Herzlake. St. Paulis neuer Stürmer wehrt sich dagegen, lediglich eine Kopie des Niederländers Henk Veerman zu sein.

Gleich am ersten Abend im Teamhotel in Herzlake sah sich Simon Makienok mit dem Aufnahmeritual der Mannschaft des FC St. Pauli konfrontiert. Der neue Stürmer musste zum Einstand vor der ganzen Truppe singen ebenso wie alle anderen neuen Spieler, Trainer und Betreuer. „Ich habe ein dänisches Lied genommen. Ich glaube, das kannte keiner. Es war das, was mir als Erstes in den Sinn kam“, berichtete Makienok im Gespräch mit Hamburger Reportern im Trainingslager in Herzlake.

Eines stellt der Blondschopf dabei gleich einmal klar: Als Kopie für den zum SC Heerenveen zurückgekehrten niederländischen Torjäger Henk Veerman will er auf keinen Fall betrachtet werden. Dabei sind die Parallelen auffällig. Beide sind 29 Jahre alt, beeindruckende 2,01 Meter lang. Selbst die – überraschend kleine – Schuhgröße 45 ist identisch.

Starke physische Präsenz

„Henk und ich sehen vielleicht von unserer Statur ähnlich aus, aber wir sind keine ähnlichen Spieler. Ich kenne ihn auch aus der Zeit, als er in Heerenveen spielte und ich in Utrecht. Wir haben nicht denselben Spielstil. Ich komme mit einem eigenen Stil und eigenen Qualitäten hierher“, sagt Makienok.

Diese Einschätzung teilt auch St. Paulis Cheftrainer Timo Schultz, der sich auch schon mit Makienok beschäftigt hatte, bevor klar war, dass Veerman St. Pauli ein Jahr vor Ablauf seines Vertrages verlässt. Während Veerman trotz seines Größenvorteils weitgehend vermied, in Kopfballduelle zu gehen, und sich auf seine außergewöhnliche Ballbehandlung verließ, kommt Makienok der volkstümlichen Bezeichnung „Brecher“ deutlich näher. „In der Luft ist er eine Waffe, offensiv und defensiv“, sagt Schultz dazu, „so ein Element hat uns bisher gefehlt.“

Simon Makienok, der in Naestved auf der Insel Seeland groß geworden ist und heute Kopenhagen als Heimatstadt bezeichnet, beschreibt sich als Spieler selbst so: „Ich bin ein körperlich starker Zielspieler als Nummer neun. Ich mag es, auf dem Feld sehr physisch und präsent zu sein, den Ball zu halten und so dem Team zu helfen, nach vorn aufzurücken. In der Box nutze ich meine Kraft und meine Größe – auch um Tore zu schießen.“

Makienok ist in Europa ziemlich weit herumgekommen

In den vergangenen sechs Jahren ist Makienok in Europa ziemlich weit herumgekommen. Nach seinem Abschied bei Bröndby Kopenhagen spielte er für US Palermo, Charlton Athletic, Preston NE, FC Utrecht und im vergangenen halben Jahr bei Dynamo Dresden. Den Abstieg konnte er mit seinen drei Treffern in neun Spielen auch nicht vermeiden.

Das Image des Wandervogels gefällt dem Dänen allerdings nicht. Tatsächlich hatte er bei seiner ersten Station in Palermo auch einen Vierjahresvertrag unterschrieben. „Doch dort war alles chaotisch. Es kam ein neuer Trainer, der anders spielen ließ und mich nicht mehr gebrauchen konnte. Ich bin dann nach England gegangen mit zwei Leihverträgen“, berichtet er. Danach wollte er nicht mehr verliehen werden und wechselte nach Utrecht, wo er sich eine schwere Knieverletzung zuzog und lange ausfiel. Zuletzt sei er nach Dresden gegangen, um endlich wieder spielen zu können. „Dort habe ich gemerkt, dass es eine gute Liga für mich ist“, sagt er.

Zahlreiche Tattoos

Neben seiner Größe und seinem hellblonden Haar fallen bei Makienok die zahlreichen Tattoos ins Auge. „Das erste habe mir schon mit 17 Jahren stechen lassen, weil mein älterer Bruder auch welche hatte“, erzählt er. Es war der Schriftzug seines Nachnamens auf dem linken Unterarm. Genauer gesagt ist es der Nachname seiner Mutter. In seinem Pass steht auch der Name Chris­toffersen. „Als Fußballer habe ich schon immer den Namen Makienok benutzt, also auch schon bevor meine Mutter vor fünf Jahren verstorben ist“, stellt er klar.

Inzwischen sind auf seinem Körper so viele Bilder und Symbole dazugekommen, dass er aufgehört hat, sie zu zählen. „Zu 50 Prozent haben sie eine persönliche Bedeutung, die anderen habe ich mir nur wegen des Aussehens machen lassen“, sagt er. Zu Letzteren zählte auch der Totenkopf auf dem rechten Oberarm. Zufällig passt dies jetzt, da er beim FC St. Pauli spielt, besonders gut.

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Im Mai war Simon Makienok in Dresden mit dem Coronavirus infiziert. „Ich habe mich nicht krank gefühlt. Es war sehr seltsam, die Infektion zu haben, über die die ganze Welt spricht, und nichts davon zu spüren“, sagt er. Am Montagnachmittag trainierte er erstmals mit seinen neuen Kollegen auf dem Rasen. Konditionell hat er noch Nachholbedarf, nachdem er sich zuletzt nur allein fitgehalten hat. Am Sonntag im letzten Test gegen Sönderjyske könnte er seinen ersten Einsatz bekommen – als Stürmer, nicht als Sänger.