Hamburg. Das Spiel beim 1. FC Magdeburg entscheidet darüber, in welcher Stimmung das Team ins Derby gegen den HSV geht.

Es ist alles andere als ein typisches Erstrundenspiel im DFB-Pokal. Sind diese Partien oft davon geprägt, dass ein kleiner, mutiger Amateurclub es mit einem der Großen der Fußballbranche aufnimmt, so muss das Match des FC St. Pauli beim 1. FC Magdeburg an diesem Sonnabend (18.30 Uhr, Sky und Liveticker abendblatt.de) als ein Vergleich nahezu auf Augenhöhe betrachtet werden – trotz der unterschiedlichen Ligazugehörigkeit.

„Der FC St. Pauli kann aus seiner Pokalhistorie nicht davon ausgehen, in den ersten Runden immer der totale Favorit zu sein. Wir wissen, wie es in den vergangenen Jahren gelaufen ist“, sagte am Freitag St. Paulis Trainer Timo Schultz. Er dachte dabei nicht zuletzt an seine erste negative Pokalerfahrung als Cheftrainer vor rund elf Monaten, als er bei seiner Pflichtspielpremiere erleben musste, wie seine Mannschaft 2:4 von der Regionalligaauswahl der SV Elversberg verdient aus dem Wettbewerb geworfen wurde.

Magdeburg ist für den FC St. Pauli noch stärker einzuschätzen als Elversberg

Das Drittliga-Topteam Magdeburg ist jetzt sicher noch ein gutes Stück stärker einzuschätzen als vor knapp einem Jahr die ebenfalls ambitionierten Saarländer. Andererseits aber ist die St.-Pauli-Mannschaft heute wesentlich gefestigter als damals. Mithin bietet das Pokalmatch in der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts die Chance, mit einem Erfolgserlebnis im Rücken in das Stadtderby am kommenden Freitag gegen den HSV zu gehen. Ein erneutes frühes Aus im Pokal würde hingegen zur Unzeit auf die Stimmungslage drücken.

Unter besonderer Beobachtung in Magdeburg wird Dennis Smarsch im Tor des FC St. Pauli stehen. Der 22-Jährige war von Trainer Schultz vor Saisonbeginn bekanntlich vom reinen Reservisten zum „Pokaltorwart“ befördert worden. Dies sei kein „Bonbon“, sondern wegen dessen sportlicher Entwicklung verdient, hatte der Coach betont. Nun wird es ein gutes Stück auch von Smarsch selbst abhängen, ob er in dieser Saison noch weitere Einsätze haben wird.

Innenverteidiger des FC St. Pauli im Fokus

„Ich erhoffe mir, dass er genauso spielt, wie er trainiert. Er hat den höchsten Anspruch an sich selbst. Ich hoffe, dass er trotzdem locker und befreit aufspielt und seine Stärken auf den Platz bringt. Das ist die Strafraumbeherrschung, und auch mit dem Fuß ist er richtig gut“, sagte Schultz über Smarsch.

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Es wird insbesondere auch an den beiden Innenverteidigern, voraussichtlich Philipp Ziereis und Jakov Medic, liegen, dass Smarsch nicht einem Dauerbeschuss der Magdeburger Offensive ausgesetzt sein wird. In den beiden ersten Ligaspielen dieser Saison, dem 3:0 gegen Kiel und dem 0:0 in Aue, hatte die gezielte Trainingsarbeit in Sachen Defensivverhalten jedenfalls entsprechende Früchte getragen.

Noch hat St. Pauli keinen Pflichtspielgegentreffer hinnehmen müssen

Noch hat St. Pauli keinen Pflichtspielgegentreffer hinnehmen müssen, Torwart Nikola Vasilj wurde nur vereinzelt gefordert. Jeweils zu null spielten auch die Magdeburger in ihren ersten Ligaspielen. Dem 2:0 bei Waldhof Mannheim folgte ein 0:0 gegen Aufsteiger SC Freiburg II. „Der Pokal war in den vergangenen Jahren nicht unbedingt unsere Lieblingsdisziplin. Deshalb wollen wir dieses Jahr unbedingt etwas reißen“, sagte jetzt Kapitän Ziereis.

Auf größere Veränderungen in seiner Startelf, abgesehen von der Torwartposition, wird Timo Schultz verzichten, sofern er nicht durch Blessuren dazu gezwungen wird. „Zu Anfang einer Saison ist es nicht das Optimale, so viel zu wechseln. Wenn sich erst einmal eine Achse gebildet hat und Spieler dauerhaft performen, ist es leichter, zwei- oder dreimal zu wechseln“, sagte Schultz.

Tageskasse wird es in Magdeburg nicht geben

Unter den zugelassenen rund 15.000 Zuschauenden werden 751 Anhänger des FC St. Pauli sein und versuchen, sich als deutliche Minderheit gegen die als besonders laut und enthusiastisch bekannten Magdeburger Fans Gehör zu verschaffen. Rund die Hälfte des zur Verfügung stehenden Auswärtskontingents von 1500 Tickets wurde nicht in Anspruch genommen. Eine Tageskasse wird es in Magdeburg nicht geben.

Wie die Fans kann auch Timo Schultz dem DFB-Pokal viel Positives abgewinnen. „Allein die Tatsache, dass am Ende ein Sieger feststehen wird, zur Not im Elfmeterschießen, macht den Pokal so besonders. Der ganze Modus und das Drumherum unterscheidet sich schon deutlich von einem Ligaspiel, auch wenn das unsere Vorbereitung jetzt nicht groß verändert hat“, stellte Schultz klar.

Die Nerven könnten am Ende entscheiden

Auch im Hinblick auf das angesprochene mögliche Elfmeterschießen hat es in den vergangenen Tagen keine spezielle Vorbereitung gegeben. „Spätestens die Europameisterschaft hat doch gezeigt, dass es relativ wenig Sinn ergibt, Elfmeterschießen zu trainieren“, sagte Schultz. „Jeder Spieler von uns schafft es, den Ball aus elf Metern ins Tor zu schießen. Das ist nicht das große Problem. Wenn aber 120 Minuten in den Knochen sind und der Lärmpegel dazukommt, geht es mehr darum, wer dann dem Druck gewachsen ist.“

Immerhin gab es in dieser Hinsicht erst vor zwei Jahren ein positives Erlebnis für die St. Paulianer, als sie beim VfB Lübeck das Elfmeterschießen gewannen und in die zweite Pokalrunde einzogen.