Fürth. Vor allem in der Torhüterfrage überrascht St. Paulis Trainer in Fürth erneut. Verlässt Himmelmann noch im Winter den Verein?

Die guten Vorsätze beim FC St. Pauli haben nur kurz gehalten. Das alte Jahr mit all seinen Negativerlebnissen einfach mal „aus den Klamotten schütteln“, hatte St. Paulis Trainer Timo Schultz als Devise für das Auswärtsspiel bei der SpVgg Greuther Fürth ausgegeben. Davon konnte nach der 1:2 (0:2)-Niederlage allerdings keine Rede sein. Im Gegenteil: Im elften sieglosen Spiel in Folge präsentierte sich die Mannschaft vom Millerntor über weite Strecken chancenlos und spielte wie ein Absteiger. Dass am Ende noch einmal ein Hauch von Hoffnung aufkam, lag allein daran, dass die Fürther es zuvor versäumt hatten, ihre Führung auszubauen.

„Wir haben vor allem in der ersten Halbzeit überhaupt nicht zu unserer Leistung gefunden und hatten nach den beiden Gegentoren zu wenig Zugriff auf das Spiel und haben keinen Druck auf den Ball bekommen“, stellte Schultz nach den 94 gespielten Minuten ernüchtert fest. „Am Ende konnten wir nach dem tollen Tor von Leon Flach zwar noch einmal an einem Punkt schnuppern, aber der wäre heute nicht verdient gewesen“, befand er weiter und wirkte ziemlich desillusioniert.

St. Pauli: Faustdicke Startelf-Überraschungen

Um den Aufbruch ins neue Jahr auch personell zu dokumentieren, hatte Schultz mit einigen faustdicken Überraschungen in seiner Anfangsformation aufgewartet. So gab Afeez Aremu als „Sechser“ sein Startelfdebüt in der Zweiten Liga. Der Nigerianer hatte bisher nur zwei Einwechslungen in den bisherigen Punktspielen und einen misslungenen Startelf-Auftritt beim DFB-Pokal-Aus in Elversberg zu Buche stehen gehabt. Zudem bekam Außenstürmer Kevin Lankford wieder einmal eine Chance von Beginn an und verdrängte Daniel Kofi Kyereh. Und auch Lukas Daschner durfte von Beginn an ran für Rico Benatelli. Ebenfalls sein Debüt gab – allerdings wie erwartet – Winterzugang Adam Dzwigala als Innenverteidiger neben dem als Kapitän agierenden Marvin Knoll.

Robin Himmelmann gehörte in Fürth noch nicht einmal mehr St. Paulis Kader an.
Robin Himmelmann gehörte in Fürth noch nicht einmal mehr St. Paulis Kader an. © Witters

Für mehr Augenreiben sorgte die Riege der Reservisten. So hatte Schultz Torhüter Robin Himmelmann in Hamburg gelassen und Dennis Smarsch als Ersatzmann für Svend Brodersen nominiert. „Ich kann eben nur zwei Torhüter nominieren, der zweite war heute Dennis Smarsch“, kommentierte Schultz seine Entscheidung. Mehr wollte Schultz zu diesem Vorgang nicht sagen und nährte damit zumindest die Spekulation, Himmelmann könnte noch in diesem Winter den Verein wechseln.

Himmelmann-Ersatz Brodersen patzt

Auch die Entscheidung, Brodersen jetzt zum Keeper Nummer eins zu ernennen, ist nach dem Spiel in Fürth noch ein Stück fragwürdiger geworden. Beim Versuch, eine viel zu hoch geratene Flanke abzufangen, ließ Brodersen den Ball aus den Händen gleiten und legte ihn so Havard Nielsen praktisch ideal vor, der so das 2:0 für Fürth erzielte. Er sei nicht mehr so „hibbelig“, hatte Schultz nach Brodersens erstem Saisonspiel gegen Aue (2:2) noch gesagt. Diese Aktion war allerdings ein schwerer Rückfall. „Svend hat uns aber auch danach mit guten Paraden im Spiel gehalten“, verteidigte Schultz seinen Torwart.

Diese vielen und großen Veränderungen mögen nach dem 0:3 gegen Düsseldorf zwei Wochen zuvor ihre Berechtigung gehabt haben, wirklich etwas eingebracht haben sie nicht. Im Gegenteil: St. Pauli präsentierte sich nach einer von beiden Seiten abtastenden Anfangsphase als das in jeder Hinsicht unterlegene Team. Vor allem im Anschluss an den Fürther Doppelschlag zum 2:0 wurde deutlich, dass hier eine homogene, eingespielte und selbstbewusste Mannschaft gegen ein bunt zusammengewürfeltes und verunsichertes Team spielt.

Schultz: St. Pauli muss ans Limit gehen

Das offenkundige Bemühen, zunächst möglichst defensiv stabil zu stehen, hielt bei St. Pauli diesmal zwar etwas länger als in den Spielen gegen Aue und Düsseldorf. Doch krasse individuelle Fehler machten dann wieder alles zunichte. Simon Makienoks Abwehr-Kopfball nach einer Ecke von Paul Seguin war zu kurz und landete genau vor Fürths Paul Jaeckel. Dessen Volleyschuss prallte an den ausgestreckten Arm von Marvin Knoll. Der protestierte zwar, der Ball habe seinen Körper getroffen, doch die Überprüfung zeigte, dass auch Knoll Ellenbogen im Spiel war. Den fälligen Strafstoß verwandelte Julien Green (24.) und leitete damit St. Paulis Niederlage ein.

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Die leichte Steigerung der Hamburger im zweiten Abschnitt wurde zwar durch einen 25-Meter-Schuss des eingewechselten Leon Flach zum 1:2-Anschluss (82.) gekrönt, doch wirklich in Gefahr gerieten die Fürther nicht mehr. „Wenn wir nicht am Limit spielen und kein Spielglück haben, sind wir mit Fürth nicht auf Augenhöhe“, gestand Schultz am Ende ein. Ganze zwei Torschüsse in 94 Minuten sind denn auch das passende statistische Armutszeugnis.

St. Pauli jetzt im Endspiel gegen Würzburg

Der Druck auf sein Team, aber auch auf ihn selbst, ist durch die Niederlage vor dem Nachholspiel am Mittwoch beim Schlusslicht Würzburger Kickers noch einmal gewachsen. Die besten Nachrichten für St. Pauli kamen denn auch von den anderen Plätzen. Neben Würzburg verloren auch die beiden anderen Abstiegskandidaten Sandhausen und Braunschweig ihre Spiele. Dennoch hat das Match in Würzburg schon einen Endspielcharakter.

Die Statistik

  • Fürth: Sascha Burchert – Meyerhöfer, Jaeckel, Bauer, Raum – Stach – Seguin (83. Sarpei), Green – Leweling (69. Hrgota), Nielsen (77. Abiama), Ernst (78. Tillman). – Trainer: Leitl
  • St. Pauli: Brodersen – Ohlsson, Dzwigala, Knoll, Paqarada (46. Buballa) – Aremu (78. Flach), Zalazar – Lankford (85. Burgstaller), Daschner (61. Kyereh), Dittgen – Makienok (61. Matanovic). – Trainer: Schultz
  • Schiedsrichter: Tobias Reichel (Stuttgart)
  • Tore: 1:0 Green (24. Handelfmeter), 2:0 Nielsen (27.), 2:1 Flach (82.)
  • Gelbe Karten: Seguin (4) – Knoll (2), Paqarada (2), Aremu (2), Ohlsson (4)
  • Torschüsse: 23:2
  • Ecken: 13:2
  • Ballbesitz: 61:39 Prozent