Würzburg/Hamburg. Corona-Fall bei den Würzburger Kickers verhindert das Kellerduell gegen den FC St. Pauli. Deutliche Kritik an der DFL.
Nach offizieller Lesart war es eine Hängepartie bis rund 90 Minuten vor dem geplanten Anpfiff, ehe die Deutsche Fußball Liga (DFL) am Mittwoch das Zweitligaspiel des FC St. Pauli bei den Würzburger Kickers tatsächlich absetzte. In der Flyeralarm Arena waren die TV-Teams schon dabei, ihr Equipment aufzubauen, als endlich auch vom Ligaverband offiziell verkündet wurde, was schon am Vormittag vom Heimverein unmissverständlich bekannt gegeben worden war: Das Match findet wegen eines Corona-Falles im eigenen Team nicht statt.
„Wir sind alles andere als begeistert, erst zwei Stunden vor Anpfiff die offizielle Absage erhalten zu haben. Der ganze Prozess ist höchst fragwürdig und nicht professionell abgelaufen“, sagte St. Paulis Sportchef Andreas Bornemann am frühen Mittwochabend vor allem in Richtung DFL in einer für seine Verhältnisse ungewöhnlich scharfen Diktion. Allerdings soll der Antrag auf Spielverlegung durch die Führung der Würzburger auch erst am Nachmittag bei der DFL eingetroffen sein.
Der Ärger der St. Paulianer war auf jeden Fall nachvollziehbar. Anstatt nahezu den gesamten Tag auf eine offizielle Entscheidung warten zu müssen, hätten die 20 Spieler des Kaders die Zeit für ein Training nutzen können. So aber stand immer noch im Raum, dass am Abend möglicherweise doch noch gespielt werden würde.
Wann St. Pauli von Würzburger Corona-Fällen erfuhr
Dabei war der Zweitliga-Aufsteiger aus Unterfranken selbst schon um 10.50 Uhr in die Offensive gegangen und hatte verkündet, dass seine Mannschaft vom Gesundheitsamt Würzburg in Quarantäne geschickt worden sei und deshalb sowohl die Partie gegen den FC St. Pauli am Abend als auch das folgende Auswärtsspiel am Sonnabend (13 Uhr) bei Darmstadt 98 ausfallen müssten.
„Ein Mitglied des Funktionsteams der Lizenzspielermannschaft des FC Würzburger Kickers ist positiv auf Covid-19 getestet worden. Das Gesundheitsamt Würzburg hat entschieden, die Profimannschaft umgehend bis auf Weiteres in Quarantäne zu beordern“, formulierte der Club auf seiner Homepage und kurz darauf auch in den sozialen Netzwerken wie Twitter.
Diese Nachricht erreichte die Mannschaft des FC St. Pauli völlig unvorbereitet in ihrem Teamhotel in Würzburg, in dem sie die Nacht zum Mittwoch verbracht hatte. Das Team von Trainer Timo Schultz war darauf fokussiert, am frühen Abend beim Tabellenschlusslicht den zweiten Saisonsieg zu landen, um den direkten Abstiegsplatz 17 zu verlassen. Die rund sechs Stunden währende Ungewissheit bis zur offiziellen Absage durch die DFL waren für alle Beteiligten unnötig nervenzehrend.
Warum eine Spielabsage unausweichlich war
Auch beim Gegner waren die Spieler in Gedanken zunächst noch beim Spiel. „Wir sind aufgrund des hohen Stellenwerts der Begegnung gegen den FC St. Pauli sogar extra in unser Teamhotel gegangen“, berichtete Würzburgs Sportvorstand Sebastian Schuppan. Er betonte allerdings: „Es ist absolut diskussionslos und es steht außer Frage, dass die Gesundheit aller Beteiligten an erster Stelle steht. Wir sind uns unserer großen gesellschaftlichen Verantwortung und vor allem auch in diesen Tagen unserer sozialen Vorbildfunktion bewusst.“
Nach Informationen aus dem Würzburger Umfeld hatte das vom positiven Corona-Test betroffene Mitglied noch am Tag vor dem Spiel intensiven Kontakt zu mehreren Spielern der Kickers. Das Entscheidende dabei war, dass bei ihm auch der Nachtest ein positives Ergebnis ergeben hatte, sodass von einem tatsächlichen Corona-Fall und somit von der akuten Gefahr ausgegangen werden musste, dass er auch Spieler infiziert hat.
Corona bei Würzburg? Da war doch was!
Dies war denn auch ein wesentlicher Unterschied zu den drei vermeintlichen Corona-Fällen innerhalb des Würzburger Teams vor dessen Spiel beim HSV am 24. Oktober. Damals waren Abwehrspieler Douglas sowie die beiden Co-Trainer Kurtulus Öztürk und Philipp Eckart zunächst positiv getestet worden. Dieses Ergebnis hatten die Würzburger in der Nacht vor dem Spiel in ihrem Hotel in Hamburg erfahren und umgehend das Trio vom übrigen Team isoliert.
Dank Schnelltests wenige Stunden vor dem Spiel, die allesamt negativ ausfielen, konnte die Austragung noch gerettet werden. Insbesondere stellte sich heraus, dass Douglas, Öztürk und Eckart „falsch positiv“ getestet worden waren.
Am Mittwoch aber blieb das Ansinnen der DFL, das Spiel trotz allem noch austragen zu können, zum Scheitern verurteilt, weil das Gesundheitsamt die Würzburger Spieler in häusliche Quarantäne beordert hatte. Auch angesichts der bundesweit deutlich dramatischeren Corona-Situation im Vergleich zum Oktober wäre eine Austragung des Spiels trotz eines nachgewiesenermaßen positiven Falls ein fatales Signal gewesen, auch wenn die aktuelle Sieben-Tage-Inzidenz in Würzburg mit 82,07 vergleichsweise niedrig war.
Spielabsage: Heftige Kritik an der DFL
Allein wegen der über mehr als sechs Stunden unterschiedlichen Kommunikation entbrannten vor allem in den sozialen Netzwerken erhebliche Diskussionen über die Berechtigung einer einseitigen Absage seitens des gastgebenden und vom Corona-Fall betroffenen Clubs. Vor allem aber stand auch das lange Zögern der DFL mit der offiziellen Spielabsage stark in der Kritik.
Das könnte Sie auch interessieren:
- PCR-Schnelltest im Brotbox-Format: Auch St. Pauli interessiert
- Hilft Smudo dem FC St. Pauli bei der Zuschauerrückkehr?
Der FC St. Pauli hielt sich allein schon aus rechtlichen Gründen so lange mit einer Bestätigung oder Kommentierung des Spielausfalls zurück, bis die DFL ihr Statement abgegeben hatte. Auf keinen Fall wollte der Club der DFL gegenüber signalisieren, selbst nicht antreten zu wollen. Schon beim abgesetzten Heimspiel des HSV gegen Erzgebirge Aue Anfang Oktober hatte die DFL bis kurz vor dem geplanten Anpfiff mit der offiziellen Bestätigung gewartet.
Die Mannschaft des FC St. Pauli flog am Mittwochabend wie geplant nach Hamburg zurück und wird an diesem Donnerstag mit einem regulären Training anstatt mit einer Regenerationseinheit die Vorbereitung auf das Heimspiel am Sonntag (13.30 Uhr) gegen Fortuna Düsseldorf beginnen. Gleichzeitig hat das Warten auf einen Nachholtermin des Spiels in Würzburg begonnen.
An diesem Donnerstag findet von 19 Uhr an virtuell die ordentliche Mitgliederversammlung des FC St. Pauli statt. An der Videokonferenz teilnehmen können nur Mitglieder, die sich rechtzeitig angemeldet hatten.