Kiel. Veerman vergibt in der Nachspielzeit des Nordderbys den Ausgleich, anschließend scheitert auch Gyökeres. Himmelmann patzt.

Die Lage für den FC St. Pauli wird immer bedrohlicher. Selbst ein Strafstoß in der Nachspielzeit half nicht, um wenigstens einen Punkt bei Holstein Kiel zu ergattern. Das 1:2 (0:1) war am Ende das Resultat einer ganz schwachen ersten Halbzeit und einer schweren Unaufmerksamkeit in der deutlich besseren zweiten Halbzeit. Es war zudem die erste Niederlage für die St. Paulianer an einem Montagabend seit drei Jahren. „Wenn wir es nicht schaffen, eine Positivserie zu starten, werden wir lange unten drinhängen“, sagte Robin Himmelmann.

Der Gäste-Fan-Block im Holstein-Stadion war zwar wie bei Auswärtsspielen von St. Pauli gewohnt gut gefüllt. Es fiel aber auf, dass die Anhänger dort sehr viel lockerer verteilt standen als sonst üblich. Grund dafür war, dass auch am frühen Abend noch Züge von Hamburg nach Kiel wegen des Sturms „Sabine“ ausgefallen waren und einige der 1600 Fans, die eine Karte ergattert hatten, nicht mehr rechtzeitig zum Anpfiff nach Kiel kommen konnten. An durchgehender und lautstarker Unterstützung aber mangelte es nicht.

In der St. Pauli-Startelf gab es keine Überraschung

Wie erwartet hatte Trainer Jos Luhukay als rechten Außenverteidiger auf den wiedergenesenen Luca Zander gesetzt, der zuletzt beim 1:1 gegen den VfB Stuttgart noch ausgefallen war. Er verdrängte Sebastian Ohlsson, der dennoch in der Startelf blieb, und zwar als linker Außenverteidiger. Dafür musste der gegen Stuttgart schwache Matt Penney auf die Reservebank, obwohl ihn Luhukay am Sonntag noch vor der Kritik an ihm in Schutz genommen hatte.

Gab es also in der Startelf diesmal keine Überraschung, so war die Entscheidung des Trainers, sowohl Stürmer Dimitrios Diamantakos als auch Defensiv-Allrounder Jan-Philipp Kalla nicht den 20er-Kader zu berufen, nicht zu erwarten und für die Betroffenen eine herbe Enttäuschung. Als Verteidiger war dafür der 20 Jahre junge Marvin Senger im Aufgebot.

Erster Torschuss in der 15. Minute

Wer unter den Zuschauern ein Nordderby mit den dafür typischen Eigenschaften erwartet hatte, sah sich zunächst schwer enttäuscht. Zu sehr waren beide Teams darauf bedacht, in der Defensive sicher zu stehen und im Aufbauspiel Ballverluste zu vermeiden. Lieber wurde der Ball noch einmal zurückgespielt als den riskanteren Pass nach vorn zu wählen. So war es kein Wunder, dass es bis zur 15. Minute dauerte, bis es endlich den ersten Torschuss gab. St. Paulis Offensivkraft Viktor Gyökeres aber zielte nach einem dynamischen Antritt etwas zu weit nach links.

Dass Rückpässe nicht immer eine gute Idee sind, zeigte sich, als Stürmer Henk Veerman nach vier gewonnenen Zweikämpfen im Mittelfeld zurück zu Torwart Robin Himmelmann spielen wollte. Dabei übersah er den in der Mitte lauernden Kieler Emmanuel Iyoha. Dessen Schuss konnte Himmelmann parieren, den Nachschuss von Salih Özcan blockte Johannes Flum gerade noch zur Ecke (21.).

Nach einer schwachen Hälfte steigerte sich St. Pauli etwas

Diese erste aufregende Aktion des Spiels war zumindest für die Kieler das Signal, ihre Zurückhaltung aufzugeben und zielstrebiger zu werden. Prompt brachten sie die St.-Pauli-Defensive in Verlegenheit. Konnte Himmelmann bei Phil Neumanns Schuss aus spitzem Winkel (27.) noch per Fußabwehr retten, so war er drei Minuten später geschlagen.

Die Spieler in der Einzelkritik

Finn Porath spielte den in den Strafraum sprintenden Özcan ideal frei, so dass der Mittelfeldspieler den Ball zu Kiels 1:0-Führung an Himmelmann vorbei ins Tor schieben konnte. Und wie sah St. Paulis Reaktion auf den Rückstand aus? Bis zur Pause gab es nur noch einen langen Ball auf Veerman, der aber vom Kieler Torwart Ioannis Gelios mutig abgefangen wurde.

St. Pauli: Team kam motiviert aus der Pause

So schlecht die erste Halbzeit von St. Pauli war, so engagiert kam das Team aus der Pause, was sich auszahlte. Luca Zander fand bei einem Vorstoß über rechts im Strafraum Gyökeres, der Veerman anspielte. Der Torjäger setzte sich gegen Verteidiger Hauke Wahl durch und erzielte das 1:1 (52.). Es war bereits das sechste Saisontor für den Niederländer, der nach einem Kreuzbandriss erst im Herbst sein Comeback geben konnte. Er zog damit mit Diamantakos gleich.

Mit einer alten, schon abgestellt geglaubten Schwäche aber brachten sich die St. Paulianer selbst wieder in die Bredouille. Beim Eckball von Özcan verlor Rico Benatelli das Kopfballduell gegen den kurz zuvor eingewechselten Jarri Serra, der somit leichtes Spiel hatte, aus kurzer Distanz die erneute Kieler Führung zu erziele - 2:1.

FC St. Pauli: Freitag Heimspiel gegen Schlusslicht Dresden

Wieder musste St. Pauli einem Rückstand hinterherrennen und schien das Spiel schon verloren zu haben, ehe in der Nachspielzeit Schiedsrichter Aarnink per Videobeweis auf Handelfmeter entschied. Doch Veerman scheiterte an Gelios. Da ihm danach Meffert den Ball in die Arme spielte, gab es mit einem indirekten Freistoß aus kurzer Distanz noch eine Chance zum Ausgleich. Doch der Ball wurde knapp über die Latte gelenkt. Und Kiel überstand auch noch zwei nachfolgende Eckbälle und schickte St. Pauli ohne Punkte nach Hause. Am Freitag steht das Team nun im Heimspiel gegen Schlusslicht Dresden massiv unter Druck.