Hamburg. Sportchef Bornemann will trotz eines reduzierten Etats, dass Leistungsträger zunehmend fest verpflichtet werden.
Nur der Himmel hat den FC St. Pauli bislang in dieser Saison nass gemacht – das am Dienstag aber richtig. Das Training im Vollwaschgang war nur bedingt ein Spaß, hilft aber nichts, man hat ja Ambitionen. Mit denen konnten sie zuletzt sogar Marcel Hartel überzeugen, einen Vertrag bis 2024 zu unterschreiben. Trotz zahlreicher namhafter Mitbewerber und Interessenten – wie zum Beispiel auch dem HSV.
„Wir haben uns große Mühe gegeben, ihm darzulegen, dass St. Pauli der richtige Schritt für ihn ist“, erzählte Sportchef Andreas Bornemann. Trainer Timo Schultz und er zeigten sportliche Perspektiven auf, sogar Stürmer Daniel-Kofi Kyereh wurde in die Überzeugungsarbeit eingebunden, der alte persönliche Verbindungen zu Hartel hatte.
Marcel Hartel war im Derby gegen den HSV einer der überragenden Spieler
Was für ein Coup dem Club damit gelungen ist, war schon am Freitag im Derby gegen den HSV (3:2) zu sehen, als Hartel einer der überragenden Spieler war. „Man kannte ihn natürlich über die Jahre“, sagte Bornemann, „schon im vergangenen halben Jahr hatte sich abgezeichnet, dass er in Bielefeld sportlich nicht zufrieden sein konnte.“ Da saß der 25-Jährige unter dem neuen Trainer Frank Kramer nur auf der Bank. Die Arminia hatte im Kampf um den Klassenerhalt die Taktik umgestellt, agierte defensiver, Hartel war nicht mehr gefragt.
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Bei St. Pauli aber schon. „Wir haben für diese Position intensiv geschaut, als feststand, dass uns Rodrigo Zalazar verlässt“, erzählt Bornemann. Die Verhandlungen mit Bielefeld waren hart, am Ende aber erfolgreich. Auch die Arminia hatte schließlich ein Interesse, den Spieler von der Gehaltsliste zu bekommen, da geht man aufeinander zu.
„Wichtig war uns, dass es eine dauerhafte Verpflichtung ist“, sagt St. Paulis Sportchef. Also von der Leihe, hin zu „eigenen“ Spielern. Auch das gehört zum Entwicklungsprozess. In der Vorsaison waren die Schlüsselspieler Zalazar, Omar Marmoush und Dejan Stojanovic geliehen. Ebenso Eric Smith, der inzwischen fest verpflichtet wurde. In Bornemanns erstem Jahr 2019/20 waren es Leo Östigard, James Lawrence, Matt Penney, Youba Diarra und Victor Gyökeres. Und jetzt: keiner.
FC St. Pauli hat seine Personalkosten für den Profibereich um rund zehn Prozent reduziert
„Es braucht eine Zeit von drei, vier Transferperioden, bis man an einer Mannschaft eine Handschrift erkennt“, sagt Bornemann. „Wir haben im Sommer 2020 mit Timo Schultz das Ziel besprochen und verfolgen das seither in der sportlichen Leitung gemeinsam.“ Der Erfolg dabei ist offensichtlich.
Die fehlenden Einnahmen durch die Coronakrise spielen dabei eine überschaubare Rolle. Um rund zehn Prozent hat der FC St. Pauli seine Personalkosten für den Profibereich reduziert. 15 Millionen Euro soll der Etat vor der Krise betragen haben. Der Club hat nun den Profikader von 36 Spielern 2020/21 auf aktuell 30 verkleinert. Unter den Abgängen waren auch Top-Verdiener wie Daniel Buballa oder Robin Himmelmann.
TV-Gelder gehen zurück
Mit rund 24 Millionen Euro insgesamt für Personalaufwand belegte der FC St. Pauli zum Ende des Geschäftsjahres 2020/21 Platz sieben unter allen Zweitligisten. Auch mit einem Gesamtumsatz von 47,5 Millionen Euro liegt der Verein auf Platz sieben. St. Pauli ist also wahrlich kein kleiner Verein. Erstmals seit Jahren gab es allerdings ein negatives Geschäftsergebnis von 557.000 Euro, dem ein Eigenkapital von 13 Millionen Euro gegenüberstand.
Dass die TV-Gelder zurückgehen, trifft alle Clubs gleichermaßen, „wir merken natürlich, dass uns die knapp 30.000 Fans im praktisch immer ausverkauften Stadion fehlen“, sagt Bornemann, „wir bewegen uns unter dem Niveau von vorher. Aber wir haben vorher nicht über unsere Verhältnisse gelebt und bemühen uns nun, das Unternehmen gut auf Kurs zu halten.“ Und Marcel Hartel darf gerne dabei helfen.