Hamburg. Trotz Pokaldebakels verzichtet der Trainer des FC St. Pauli auf besondere Maßnahmen. Die positive Grundstimmung im Team ist fragil.

Timo Schultz strotzte am Dienstagnach mittag nur so vor Tatendrang. Als der 43-Jährige sah, dass ein akkreditierter „Mopo“-Reporter zu spät kam und vor verschlossenen Türen stand, wurde der Trainer des FC St. Pauli kurzerhand zum Türsteher und ließ den Journalisten nach Überprüfung des Gesundheitsbogens auf das Gelände an der Kollaustraße. Immerhin konnte Schultz nach dem 2:4-Erstrundendebakel im DFB-Pokal gegen den Regionalligaclub SV Elversberg schon wieder lachen. „Ich hatte zwei unruhige Nächte, habe echt schlecht geschlafen, weil ich nicht aus dem Analysemodus herausgekommen bin. Aber ab heute muss der Fokus auf den Ligastart gegen Bochum gehen“, gestand Schultz offen ein.

Der neue St.-Pauli-Trainer wirkte während der knapp 90-minütigen Einheit ruhig und sachlich. Das Warmmachen ließ er seine Co-Trainer Loic Favé und Fabian Hürzeler (beide 27) leiten. Bei den Spielformen gab es von Schultz in ruhigem Ton klare Ansagen und auch viel Lob für die Spieler. „Das sieht top aus“, kommentierte der 43-Jährige das Gegenpressingverhalten auf kleinem Feld. Nach dem Training schnappte er sich noch Abwehrspieler Philipp Ziereis (27) und Innenverteidigertalent Marvin Senger (20), um längere Einzelgespräche zu führen. „Das Einzige, das ich den Jungs vorwerfe, ist, dass sie sich nicht an den Plan gehalten haben. Fehler gehören dazu. Ich war als Spieler der Meister der Fehler, quasi ein einziger Fehler. Aber ich habe weiter probiert, Teil des Spiels zu sein“, sagte Schultz, der vor der Einheit auf dem Platz die Mannschaft in den Videoraum bestellt hatte, um die Nichtleistung von Elversberg im Detail bildlich aufzuarbeiten.

Positive Grundstimmung auf dem Prüfstand

So ganz überraschend kam der Auftritt in Elversberg nicht. In der Woche vor dem Pokalspiel faltete Schultz seine Spieler im Training zusammen, weil sie die nötige Schärfe vermissen ließen. Ein Grundproblem, dass alles zu harmonisch ist, sieht Führungsspieler Ziereis indes nicht. „Es ist nicht so, dass wir hier alle beste Freunde sind und wir uns hier nur treffen, um ein bisschen Spaß zu haben. Wir haben in der Vorbereitung viel gearbeitet. Dass in Elversberg alles wie ein Kartenhaus zusammenfällt, liegt an uns. Das haben wir heute aufgearbeitet“, sagte der lange verletzte Abwehrmann.

Doch alle Beteiligten wissen, wie fragil die positive Grundstimmung ist. Deshalb wäre ein gutes Ergebnis am Montag beim VfL Bochum (20.30 Uhr/Sky) nicht nur fürs Punktekonto gut, sondern auch für die Gesamtgemengelage. „Nach so einem Auftritt ist eine gewisse Alarmbereitschaft angebracht. Vielleicht haben wir so einen Dämpfer gebraucht, weil die Vorbereitung vielleicht zu gut lief“, sagte Ziereis und fügte an: „Für jeden war es eines der schlimmsten Spiele seiner Karriere. Der Pokal ist nicht unsere Lieblingsdisziplin, das darf aber keine Ausrede sein.“

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Von Ausreden hält Trainer Schultz ähnlich wenig wie von Aktionismus. Der freie Tag am Donnerstag bleibt bestehen. „Ich gestalte das Training so, dass ich Inhalte transportiere und die Belastung steuere, und nicht danach, wie meine Laune ist, wenn wir ein Spiel verlieren“, sagte Schultz, der an seine Spieler glaubt und öffentliche Transferwünsche vermeidet. „Es wird keinen Schrei nach Neuzugängen von mir geben, aber wenn unser Sportchef noch drei Spieler aus dem Hut zaubert, wehre ich mich nicht dagegen“, sagte Schultz und lächelte.