Hamburg. Dank Videobeweis beenden die Hamburger in der Nachspielzeit eine fast 20 Jahre währende Negativserie in Darmstadt.
Schon zum dritten Mal in dieser noch so jungen Saison hat sich der FC St. Pauli mit einem Aufbäumen in der Schlussphase noch einen Punkt gerettet. Doch so dramatisch wie jetzt am Sonnabend beim 2:2 (0:1) bei Darmstadt 98 war es noch nie in dieser Zeit. Ein Strafstoß nach Videobeweis musste in der fünften Minute der Nachspielzeit herhalten, um das schon verloren scheinende Spiel doch noch mit einem glücklichen Punktgewinn zu beenden. Mittelfeldspieler Rodrigo Zalazar behielt die Nerven und verwandelte den Foulelfmeter. Auch St. Paulis Partien in Bochum und zuletzt gegen Nürnberg waren 2:2 ausgegangen.
„Wir haben hier in den letzten Jahren viel Haue bekommen, deshalb bin ich sehr glücklich, dass wir hinten heraus das 0:2 noch aufgeholt haben“, sagte St. Paulis Torwart Robin Himmelmann, „den Punkt nehmen wir gern mit.“ Letztmals hatte es St. Pauli 1992 geschafft, wenigstens einen Punkt im Stadion am Böllenfalltor zu ergattern. Noch im Mai hatten die Hamburger hier 0:4 verloren.
Trainer Timo Schultz hatte im Vergleich zum 2:2 gegen den 1. FC Nürnberg am vergangenen Montagabend zwei Änderungen in seiner Startformation vornehmen müssen, weil neben Stürmer Guido Burgstaller (Gefäßverletzung im Bauch) auch Innenverteidiger und Kapitän Christopher Avevor (Prellung) nicht zur Verfügung standen. So kamen Marvin Knoll und Luca Zander neu ins Team, die gegen Nürnberg eingewechselt worden waren. Dabei rückte Knoll, der auch die Kapitänsbinde trug, ins zentrale Mittelfeld, und Zander nahm die Position auf der rechten Außenbahn ein.
Fritz revidiert Elfmeter-Entscheidung für St. Pauli
Die erste Aufregung gab es schon in der zwölften Minute, als St. Paulis linker Außenbahnspieler Maximilian Dittgen und Darmstadt Rechtsverteidiger im Strafraum der Hessen zu Boden gingen. Schiedsrichter Marco Fritz (Korb) entschied einigermaßen überraschend auf Strafstoß. Nach Intervention aus dem Kölner Videokeller sah sich Fritz die Szene auf dem Bildschirm an und korrigierte seine Entscheidung.
Grundsätzlich aber zeigten die Hamburger ein engagiertes und auch spielerisch ansprechendes Spiel in der ersten Halbzeit und besaßen folgerichtig auch Torchancen. Zander traf das Außennetz (7.), Daniel-Kofi Kyereh bereitete mit seinem 18-Meter-Schuss Darmstadts Torwart Marcel Schuhen Probleme (22.), und nach Dittgens scharfer Flanke von links konnte Schuhen den Volleyschuss von Finn Ole Becker (26.) gerade noch zur Ecke lenken.
Arrogant geschossener Elfmeter bringt St. Pauli in Rückstand
Doch das alles nützte am Ende wenig, weil nichts Zählbares heraussprang. Ganz im Gegenteil: Zum Ende der ersten Halbzeit deutete Darmstadt beim Kopfball von Mathias Honsak (43.), der knapp über das Tor strich, erstmals ernsthaft Torgefahr an. Nur eine Minute später leistete sich Talent Becker im Strafraum reichlich ungeschickt ein Foul an Tobias Kempe. Diesmal traf Schiedsrichter Fritz eine unumstrittene Entscheidung auf Strafstoß.
Darmstadts Topstürmer Serdar Dursun trat an, garnierte seinen Anlauf noch mit einem Hüpfer vor dem Schuss und traf zum 1:0 (45.) für die Hessen ins Tor. Viel fehlte nicht, dass Torwart Robin Himmelmann noch an den Ball gekommen wäre. Von außen wirkte die Sprungeinlage des in Hamburg groß gewordenen Dursun reichlich arrogant.
Der FC St. Pauli in der Einzelkritik
Dursun besorgte per Kopf auch das 2:0 für sein Team, als er in der 76. Minute einen Freistoß von Tobias Kempe nutzte. Das Match schien entschieden, zumal die Darmstädter bei ihren danach folgenden Kontern weitaus gefährlicher waren als die St. Paulianer, die allerdings nie aufgaben und durch den gerade eingewechselten Rico Benatelli zum 1:2-Anschluss (80.) kamen.
Zalazar sorgt für späten Ausgleich
Es dauerte danach aber noch eine weitere Viertelstunde bis zum glücklichen Ausgleich. Lukas Daschner war im Strafraum zu Fall gekommen, Schiedsrichter Fritz ließ aber weiterspielen. Erst als das Match rund eine Minute später unterbrochen war, schaltete sich Videoassistent Pascal Müller erneut aus Köln ein. Fritz lief wieder zum Bildschirm und entschied, dass die Aktion von Darmstadts Adrian Stanilewicz gegen Daschner strafwürdig war. Zalazar schnappte sich wie selbstverständlich den Ball und verwandelte sicher zum 2:2.
„Es war ein richtig gutes Zweitligaspiel, in dem wir in der ersten Halbzeit mehr als auf Augenhöhe waren“, sagte Timo Schultz, „der Rückstand kurz vor der Pause aber war der erste Knackpunkt. In der zweiten Halbzeit hatten wir nicht mehr die Ruhe am Ball.“ Dann aber strich er die erneut bewiesene Moral seiner Mannschaft heraus. „Wir haben auch nach dem 0:2 nie aufgesteckt und sind am Ende, sicherlich glücklich, belohnt worden. Wenn ich aber das gesamte Spiel betrachte, haben wir uns den Punkt verdient“, sagte St. Paulis Trainer weiter.
Das könnte Sie auch interessieren:
- "Mein Bruder beim FC St. Pauli hat mehr Talent als ich"
- Warum Würzburg trotz Corona-Fällen beim HSV antreten konnte
Auf jeden Fall ist dieser erneut nach einem Rückstand gewonnene Punkt für die St. Paulianer ein positives Signal im Hinblick auf das Stadtderby beim HSV am kommenden Freitagabend im Volksparkstadion.