 km.